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# taz.de -- Angriff auf Bürgermeister von Danzig: Adamowicz erliegt Verletzung…
> Bei einer Veranstaltung stürmt ein Mann auf die Bühne und attackiert
> Danzigs Bürgermeister Pawel Adamowicz. Polnische Politiker verurteilen
> die Tat.
Bild: Durch einen Messerangriff getötet – Pawel Adamowicz, Bürgermeister vo…
Warschau taz | Danzigs Stadtpräsident Pawel Adamowicz ist nach einer
Messerattacke gestorben. Er erlag seinen schweren Verletzungen im
Krankenhaus. Noch in der Nacht von Sonntag auf Montag operierten
Spezialisten die schweren Stichwunden an Herz, Zwerchfell und Organen im
Bauchraum. Nach der Operation schätzten die Ärzte seinen Gesundheitszustand
als kritisch ein.
Der Täter, ein gerade aus der Haft entlassener Bankräuber, rannte am
Sonntagabend bei einer Benefiz-Veranstaltung für kranke Kinder auf
Adamowicz zu und stach ihn mit einem 15 Zentimeter langen Militärmesser
nieder. Während beim auf den Boden stürzenden Adamowicz der Herzschlag
aussetzte, riss der 27jährige das Mikrophon an sich und rühmte sich der
Tat: „Ich heiße Stefan W. Ich habe unschuldig im Gefängnis gesessen – in
der Regierungszeit der Bürgerplattform (PO). Deshalb musste Adamowicz
sterben!“ Adamowicz war bis 2015 Mitglied der PO.
Erst nach knapp einer Minute wurde der Täter, der wie im Triumph mit seinem
Messer auf der Bühne tanzte, von einem technischen Mitarbeiter überwältigt.
Danach stürzten Männer eines privaten Sicherheitsdienstes und Rettungsleute
auf die Bühne. Zeugen berichteten, dass die Massenveranstaltung offenbar
nicht von der Polizei gesichert worden war.
Adamowicz wurde eine Viertelstunde lang reanimiert. Als sein Herzschlag
wieder einsetzte, wurde er sofort in die Danziger Universitätsklinik
gebracht und operiert. Noch ist nicht sicher, ob sein Gehirn die ganze Zeit
durchblutet war und mit genügend Sauerstoff versorgt wurde. Die gerade erst
begonnene Benefizveranstaltung wurde vorzeitig beendet. Viele der
schockierten Besucher, die den Mordversuch auf der Bühne hatten mitansehen
müssen, versammelten sich später vor dem Danziger Krankenhaus und warteten
auf einen Arzt, der etwas zum Zustand des beliebten Stadtpräsidenten sagen
konnte.
„Wir standen mit den beiden Kindern in der ersten Reihe“, sagte eine Zeugin
dem Privatsender TVN. „Die Atmosphäre war ausgelassen. Plötzlich deutete
meine Tochter auf die Bühne und sagte: ‚Da ist ein Mann mit einem Messer‘.
Wir sahen, wie der Mann auf Adamowicz zustürmte und das Messer in seinen
Bauch rammte. Wir sind dann sofort mit den Kindern zum Ausgang gegangen.“
Eine andere Zeugin erzählte: „Wir haben erst gar nicht verstanden, was da
vor sich ging. Da die Musik die ganze Zeit weiterspielte dachten wir, dass
der Messermann so eine Art Zwischeneinlage vor der nächsten Gruppe war.
Dass es Ernst war, haben wir erst begriffen, als der Mann überwältigt wurde
und jemand ins Mikrophon rief: ‚Einen Arzt auf die Bühne!‘“ Ein weiterer
Zeuge harrte noch Stunden nach der Tat vor der Bühne aus: „Ich habe Pawel
Adamowicz immer meine Stimme gegeben. Ohne ihn wäre Danzig nicht diese
großartige Stadt, die sie heute ist. Ich hoffe, er kommt bald zu uns
zurück.“
## Hetzvideo im Vorfeld der Spendenaktion
Politiker aller Parteien verurteilten die Tat, auch Polens Präsident
Andrzej Duda und Premierminister Mateusz Morawiecki, die normalerweise kein
gutes Haar an dem liberalkonservativen Stadtpräsidenten Danzigs lassen.
Polens Regierungssender TVP hatte noch vor dem landesweit gefeierten Finale
der Spendenaktion des „Großen Orchesters der Weihnachtshilfe“ ein
antisemitisches Hetzvideo gegen Jurek Owsiak ausgestrahlt, den Organisator
der Spendenaktion. Im Rahmen dieser Aktion fand auch das Konzert am Sonntag
in Danzig statt. In dem Film mit Plasteline-Figuren zieht Warschaus
ehemalige Stadtpräsidentin Hanna Gronkiewicz-Waltz die Puppe Jurek Owsiak
mit einem Schlüssel auf und setzt sie auf einen Spielzeugzug. Kurz darauf
kommt die Owsiak-Puppe mit Waggons voller Geldscheinen zurück,
Gronkiewicz-Waltz reißt der Owsiak-Puppe den Kopf ab und stopft das Geld in
einen großen Sack, darunter auch einen 200-Zloty-Schein mit einem
Davidstern in der Ecke.
Inzwischen deutete Polens Vize-Innenminister Pawel Szefernaker von der
nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS) in einem Interview mit
TVN an, dass Owsiak das große Finale nicht genügend gesichert habe. Die
Polizei sichere solche Veranstaltungen nicht, sondern schreite nur ein,
wenn sie vom Organisator zur Intervention aufgefordert werde. Dies steht
allerdings im Widerspruch zu den massiv von der Partei geschützten
Parteiveranstaltungen der PiS.
Owsiak selbst forderte noch in der Nacht nach der Attacke auf Adamowicz zur
Abkehr von Hass und Gewalt auf: „Seien wir Polen, die sich lieben und
Freundschaft füreinander empfinden! Bekämpfen wir das Böse, aber ohne
Aggression und Gewalt!“
14 Jan 2019
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Gewalt
Polen
Danzig
Pawel Adamowicz
Polen
Pawel Adamowicz
Polen
Schwerpunkt Landtagswahlen
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