| # taz.de -- Miese TV-Programme für Kinder: Eine Frage der Ressourcen | |
| > Es gibt zwar vier Fernsehsender für Kinder und Jugendliche, doch vielfach | |
| > mangelt es an Qualität und Vielfalt. Das hat Gründe. | |
| Bild: Eine der rühmlichen Ausnahmen: die „Sendung mit der Maus“ | |
| Fast siebeneinhalb Millionen Kinder im Alter von 3 bis 13 Jahren leben | |
| aktuell in Deutschland. Eine große Zielgruppe für TV-Strateg*innen. Und | |
| tatsächlich bieten inzwischen vier Sender Programme nur für die jüngsten | |
| Zuschauer an. Aber die kritischen Stimmen bemängeln, dort sei zu wenig | |
| Anspruchsvolles zu sehen – und es herrsche zu wenig Vielfalt. | |
| Am Zuspruch, den etwa [1][„Die Sendung mit der Maus“] seit Jahrzehnten | |
| erfährt, lässt sich ablesen, dass Kinder ein dankbares Publikum für | |
| anspruchsvolle Programme sind, die Werte und Wissen vermitteln. Während die | |
| werbefinanzierten Sender Super RTL, der Disney Channel und Nickelodeon in | |
| erster Linie Geld mit ihrem Programm verdienen müssen und wollen, sind die | |
| Öffentlich-Rechtlichen wichtigste Plattform für gehobene Inhalte. | |
| Doch auch dort wird es eng: „Mit der Einführung des Kika sind in der ARD | |
| und auch bei den Dritten die Programmplätze immer weniger geworden“, sagt | |
| Gabriele Walther, Produzentin bei Caligari Film in München. „Es gab einen | |
| enormen Rückgang.“ Dabei sei das Kinderfernsehen ein ganz eigener Kosmos: | |
| „Bis 13 Jahre hat man alle zwei Jahre noch mal eine eigene Zielgruppe, die | |
| ihre eigene Unterhaltung, ihre eigene Fiktion, ihre eigene Information | |
| benötigt.“ Alle Genres des „großen Fernsehens“ würden hier noch einmal | |
| gespiegelt. | |
| „Es ist für uns schon immer eine Herausforderung im linearen Fernsehen | |
| gewesen, hier alle Zielgruppen zu bedienen“, sagt Astrid Plenk, | |
| Programmchefin des Kinderkanals (Kika), dem Gemeinschaftssender von ZDF und | |
| ARD. „Mit unseren Apps, die wir jetzt gestartet haben, wollen wir noch | |
| besser auf die unterschiedlichen Altersgruppen eingehen.“ | |
| ## Schlechter ausgestattet | |
| Das dafür notwendige Geld wird bei den aktuellen Verteilungskämpfen jedoch | |
| immer knapper. Beim ZDF beispielsweise habe man versucht die Budgets zu | |
| halten, aber sie sind seit 1998 auch kaum gestiegen, sagt Eva Radlicki. Sie | |
| ist beim ZDF für die Kinder- und Jugend-Informationsprogramme zuständig. | |
| „Erwachsenenfernsehen steht mehr im Fokus und ist häufig besser | |
| ausgestattet als das Kinderprogramm“, sagt sie. „Es ist wie in der ganzen | |
| Gesellschaft: Wie wichtig sind Kinder jenseits von Sonntagsreden? Wie | |
| wichtig im Vergleich zu anderen Zielgruppen? Kinder haben keine Lobby.“ | |
| Das zeigte sich auch, als Anfang 2018 die AfD unter anderem wegen einer | |
| Aufklärungssendung forderte, [2][den Kika abzuschalten]. Wäre das etwa bei | |
| Arte passiert, hätten Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sicher sofort | |
| protestiert. Fürsprecher für den Kika fanden sich dagegen kaum. Verblüffend | |
| auch, dass so gut wie keine Studien zur Entwicklung der Sendeplätze und | |
| Budgets existieren. | |
| Beim ZDF findet man immerhin Hinweise zur Budgetverteilung. Für den | |
| „Beschaffungsaufwand für Auftrags- und Koproduktionen laut | |
| Programmleistungsplan 2019“ veranschlagt das ZDF für alle Genres und | |
| Sender, an denen es beteiligt ist, 82 Millionen Euro Gesamtbudget. Davon | |
| gehen etwas über 7,5 Millionen Euro an den Kika. | |
| Gudrun Sommer von doxs!, einer Initiative, die sich der dokumentarischen | |
| Filmkultur für junge Menschen widmet, kritisiert besonders, dass ein | |
| Großteil der Lebenswelten der Kinder gar nicht stattfindet: „Es wird | |
| vorrangig ein bestimmter Ausschnitt der Gesellschaft gezeigt, | |
| Hauptschüler*innen beispielsweise kommen, wenn überhaupt, nur | |
| problematisiert vor. Die Vielfalt junger Lebenswelten, jenseits von Berlin | |
| oder Köln, und jenseits der herkömmlichen Geschlechterstereotypen findet | |
| sich höchstens marginalisiert im Kinderfernsehen wieder.“ | |
| ## Kaum mehr Teil im Diskurs | |
| Auch monothematische Reihen zu Themen wie Musik oder Naturwissenschaften | |
| fehlen – meist werden sie vermischt in verschiedenen Wissensformaten | |
| behandelt. Das haben auch die Erfahrungen der Kölner Musikpädagogin und | |
| Produzentin Simone Ludwig mit ihren Schülern gezeigt: Sie selbst erhält für | |
| ihren eigenen YouTube-Kanal „Floh im Ohr TV“ von Kindern und Eltern | |
| gleichermaßen Zuspruch und Ermutigung, das Thema Musik in all seinen | |
| Facetten auf dieser Plattform kindgerecht darzustellen. „Die Zukunft liegt | |
| vermehrt bei den digitalen Kanälen, wenn es darum geht, die jungen | |
| Medienkonsumenten emotional zu erreichen“, sagt Ludwig. | |
| Die beiden Medienwissenschaftlerinnen Maya Götz und Kathrin Mertes | |
| schließlich haben aus einer übergeordneten Perspektive festgestellt, dass | |
| Kinder im gesellschaftlichen Diskurs aktuell kaum mehr vorkommen. Das war | |
| früher anders. In jeder Familienserie etwa seien Schulkinder präsent | |
| gewesen. „Es gibt zu wenig Pluralität, es werden sicher interessante Themen | |
| behandelt, aber es könnten noch mehr sein, dafür reicht ein Sender wie | |
| Kika, der für die 3- bis 13-Jährigen 14 Stunden sendet, nicht aus“, sagt | |
| Mertes. | |
| 12 Feb 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Wilfried Urbe | |
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