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# taz.de -- Kolumne Helden der Bewegung: Kopflos glänzend
> Franck Ribéry ist ein Individualist und einer, der Kind geblieben ist.
> Selbst die Verachtung spielt er glänzend zurück.
Bild: Der Wusler hat wieder mal getroffen: Franck Ribéry im Dezember 2018
Was er nicht im Kopf hat, hat er in den Beinen: [1][Franck Ribéry]. Und
obendrein noch eine Weisheit: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Was bei Franck Ribéry auf jeden Fall glänzt, ist sein Spiel, nach wie vor.
Er ist ein Wusel, ein Gummiball auf einer Schaumparty: nie wirklich
greifbar, unvorhersehbar in seinen Ausweichmanövern, unberechenbar.
Deswegen ist er Individualist, einer, der Kind geblieben ist.
Das macht ihn jetzt, in erwachsenem Fußballeralter, zum Slacker. Seine
Lässigkeit hat wenig Elegantes, es ist mehr Charme und Witz eines
Dickens'schen Straßenjungen. Er tut, was er tut, weil er nichts anderes
weiß. Selten ist ein Spieler so sehr in der Situation wie Ribéry. Das gilt
im Fußball: Er hat sich ganz dem Spiel verschrieben. Hat er den Ball am
Fuß, ist das schlicht eine weitere Gelegenheit, einen Streich zu spielen.
Das gilt auch neben dem Platz: Kürzlich hat sich Franck Ribéry ein Stück
Fleisch mit Gold überziehen lassen und das alles live auf irgendeinem
Social-Media-Kanal gepostet. Darauf kamen viele süffisante, viele
irritierte Kommentare; und daraufhin [2][ging bei Ribéry der Gaul durch].
Er verunglimpfte die Kommentatoren, was wiederum eine Menge
Sportjournalisten kommentierten, die sich alle einig waren: so nicht.
Vorbildfunktion, blablabla, all die Leute, die sich auf Kosten und so
weiter.
## „Savoir jouer“
Der interessanteste Kommentar zur Causa Golden Meat stand in dieser
Zeitung, der man ihre linken Wurzeln bisweilen noch anmerkt, auch wenn
inzwischen die Chefredaktion meint, die freie (!) Mitarbeiterin Veronika
Kracher [3][öffentlich zur Ordnung rufen zu müssen], weil sie außerhalb der
Zeitung sagt, Antifaschismus sei nur mit allen Mitteln, auch handfesten,
effektiv. Dieser [4][Kommentar war von Juri Sternburg]: traurig sei, dass
Ribéry goldenes Steak essen müsse, um etwas zu fühlen, aber schuld sei der
Kapitalismus, also wir alle.
Okay, so weit. Aber auch dieser Kapitalismus hat Bedingungen. Man wird
Ribéry im Original lesen müssen, in der Übersetzung gehe viel verloren (so
der Komiker Peter Wittkamp), und das ist zutreffend. Zutreffender, als sich
das von Deutschland aus denken lässt. Ribéry ist der Alptraum des
konservativen Frankreichs, der dortigen Eliten gewesen: trotz schwerer
Kindheit, ohne Ausbildung in einer der Kaderschmieden, auf Umwegen (vulgo:
Ausland), trotz Konversion zum Islam, trotz Bildungsferne, trotz Renitenz
ist er zum Erfolg gekommen.
Er ist das Kind der Republik, das vom Hof gejagt wurde, und in der
französischen Denkart hat er von da an nichts mehr werden dürfen. Dass er
ausgerechnet in Bayern, dieser Provinz, die eines der Herzen Europas ist,
doch noch etwas wurde, ein Großer seines Fachs, das wird ihm Frankreich nie
verzeihen.
Den Franzosen unterstellt man im Ausland „savoir vivre“; bei Ribéry ist es
entschieden ein „savoir jouer“. Es ist kein Zufall, dass er seinen
französischen Hatern antwortete und dass er ebenjenen im Grunde sagte, sie
gehörten zurückgefickt und abgetrieben: jouer quelqu’un heißt auch,
jemanden mit den eigenen Mitteln übers Ohr zu hauen. Frankreich hatte für
Ribéry nichts als Verachtung übrig, und diesen Ball hat er – blingbling –
zurückgegeben. Kopflos, mag sein, aber nichtsdestotrotz auf seine Art
glänzend.
19 Jan 2019
## LINKS
[1] http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/vereine/1-bundesliga/2018-19/…
[2] /Fussballprofi-des-FC-Bayern/!5562915
[3] http://blogs.taz.de/hausblog/die-gewaltfrage/
[4] /Kolumne-Luegenleser/!5560977
## AUTOREN
Frederic Valin
## TAGS
Franck Ribéry
FC Bayern München
Équipe tricolore
Kapitalismuskritik
Franck Ribéry
Franck Ribéry
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