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# taz.de -- Bündnis zwischen Venezuela und Türkei: Der Feind meines Feindes
> Die USA und die EU ergreifen im Machtspiel um Venezuela für Guadió
> Partei. Währenddessen pflegen Maduro und Erdoğan eine unbeachtete
> Allianz.
Bild: It's a man's world … Cilia Flores (l.), die Gattin Maduros, mit Emine E…
Berlin taz | Die Welt der Autokraten kennt kein links und kein rechts, sie
macht keinen Unterscheid zwischen Christen und Muslimen. So scheint es sich
derzeit mit Venezuela und der Türkei zu verhalten. Außer dem schönen Wetter
und den türkisblauen Küsten haben die beiden Länder weder kulturell noch
politisch irgendwas gemeinsam. Doch ganz nach dem Motto „der Feind meines
Feindes“ ist hier eine besondere Beziehung quer über den Atlantik
entstanden, ohne dass sich die Öffentlichkeit – zumindest nicht die
deutsche – sonderlich dafür interessiert.
Die [1][Türkei] ist neben Uruguay eines der wenigen Länder, die nicht den
[2][selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó], sondern Nicolás
Maduro als rechtmäßigen Präsidenten Venezuelas anerkennen. Für die
türkische Regierung handelt es sich bei dem aktuellen Machtkampf um nichts
anderes als einen Putschversuch – gesteuert von sogannten Außenmächten, was
in Erdosprech meist USA heißt – den es jetzt zu zerschlagen gilt.
Türkeiaffine Lese*innen wissen: das Thema Putsch ist in Ankara seit 2016
ein besonderes Reizthema. Dem vereitelten Militärcoup folgten
[3][US-Sanktionen], die die Türkei vergangenen Sommer fast in den Bankrott
trieben. Außerdem wollen die USA Fetthullah Gülen, den Staatsfeind Nummer
Eins, nicht ausliefern.
So wütete Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan vor wenigen Tagen bei einer
Rede im türkischen Parlament gegen die USA und die EU-Staaten, die seit
Beginn des Machtkampfs eine Neuwahl in Venezuela fordern. „Ist Venezuela
euer Staat?“ oder „Seid ihr denn nicht demokratisch?“, fragt er rhetorisch
seine imaginierten Kontrahänten, die natürlich nicht im Parlament sitzen.
Sehr wohl aber wurde die Rede im Fernsehen übertragen, und über die Kanäle
der sozialen Netzwerke verbreitet, wie jeder verbale Erguss des türkischen
Präsidenten.
## CNN-Türk feiert ein Maduro-Spektakel
Auch die türkischen Nachrichtensender übertragen seit dem Ausbruch des
Machtkampfs um die Präsidentschaft Bilder aus Venezuela in Dauerschleife.
Anders als in den deutschen Medien dominieren hier Aufnahmen von Maduro.
Besonders für Aufsehen hat am vorigen Freitag ein CNN-Interview im
Staatspalast in Caracas gesorgt.
Cüneyt Özdemir, Reporter für den türkischen CNN-Ableger, hat ein
[4][Exklusiv-Interview mit Nicolás Maduro] bekommen. Weniger als der Inhalt
des Gesprächs stand die Tatsache, dass Özdemir das Interview überhaupt
bekommen hat im Vordergrund. Auch ließ Maduro beiläufig – wie es im
PR-Handbuch steht – an geeigneter Stelle das Wort „Iynsallah“ ins Gesprä…
einfließen und drückte damit genau die richtigen Knöpfe. Das ließ nicht nur
das Herz des türkischen Reporters schmelzen.
Begleitet von einer Social-Media-Kampagne ist aus dem viertelstündigen,
wiederholt ausgestrahlten Gespräch ein Medienspektakel inszeniert worden.
Der CNN-Reporter gab tagelang Interviews als „der Reporter, der exklusiv
mit Maduro“ sprach. Dass er den Termin mit Maduro nur deshalb bekam, weil
alle anderen mit Guaidó sprechen wollen – geschenkt.
## Über den Tellerrand hinaus
Das Faible für Medienspektakel in der [5][Türkei] ist nicht neu. Genauso
wenig wie am Ende auch die Freundschaft zwischen Maduro und Erdoğan. Nach
dem Putschversuch im Juni 2016 hat Maduro dem türkischen Staatspräsidenten
seine Solidarität ausgesprochen und seither nicht nur Erdogans persönliche
Sympathie geerntet.
In den vergangenen zwei Jahren wurden diverse Deals zwischen Venezuela und
der Türkei ausgeheckt. Unter anderem wurden zwei Schulen in Caracas
geschlossen, die zum Gülen-Netzwerk gehören sollen (die türkische Regierung
macht die [6][Gülen-Bewegung für den Putschversuch verantwortlich]). Und
seit Sommer 2018 hat das lateinamerikanische Land mehrere Tonnen Rohgold in
die Türkei verschifft.
Ein Blick über unseren eigenen Tellerrand hinaus könnte sich lohnen, um
mitzubekommen, welch skurillen Allianzen sich derzeit bilden. Noch steht
das venezolanische Militär hinter Maduro. Und Erdoğan hat das Militär in
der Türkei erfolgreich von seinen Feinden gesäubert.
8 Feb 2019
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Tuerkei/!t5007907/
[2] /Machtkampf-in-Venezuela/!5569978
[3] /US-Sanktionen-gegen-die-Tuerkei/!5524455
[4] https://twitter.com/cuneytozdemir/status/1089299717794746368
[5] /Mediensystem-in-der-Tuerkei/!5552459
[6] /Aus-der-Tuerkei-gefluechtet/!5459293
## AUTOREN
Canset Icpinar
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Venezuela
Nicolás Maduro
Recep Tayyip Erdoğan
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