| # taz.de -- Kolumne Lügenleser: Ribéry vs Fliegen-Willy | |
| > Pünktlich zum allgemeinen Neujahrs-Fasten isst er ein goldenes Steak, der | |
| > Franck! Und schon ist er ein gefundenes Fressen für Neid-Deutschland. | |
| Bild: Danke Kapitalismus, für all deine Gaben! | |
| Was für ein Tanz ums goldene Kalb. Und das gleich zu Jahresbeginn. Ist ja | |
| auch ein guter Zeitpunkt für eine Neiddebatte, jetzt, wo ein Großteil der | |
| Bevölkerung auf Diät ist, keinen Alkohol trinkt und | |
| Fitnesscenter-Mitgliedschaften abschließt, die dann in den Untiefen des | |
| Portemonnaies verschimmeln. | |
| Ein Fußballer also, dazu noch einer des FC Bayern München (das sind diese | |
| Reichen), [1][isst ein vergoldetes Steak]. Das Internet (das ist diese | |
| Schwarmblödheit) sitzt vor dem in Silberpapier gewickelten Döner und regt | |
| sich auf. Wie kann er nur! Und wo ist eigentlich mein goldenes Steak? | |
| Der Fußballer, welcher seit Jahrzehnten als Multimillionär sein Dasein | |
| fristet und nach jedem geschossenen Tor in den Himmel gejubelt wird, | |
| versteht die Welt nicht mehr und beschimpft via Instagram seine Kritiker. | |
| Aber nicht nur die, nein, auch die Ahnen der Internet-Hater werden von dem | |
| verwöhnten Kicker unfreiwillig sprachlich verlustiert. Glücklicherweise | |
| klingt „Ich ficke eure Mütter, eure Großmütter und euren gesamten | |
| Stammbaum“ auf Französisch einigermaßen höflicher. | |
| Nun springt auch die Presse drauf. Eine solche Sprache dürfe man nicht | |
| dulden, der FC Bayern, dieses Bollwerk der Moral und des Anstands, muss den | |
| Sportler [2][sanktionieren]. Es werden Texte geschrieben, in denen die | |
| Begriffe „verdribbelt“, „Eigentor“, „rote Karte“ und „ins Abseits… | |
| nicht fehlen dürfen. Und zack!, mischt sich auch die Politik ein, denn hier | |
| gibt es was zu holen. Karl Lauterbach, der lustige Fliegen-Willy, verkündet | |
| auf Twitter: „Ribéry speist für 1200 Euro Steak mit ‚Blattgold Belag‘. | |
| Zeigt Verhältnis von Bayern München zu Geld im Sport. Der ganze Club bleibt | |
| unsympathisch. (…) Hoffe Dortmund wird Meister.“ | |
| ## Dortmunder Lamborghini-Malocher | |
| Ach ja, das hoffe ich auch. Dieser sympathische Malocher-Verein BVB, bei | |
| dem die Spieler schon mal mit vergoldeten Lamborghinis zum Training kommen. | |
| Aber immerhin kein Steak, denn da gehört das Gold dieser Erde einfach nicht | |
| [3][drauf]. | |
| Lauterbach und die wütende Horde im Internet vergessen nur leider einen | |
| entscheidenden Punkt: Sie und ihre aktive Zustimmung sind es, die solche | |
| Zustände ermöglichen. Das Problem heißt: Kapitalismus. Das Problem ist das | |
| amoralische System, welches Lauterbach und die vielen Neidhammel immer | |
| weiterschleppen, statt endlich zu begreifen, dass eine Ellbogengesellschaft | |
| in letzter Konsequenz nie etwas anderes als einen Ribéry hervorbringen | |
| kann. | |
| Das Problem sind wir alle. Nicht etwa ein wahrscheinlich moralisch und | |
| intellektuell etwas limitierter Fußballer, der mit den verdienten Millionen | |
| goldene Kälber frisst, um noch irgendwas zu fühlen. Der ist einfach nur ein | |
| dekadentes Produkt dessen, was uns die Gesellschaft als erstrebenswert | |
| propagiert. Wer Ribéry für ein goldenes Steak kritisiert, aber an den | |
| Umständen nichts ändern will, der ist nur neidisch auf den vermeintlichen | |
| König Midas. | |
| 8 Jan 2019 | |
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| [1] /Fussballprofi-des-FC-Bayern/!5562915 | |
| [2] https://www.sueddeutsche.de/sport/ribery-steak-fc-bayern-strafe-1.4276477 | |
| [3] https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/bundesliga/warum-im-fall-franck-… | |
| ## AUTOREN | |
| Juri Sternburg | |
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