# taz.de -- Nazi-Propaganda im Gefängnis: Hakenkreuze zu Fenstern | |
> Als unser Autor die Hambi-Besetzerin „Winter“ im Knast besuchte, bekam er | |
> eine irritierende Besuchermarke. Die Behördenreaktion ist noch | |
> irritierender. | |
Bild: Die JVA Köln-Ossendorf, in der die Hambach-Aktivistin einsaß | |
KÖLN taz| Wenn man das Gefängnis in Köln-Ossendorf besucht, bekommt man | |
eine metallene Besuchermarke in die Hand gedrückt, fast so groß wie ein | |
eckiger Bierdeckel. Meine Marke hatte im September ein deutlich | |
eingeritztes großes Hakenkreuz auf der Rückseite. Drei Personen können das | |
bezeugen. Den Ekelfund hatte ich in meiner Reportage über die in U-Haft | |
eingesperrte Hambach-Aktivistin „Winter“ auch kurz erwähnt. | |
Den Text las auch der Berliner Rechtsanwalt Dieter Hoffmann und stellte bei | |
der Staatsanwaltschaft Köln noch am gleichen Tag empört Strafanzeige wegen | |
der „Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen“. Die | |
Hakenkreuz-Marke sei zudem „möglichst ohne vorherige Benachrichtigung | |
sicherzustellen“. | |
Sicherstellen? Das sah die Staatsanwaltschaft anders. Nazi-Propaganda? | |
Paragraf 86a Strafgesetzbuch, hieß es in der Antwort, verlange entweder | |
eine Verbreitung oder ein öffentliches Verwenden. Beides sei hier nicht | |
gegeben. Fazit: „Ermittlungen kommen nicht in Betracht.“ | |
Bitte? Wenn man eine solche Marke ausgibt, verbreitet man doch. Und eine | |
Besuchermarke ist definitionsgemäß ein Gegenstand für die Öffentlichkeit. | |
Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn erklärt auf taz-Nachfrage, „in der überwachten | |
Sphäre einer JVA“ sei eine „Verbreitung sehr überschaubar“, deshalb nic… | |
öffentlich, „weil nur sehr wenige davon Kenntnis erlangen“, ähnlich wie in | |
Privatwohnungen. Die Folge: „nicht strafbar“. Man kann in seinen Äußerung… | |
ein „leider“ durchaus mithören. | |
## „Gebilde wie Fenster“ | |
Noch erstaunlicher war die Reaktion der JVA. Dort erklärt Oberregierungsrat | |
Mark Wloka, man sei von der Staatsanwaltschaft in Kenntnis gesetzt worden | |
über „das angebliche eingeritzte Hakenkreuz“. Umgehend habe man „sämtli… | |
Besuchermarken kontrolliert“, aber nur zwei Marken gefunden, „auf deren | |
Rückseiten jeweils Quadrate eingeritzt waren, in deren Mitte sich ein Kreuz | |
befand, welches oben, unten sowie an den Seiten die Ränder des Quadrats | |
berührte. Die Gebilde sahen aus wie Fenster.“ | |
Die akribische Gebilde-Beschreibung, ungewöhnlich für eine Behörde, kann | |
drei Botschaften haben. Entweder soll das besonderen Arbeitseifer belegen. | |
Oder die Frage implizieren: Können Sie, werter Besucher, nicht genau | |
hingucken? Oder der Mann hat selbst die vier Lücken an den Rahmenkanten des | |
scheinbaren Fensters nicht gesehen und sich ein Hakenkreuz wegfantasiert. | |
Wie auch immer: Die Kreuz-Fenster von Ossendorf „wurden abgeschliffen und | |
wieder in den Umlauf gegeben“. | |
4 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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