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# taz.de -- Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Auch Katholiken haben Rechte
> Eine Klinik durfte einem Chefarzt nicht wegen seiner zweiten Heirat
> kündigen. Das Bundesarbeitsgericht beanstandet diese Benachteiligung.
Bild: Manchmal liegen Einrichtungen der katholischen Kirche mit dem Rechtsstaat…
Ein katholisches Krankenhaus darf einen katholischen Arzt nicht zur
Beachtung des strengen katholischen Eheverständnisses zwingen, wenn dies
von evangelischen oder konfessionslosen Ärzten nicht verlangt wird. Dies
entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht. Damit hatte die Klage eines
Chefarztes aus Düsseldorf Erfolg, der sich gegen seine Kündigung gewehrt
hatte (Az.: 2 AZR 746/14).
Der Mediziner arbeitet als Chefarzt am katholischen Vinzenz-Krankenhaus in
Düsseldorf. Nachdem sich seine erste Ehefrau 2005 von ihm getrennt hatte,
heiratete er 2008 eine Assistenzärztin. Daraufhin kündigte ihm die Klinik.
Das Eingehen einer – nach katholischem Verständnis ungültigen – zweiten E…
sei ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß. Für die Kirche sei die Ehe
heilig und unauflöslich. Doch nur katholische Ärzte hatten solche Klauseln
in ihrem Arbeitsvertrag.
Der Chefarzt klagte gegen die Kündigung und hatte zunächst Erfolg. 2011
entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass die Entlassung rechtswidrig
war. Allerdings hob das Bundesverfassungsgericht 2014 das BAG-Urteil wieder
auf. Die Arbeitsrichter hätten das Selbstbestimmungsrecht der katholischen
Kirche nicht genug beachtet.
Das BAG legte den Fall anschließend dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)
vor. Im September 2018 entschied der EuGH, dass kirchliche
Sozialeinrichtungen nur dann von ihren Beschäftigten verlangen können,
dass sie sich „loyal“ im Sinne des „Ethos“ der Kirche verhalten, wenn es
sich um „wesentliche“ berufliche Anforderungen handelt.
## „Überfällig und wegweisend“
In der neuen BAG-Verhandlung argumentierte jetzt der Anwalt des
Krankenhauses, Burkhard Göpfert, dass ein Arzt mit den Patienten täglich
„Gespräche über Leben und Tod“ führe; dies sei eng mit dem katholischen
Ethos verbunden. Norbert H. Müller, der Anwalt des Klägers, widersprach.
„Ein Chefarzt hat vor allem Leitungsaufgaben. Die Behandlung von Patienten
ist nur eine von 27 Aufgaben.“
Das BAG entschied nun, dass jedenfalls die Vermeidung einer zweiten Heirat
keine wesentliche berufliche Anforderung an einen Chefarzt darstelle. Von
einem katholischen Chefarzt durften in diesem Punkt keine anderen
Loyalitätspflichten im Privatleben verlangt werden als von evangelischen
oder konfessionslosen Ärzten. Im konkreten Fall lag also kein wirksamer
Kündigungsgrund vor, so das BAG.
Das zuständige Erzbistum Köln will zunächst das schriftliche Urteil
abwarten. Die Gewerkschaft Verdi lobte die Entscheidung dagegen sofort als
„überfällig und wegweisend“.
Der Chefarzt kann am Vinzenz-Krankenhaus weiterarbeiten. Das Krankenhaus
kann noch Verfassungsbeschwerde einlegen, müsste dann aber geltend machen,
dass der EuGH mit seinem Eingriff in die Selbstbestimmung der Kirchen den
unantastbaren Kerngehalt des Grundgesetzes verletzt hat. Das wäre wohl
aussichtslos.
20 Feb 2019
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Arbeitsrecht
Bundesarbeitsgericht
Heiraten
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