| # taz.de -- Frauenparkplätze vor Gericht: Blick ins Juristenhirn | |
| > Ein Jurastudent verklagt die Stadt Eichstätt, weil die Parkplätze für | |
| > Frauen ausgewiesen hat. Er fühlt sich benachteiligt. Sonst fühlt er nicht | |
| > soviel. | |
| Bild: Vor Gericht ging es nur um die Schilder und wie sie ausgestaltet sind | |
| München taz | Was muss das für ein Typ sein, der sich als Mann an | |
| Frauenparkplätzen stört – und zwar so sehr, dass er vor Gericht zieht, weil | |
| er sich in seiner „allgemeinen Handlungsfreiheit“ verletzt sieht? Ein | |
| Rechter, ein zu kurz Gekommener? Ein Mann als Opfer von Frauenschutz oder | |
| einer, der cholerisch wird, wenn er nicht gleich einen Parkplatz findet, wo | |
| es doch gleich am Eingang freie gibt? | |
| Verwaltungsgericht München, vor dem Verhandlungssaal 5 steht Kläger Dominik | |
| B., 25 Jahre alt, elegant gekleidet, die Sonnenbrille steckt gut sichtbar | |
| am Jackett. Jurastudent in Würzburg. Typ Schwiegersohn aus gut betuchtem | |
| Hause. Beim Warten – im Saal 5 wird gerade noch über einen Katzensalon | |
| verhandelt – sagt er, er wolle „einen Beitrag zur Gleichstellung von Mann, | |
| Frau und dem dritten Geschlecht erreichen“. | |
| B. klagt gegen die Kennzeichnung mit blauen Schildern von 30 der insgesamt | |
| 420 Plätze im vorderen Bereich eines Parkplatzes im oberbayerischen | |
| Eichstätt. Auf die ist in Weiß ein großes „P“ gedruckt, darunter steht: | |
| „Nur für Frauen“. Den Jahreswechsel 2017/18 habe er in Wien verbracht, auf | |
| der Rückfahrt legte er einen Zwischenstopp bei einem Freund in Eichstätt | |
| ein. Und sah die Schilder – da offenbar begann das angehende Juristenhirn | |
| zu rattern. | |
| Die Parkplätze in Eichstätt haben eine Vorgeschichte: 2016 war an diesem | |
| Ort eine Frau vergewaltigt worden. Um für mehr Sicherheit zu sorgen, wurden | |
| der Weg von dort in die Innenstadt besser beleuchtet und die | |
| Frauenparkplätze geschaffen, wie Eichstätts Verwaltungsdirektor Hans Bittl | |
| berichtet. Auf die Frage, ob diese Vorgeschichte nun seine Haltung | |
| verändere, sagt der Student B. nur: „Nein.“ | |
| ## Nachts alleine | |
| „Machen Sie so etwas öfter in Deutschland?“, fragt ihn der Vorsitzende | |
| Richter Dietmar Wolff zu Beginn der Verhandlung. B. verneint. Wolff sagt | |
| einleitend, dass die Gerichtskammer für Verkehrsrecht zuständig sei, und es | |
| deshalb weder um Fragen der Diskriminierung, der Gleichstellung oder der | |
| Rechtmäßigkeit von Frauenparkplätzen gehe. Sondern nur um die Schilder und | |
| wie sie ausgestaltet seien. | |
| B. darf vortragen, er liest einen von ihm verfassten drei Seiten langen | |
| juristischen Text ab, darin ist von einem „Scheinverwaltungsakt“ der Stadt | |
| Eichstätt die Rede und dass diese „hoheitliches Handeln“ nur vorgegeben | |
| habe. Probt der Jurastudent da schon für das Examen, macht er sich mit | |
| dieser Fachübung auf Kosten von Frauen lustig, von denen jede von der Angst | |
| erzählen kann, wie es sich nachts anfühlt, wenn man allein auf einem | |
| dunklen Parkplatz hinten sein Auto sucht? „Mal sehen, welche Note ich | |
| bekomme“, hatte B. vor dem Verhandlungssaal gesagt. | |
| Richter Wolff präzisiert die eng umrissene Besonderheit des Falles: Dieser | |
| Parkplatz in Eichstätt ist kein privates Grundstück, wie es die meisten | |
| Parkgaragen sind, sondern eine öffentliche Fläche, für die die | |
| Straßenverkehrsordnung gilt. Allerdings, so Wolff: „Die StVO sieht dieses | |
| Zeichen nicht vor.“ Es gehe um „Rechtsschein“. Das Schild ist kein | |
| Parkverbot für Männer, das Bußgelder zur Folge haben könne. Es sei eine | |
| Empfehlung, das wie ein amtliches Verkehrszeichen aussehe. | |
| Also: Die Stadt Eichstätt soll das Aussehen der Schilder ändern. Weiße | |
| statt blaue Farbe etwa, so der Richter. Und das Wort „bitte“ verwenden: | |
| „Bitte nur Frauen parken“. Kläger und Beklagter sind einverstanden, der | |
| Termin wird einmütig ohne Urteil beendet. Eichstätt muss bis 1. März neue | |
| Schilder anbringen. Jeder trägt seine Fahrtkosten, die Gerichtskosten von | |
| 400 Euro werden geteilt. | |
| Jurastudent Domik B. sagt danach: „Ich bin sehr zufrieden.“ Juristische | |
| Übung in der Praxis bestanden. Lustig war es nicht. | |
| 23 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Patrick Guyton | |
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