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# taz.de -- Mannheimer Umgang mit Geflüchteten: E-Mail nach Marokko
> Die Stadt Mannheim hat ihr Problem mit kriminellen Jugendlichen aus
> Marokko gelöst – auch dank besserer Kooperation mit dem Herkunftsstaat.
Bild: Geht nur in Zusammenarbeit mit dem Herkunftsstaat: Abschiebung
MANNHEIM taz | Mehr als 800 Diebstahldelikte in einem Jahr, Gewalt gegen
Sozialarbeiter und Polizeibeamte, eine spektakuläre Flucht durch die
eingeschlagene Heckscheibe eines Polizeiautos: Die Liste der Vergehen einer
Gruppe von angeblich minderjährigen jungen Männern nordafrikanischer
Herkunft ist lang und hatte Baden-Württembergs drittgrößte Stadt Mannheim
vor einem Jahr in Unruhe versetzt. So sehr, dass Oberbürgermeister Peter
Kurz (SPD) Ende 2017 in einem Hilferuf an das Innenministerium von einem
„Gefühl von Staatsversagen“ in der Stadt gesprochen hatte.
Ein Jahr später hat sich die Lage beruhigt. „Für uns ist das Problem
weitgehend gelöst“, sagt eine Rathaussprecherin der taz. In der Stadt
fallen minderjährige Flüchtlinge nicht mehr als besondere Tätergruppe auf.
Fünf der jungen Männer, die damals in Mannheim für Unruhe gesorgt haben,
befinden sich heute in Untersuchungshaft, zwei sind bereits verurteilt.
Andere haben – meist nicht freiwillig – die Stadt verlassen. 10 bis 20
Jugendliche waren es, die in Mannheim mit Gewalt und Kleinkriminalität für
Aufregung sorgten.
Den Beamten fielen damals spanische und italienische Sprachkenntnisse bei
den Jungen auf, was darauf hindeutete, dass sie als Flüchtlinge – vor allem
aus Marokko und anderen Maghrebstaaten – über diese Länder in die EU
geflohen waren. Die meisten der Jugendlichen hatten keinen Aufenthaltstitel
in Mannheim, sie bezogen ihre Jugendhilfe in anderen Städten. Trotzdem
lebten sie in Mannheimer Einrichtungen. „Wir wissen nicht genau, warum,
aber Mannheim war für sie noch 2017 ‚the place to be‘“, sagt Norbert
Schätzle, Sprecher der Polizei Mannheim.
## Die Mehrheit machte sich jünger
Bewährt hat sich für die Stadt, Aufenthaltsverbote gegen die jungen Männer
ausgesprochen zu haben und diese auch durchzusetzen. „Wir haben die
Jugendlichen zum Teil einzeln in die Städte gefahren, in denen sie als
Flüchtlinge registriert waren“, sagt Schätzle. Manchmal sogar mehrfach.
„Was uns aber am meisten geholfen hat, war, dass Marokko seit Mitte des
Jahres unsere Anfragen zur Personenfeststellung beantwortet hat“, so der
Sprecher.
Warum die markokkanischen Behörden jetzt kooperieren, darüber kann die
Mannheimer Polizei nur spekulieren. Offenbar wurde das Thema bei Merkels
Besuch in Markokko im Herbst auf Regierungsebene besprochen.
Mit der Geburtsurkunde aus dem Heimatland konnte das Alter zweifelsfrei
festgestellt werden. Von bis heute 37 überprüften Jugendlichen aus Marokko
hatten 36 falsche Angaben gemacht. Einer hatte sich sogar um 12 Jahre
jünger gemacht. 40 Jugendliche sind untergetaucht, offenbar um sich einer
Personenfeststellung zu entziehen. Von ihnen ist nach Angaben der Polizei
unklar, ob sie überhaupt noch in Deutschland sind.
Es zeigte sich aber auch, dass Mehrfachregistrierungen bei den Behörden, um
mehrfach Geld vom Jugendamt zu kassieren, nicht das Hauptziel der
Jugendlichen waren. Bei einer landesweiten Überprüfung im Januar von 2000
minderjährigen Flüchtlingen konnte die Datei zwar um 800
Mehrfachregistrierungen bereinigt werden. Nach Angaben der Beamten lag das
aber in den meisten Fällen an einer unterschiedlichen Schreibweise der
Namen durch die Behörden.
Der Mannheimer Fall hat in Baden-Württemberg zu einem neuen Umgang mit
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen geführt. Ab Januar werden auf dem
Gelände der ehemaligen US-Kaserne in Heidelberg auch mutmaßlich
minderjährige Flüchtlinge zentral registriert. Die Debatte darüber, ob in
Heidelberg auch Röntgengeräte zur Altersfeststellung eingesetzt werden
dürfen, wird im grün-schwarzen Kabinett in Baden-Württemberg daher noch für
Diskussionen sorgen.
28 Dec 2018
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Abschiebung
Kleinkriminalität
Lesestück Meinung und Analyse
Altersfeststellung
Mithulogie
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