Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlkampf in der Ukraine: Schweres Geschütz gegen Oligarchen
> Gegen Viktor Medwetschuk wird wegen Hochverrats ermittelt. Der
> Ex-Mitstreiter von Präsident Poroschenko macht Wahlkampf für die
> Opposition.
Bild: Im Visier der Staatsanwaltschaft: der ukrainische Oligarch Viktor Medwets…
Kiew taz | Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat strafrechtliche
Ermittlungen gegen Viktor Medwetschuk, Vorstandsvorsitzender der Partei
„Oppositionsplattform für das Leben“, eingeleitet. Die
Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Politiker Hochverrat und Verletzung der
Unversehrtheit der Staatsgrenzen vor. Bei einer Verurteilung droht
Medwetschuk, der lange Jahre Chef der Präsidialadministration von Leonid
Kutschma war, eine Haftstrafe von über zehn Jahren.
Tätig wurde die Generalstaatsanwaltschaft nach einer Rede des umstrittenen
Politikers auf dem Nominierungsparteitag der Oppositionsplattforum für das
Leben. Darin hatte er erklärt, wie er sich eine friedliche Lösung im
Donbass vorstelle. So sollte Kiew nicht nur mit Moskau, sondern auch mit
den Separatisten im Donbass direkt verhandeln. Er schlug eine weitgehende
Autonomie des Donbass innerhalb der Grenzen der Ukraine vor, die den
separatistischen Gebieten eigene Parlamente und eine eigene Regierung geben
würde. Diese Autonomie sollte in der Verfassung verankert sein.
Viktor Medwetschuk ist der einzige ukrainische Politiker, der aus seinem
guten Verhältnis zu dem russischen Präsidenten Wladimir Putin [1][kein Hehl
macht]. Putin ist auch Patenonkel von Medwetschuks Tochter.
Zunächst hatte sich die ukrainische Regierung die guten Beziehungen des
Oligarchen, dem nachgesagt wird, der Besitzer der Fernsehsender „112“ und
„Newsone“ zu sein, zunutze gemacht und ihn als Vertreter der Ukraine in die
Friedensverhandlungen der Kontaktgruppe von Minsk entsandt. Dort war er für
humanitäre Fragen und Kriegsgefangene zuständig.
## Zur Belastung geworden
Damit war im Sommer vergangenen Jahres Schluss. Irgendwann, so [2][der
ukrainische Präsident Petro Poroschenko] im Dezember 2018, sei Medwetschuk
in dem Minsker Gremium nicht mehr als ukrainischer Unterhändler, sondern
als „Vertreter Putins“ wahrgenommen worden.
Der ukrainische Journalist Artur Gor fragt sich auf dem Internetportal
apostrophe.ua, warum man gerade jetzt gegen den Oppositionspolitiker
vorgehe. Schließlich habe Medwetschuk Derartiges nicht zum ersten Mal
geäußert.
Teilweise seien Erklärungen des Politikers in der Vergangenheit sogar noch
weitgehender gewesen als sein Auftritt auf dem Parteitag der
Oppositionsplattform, auf dem er nicht mehr wie früher einer
Föderalisierung des Landes das Wort geredet habe.
Offensichtlich, so Gor, sei Medwetschuk immer mehr für Poroschenko selbst
zur Belastung geworden. Nationalisten und Vertreter des Koalitionspartners
Volksfront hätten Poroschenko immer wieder die Zusammenarbeit mit dem
umstrittenen Oligarchen angekreidet.
## Patenonkel Putin
So hatte der frühere Premier Arsenij Jazenjuk auf dem jüngsten Parteitag
der Volksfront Poroschenko aufgefordert, die Ukraine von dem Mann zu
befreien, der sich Putin als Patenonkel ausgewählt habe. Medwetschuk, so
Jazenjuk, habe tatsächlich in Minsk nichts getan für die Geiseln.
Nun könnte man Poroschenko, der in seinem Wahlkampf auf nationale Rhetorik
setze, nicht mehr eine Zusammenarbeit mit Medwetschuk vorwerfen, so Gor. Es
sei jedoch fraglich, ob die Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen
wirklich Konsequenzen habe. Bereits 2016 habe die Generalstaatsanwaltschaft
gegen Medwetschuk Ermittlungen eingeleitet. Aber letztendlich sei daraus
nichts geworden.
Medwetschuk könnte gar die Ermittlungen in seinem Wahlkampf für die
Oppositionsplattform sowie deren Kandidaten bei den Präsidentenwahlen am
31. März nutzen und die Regierung als „Partei des Krieges“ verunglimpfen,
fürchtet Gor.
Doch die Generalstaatsanwaltschaft könnte auch schneller handeln, als Gor
vermutet. Sobald die linguistisch-semantische Untersuchung der Aussagen von
Medwetschuk abgeschlossen sei, werde man handeln, ließ Generalstaatsanwalt
Jurij Luzenko wissen. Und dann, so Andrej Lysenko von der
Generalstaatsanwaltschaft im Fernsehsender ObozTV, könnten die Ermittler
beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Untersuchungshaft stellen.
## Auftrag aus den USA
Medwetschuk selbst sieht in den Ermittlungen Repressionen gegen missliebige
Personen. Er werde an seinem Friedensplan, der eine große Autonomie des
Donbass beinhalte, festhalten. Dieser Plan stehe im Einklang mit den
ukrainischen Gesetzen und den Waffenstillstandsvereinbarungen von Minsk.
In einem Interview mit dem russischen Staatssender Erster Kanal geht
Medwetschuk davon aus, dass der Auftrag der Ermittlungen direkt aus den USA
gekommen sei. Es könne sein, dass die Opposition die Ergebnisse der
Präsidentschaftswahlen nicht anerkennen werde.
7 Feb 2019
## LINKS
[1] /Maidan-Jahrestag-in-der-Ukraine/!5356307
[2] /Petro-Poroschenko/!t5010252
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine
Viktor Medwedschuk
Petro Poroschenko
Donbass
Ukraine
Ukraine
Julia Timoschenko
Oleg Senzow
## ARTIKEL ZUM THEMA
Oligarchen in der Ukraine: Tumult im Parlament
Mit einem neuen Gesetz will Präsident Selenski den Einfluss von Oligarchen
begrenzen. Kritiker warnen vor einem Machtzuwachs des Staatschefs.
Medien in der Ukraine: TV-Direktor gefeuert
Surab Alasanija hat anbeglich zu wenig über den wahlkämpfenden Präsidenten
Poroschenko berichtet. Die Entscheidung stößt auf Kritik.
Präsidentschaftswahl in der Ukraine: Timoschenko versucht es nochmal
Die ehemalige ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko tritt bei der
Wahl Ende März an. Ihre Chancen stehen gut.
Kommentar Ende des Hungerstreiks: Senzow öffnet Türen
Der ukrainische Regisseur Oleg Senzow muss seinen Hungerstreik abbrechen.
Nun rückt die Problematik des Geiselaustauschs in den Vordergrund.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.