# taz.de -- G20-Gipfel in Buenos Aires: Friedlicher Protest | |
> Buenos Aires ist während des G20-Gipfels zur Festung ausgebaut. Tausende | |
> DemonstrantInnen sind trotzdem durchs Zentrum der Stadt gezogen. | |
Bild: Das Motto der Demonstration: „Nein zu G20, weg mit Trump und weg mit de… | |
BUENOS AIRES taz | In Buenos Aires haben am Freitag rund 50.000 Menschen | |
friedlich gegen [1][den G20-Gipfel] demonstriert. Die Strecke war nahezu | |
abgeriegelt und von einem massiven Polizeiaufgebot bewacht. Weitab vom | |
Tagungsort der 20 Staats- und Regierungschefs zogen die DemonstrantInnen | |
über die Avenida 9 de Julio vor das Kongressgebäude im Zentrum der Stadt. | |
Unter dem Motto „Nein zu G20, raus mit Trump und allen imperialistischen | |
Führern, weg mit dem Abkommen zwischen Macri und dem IWF“ verlas Nora | |
Cortiñas von der Menschenrechtsorganisation Madres de Plaza de Mayo Línea | |
Fundadora am Abend die Abschlusserklärung. | |
„Bienvenido al infierno“ hatte auf dem Sperrgitter vor dem Kongress | |
gestanden. Über Nacht hatten Unbekannte den Begrüßungsspruch gesprüht und | |
damit an die „Welcome to Hell“-Demo gegen den Hamburger G20 erinnert. | |
Regierung und Medien hatten für Buenos Aires ein ähnliches Szenario | |
beschworen. Es fand nicht statt und die einzigen Schwaden, die über den | |
Platz vor den Kongress waberten, kamen von den brutzelnden Chorizos auf den | |
aufgebauten Grills und nicht aus abgefeuerten Tränengasgranaten. Dennoch | |
war die Anspannung bei den OrganisatorInnen groß. „Bis hierher ging alles | |
gut,“ so [2][Marta Music] bei der Ankunft vor dem Kongress. „Doch jetzt | |
müssen wir aufpassen, erfahrungsgemäß kommt die Repression am Ende.“ | |
Gegen 15 Uhr Ortszeit hatte sich der Zug an der Ecke der Avenidas 9 de | |
Julio und San Juan in Bewegung gesetzt. Zuvor war bekannt geworden, dass | |
die Polizei in einem Fahrzeug an der Demo-Strecke versteckte | |
Molotowcocktails gefunden hatte. Doch das einzige, was an diesem Tag | |
brannte, war ein kleines Zelt, aufgemacht als McDonald-Bude in den Farben | |
der US-Flagge. Es wurde gejohlt und geklatscht. Die Fotografen eilten | |
herbei. | |
„Die Mittelklasse ist zu Hause geblieben. Der Protestfunke ist nicht | |
übergesprungen“, so Roberto Sastre, der sich am Straßenrand auf einen | |
Sockel gestellt hatte, um die vorbeiziehenden Blöcke der sozialen | |
Basisorganisationen, alternativen Gewerkschaften, | |
Menschenrechtsorganisationen und kleinen Linksparteien. Antiimperialist und | |
Demo-erfahren sei er. Wenn diese Organisationen ihre Anhängerschaften | |
mobilisieren, dann kämen 50.000 zusammen. „Mehr geht nicht.“ Die großen | |
Oppositionsparteien und Gewerkschaften hätten keinen Finger gerührt. | |
## Gezielte Angstkampagnen | |
Am besten sollten alle in Urlaub fahren, hatte Sicherheitsministerin | |
Patricia Bullrich verkündet. Auch deshalb wurden die öffentlichen | |
Angestellten schon am Donnerstagmittag nach Hause geschickt und der Freitag | |
in der Stadt zum Feiertag erklärt. Zugleich wurden massiv anonyme Audios | |
über WhatsApp verbreitet. In einem davon berichtet eine Frauenstimme von | |
dem glaubwürdigen Freund ihrer Freundin, der ihr versichert habe, dass | |
Terroristen Anschläge verüben werden, man Orte wie Kinos oder McDonalds | |
unbedingt meiden und am besten gar nicht auf die Straße gehe sollte. | |
„All das ist Teil einer gezielten Angstkampagne der Regierung, um die | |
Abriegelung der halben Stadt zu rechtfertigen,“ so Beverly Keene von den | |
OrganisatorInnen. „Mit dem G20 als Rechtfertigung hat die Regierung 15 | |
Millionen Gummigeschosse und zwei Millionen scharfe Munitionspatronen | |
eingekauft. Die sind nicht für die zwei Gipfeltage, sondern für das | |
kommende Jahr bestimmt, denn die sozialen Konflikte werden zunehmen,“ so | |
ihre Befürchtung. | |
## Internationale Vernetzung fehlt | |
Auf mehr internationale DemonstrantInnen hatte Halstuchverkäufer Marco | |
gesetzt, aber vor alle aus geschäftlichem Interesse. Er zeigt auf weiße | |
Halstücher mit dem Aufdruck ‚Fuera de Argentina‘ und G20 in einem runden | |
Verbotssymbol. „Als Souvenir für die Ausländer, aber schau' Dir die Leute | |
an. Alle von hier, und die haben kein Geld.“ Tatsächlich sind kaum | |
ausländische DemonstrantInnen zu sehen. Selbst aus Brasilien, wo man auf | |
den Anti-Bolsonaro-Effekt gesetzt hatte, waren nur wenige gekommen. Noch am | |
stärksten vertreten waren Angehörige der in Buenos Aires lebenden | |
peruanischen und bolivianischen Communities. | |
Eine kleine Gruppe von etwa 30 Vermummten hatte sich ebenfalls in den Zug | |
eingereiht. Immer wieder sprintete jemand heraus und sprühte ein Graffito | |
mit dem Slogan der Demonstration. „Fuera G20 – Fuera Trump – Fuera FMI“ | |
blieb an Häuserwänden und Schaufenstern zurück. Aber es war eine | |
Minderheit, die von den anderen Gruppen skeptisch beäugt wurde. Die hatten | |
Sicherheitszonen um sich gebildet, um zu verhindern, dass Provokateure bei | |
ihnen einsickern. | |
Die Polizei meldete die vorübergehende Festnahme von 17 Personen. In deren | |
Rucksäcken seien unter anderem Zwillen und Schraubenmuttern gefunden | |
worden. Der Abmarsch ging dennoch ruhig vonstatten. „Wir bleiben heute | |
sogar an der roten Ampel stehen,“ witzelte einer auf dem Heimweg. | |
1 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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