# taz.de -- Magazin der Bundesregierung: Wohlfühlen für Europa | |
> Die Bundesregierung hat ihr Magazin generalüberholt. Folge eins von | |
> „Schwarzrotgold“ ist blaugelb und handelt von Europa. Was kann das Heft? | |
Bild: Womit begeistert man Deutsche für die EU? Mit Äpfeln, so scheint es im … | |
Der Bahnhofskiosk – unendliche Weiten: Knapp 1.600 Publikumszeitschriften | |
schwappen regelmäßig in die Regale. In loser Folge und streng nach dem | |
Zufallsprinzip stößt das taz-Medienressort in Parallelwelten vor, die | |
manche menschliche Wesen regelmäßig aufsuchen, auf der Suche nach genau der | |
Zeitschrift, die ihrem Leben den ganz speziellen Sinn gibt. Heute: | |
Schwarzrotgold, das neue Magazin der Bundesregierung. | |
Wie schaut’s aus? Schwarz-rot-gold natürlich. Also, zumindest Schwarz und | |
Gold, das Rot haben sie irgendwie unterschlagen, dafür gibt es viel Blau – | |
denn die erste Ausgabe des neuen hauseigenen Magazins der Bundesregierung | |
handelt von Europa. Geschickt gedreht. Aber von vorne. | |
Kurz vor Weihnachten hat die Bundesregierung ihr neues PR-Produkt | |
herausgebracht. Über die Feiertage dürften viele die Ausgabe 1/2019 in der | |
Hand gehalten haben, denn Schwarzrotgold liegt gratis in Zügen der | |
Deutschen Bahn und an Flughäfen aus sowie einigen Tageszeitungen bei. Jedes | |
Quartal soll das dünne Heftchen ab sofort erscheinen. | |
Früher hieß der publizistische Output der Bundesregierung Deutschland | |
aktuell, das war gestalterisch ein fürchterliches Wirrwar an Farben, | |
Schriftarten und Protagonist*innen, die aufregende und begeisternde Dinge | |
taten. Das überarbeitete Magazin ist optisch ruhiger, wirkt entrümpelt und | |
illustratorisch anspruchsvoll. Aber will man es lesen? | |
Was steht drin? Mit der Europawahl im Mai stellt sich wie jedes Mal die | |
Frage: Wie kommunizieren wir die Relevanz der EU der Wähler*innenschaft – | |
wenn wir gegen eine Mischung aus Gleichgültigkeit, Überforderung und | |
wachsenden EU-Ressentiments ankämpfen. Die Lösung, die die Bundesregierung | |
anbietet: Fakten, Gefühle und Äpfel. | |
In einem großen, als „Reportage“ einsortierten Text werden wir mitgenommen | |
zur Apfelernte an der französischen Grenze. Wir treffen dort Apfelbauer | |
Obrecht, dessen Sohn bald die Nachfolge antritt, und erfahren, dass Obstbau | |
längst eine grenzübergreifende Angelegenheit ist, denn „viele helfende | |
Hände kommen aus Polen und Rumänien“. Und was ist schließlich europäischer | |
als wohlriechende Äpfel? | |
Ist man durch diese Agraridylle hindurch, folgen die Kindheitserinnerungen | |
von Bundesaußenminister Heiko Maas, der im „Interview“ ganz „ungezwungen… | |
erzählt, dass er als Saarländer „geborener Europäer“ sei. | |
Durchbrochen wird die ganze Heiterkeit nur durch eine Art „Erfolgsbericht“, | |
dass heute „deutlich weniger Menschen in die EU kommen als vor drei | |
Jahren“. Im säuseligen Ton geht es um die „Migrationspartnerschaften“ mit | |
afrikanischen Staaten – was in der Realität natürlich auch Libyen mit | |
einschließt, das für Italien Geflüchtete auf dem Mittelmeer abfängt, die | |
dort Berichten zufolge zum Teil in Lagern misshandelt werden. Aber man | |
richtet sich eben auch an die Fans rigider Grenzpolitiken, und die wollen | |
Ergebnisse sehen. Und im Mittelmeer werden ja auch keine Äpfel gepflückt. | |
Wer liest es? Züge und Flughäfen sind wahrscheinlich eine gute Idee für die | |
Auslage. Orte, an denen man sonst nichts zu tun hat – denn Schwarzrotgold | |
ist alles andere als spannend. Die europäische Heiterkeit tröpfelt so | |
dahin, und selbst wenn man bisher EU-Optminist*in war, kann es einem fast | |
leidig werden. Arrivierte EU-Feind*innen dagegen wird es vor allem empören. | |
Dürfen die das? Der Alternativmedien-Blase ist Schwarzrotgold schon | |
aufgestoßen. „Propaganda wie in der DDR, von Steuergeldern finanziert“, | |
wird dort längst gepoltert. Dabei ist sogenanntes Corporate-Publishing | |
heute für so ziemlich jede Körperschaft völlig normal: der eigene | |
Standpunkt, optisch ansprechend verpackt. Zudem tut uns die Bundesregierung | |
den Gefallen, ein Heft herauszubringen, das so unattraktiv ist, dass es in | |
Sachen Indoktrinierung keine Gefahr darstellen dürfte. | |
4 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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