# taz.de -- Asiatische Stechmücke in Frankfurt: Blinde Passagiere | |
> In Frankfurt wurden ganze Populationen der Asiatischen Tigermücke | |
> entdeckt. Sie überträgt diverse Krankheiten. Ein Grund zur Panik ist das | |
> aber nicht. | |
Bild: Nicht zu verwechseln mit der Ringelmücke: die Asiatische Tigermücke | |
„Die Mückenplage hat Rhein-Main fest im Griff“, [1][schrieb der Offenbacher | |
Extra-Tipp im Frühling,] und dass sich dort „hartnäckig das Gerücht von der | |
gefährlichen Tigermücke“ halte, weil „selbst ernannte Experten Panik | |
machen“. Die Behörden wiegelten ab: Da liege wahrscheinlich eine | |
Verwechslung mit der nicht unähnlich aussehenden Ringelmücke vor, die man | |
in Baden-Württemberg auch Ringelschnake nennt. | |
Zudem war dann schon ein paar Monate später landauf, landab [2][von einem | |
erschütternden „Insektensterben“ die Rede.] Aber nun haben ausgewiesene | |
„Experten des Ministeriums und des Landesamts für Naturschutz, Umwelt und | |
Geologie“ in Frankfurt ganze „Populationen der Asiatischen Tigermücke“ | |
entdeckt. Die einheimischen Insekten verschwinden, die asiatischen rücken | |
nach, so scheint es. Bisher gab es die Tigermücken in Frankfurt am Main | |
nur vereinzelt. Sie kamen als blinde Passagiere mit dem Flugzeug ins Land. | |
Beunruhigend an ihnen sind die Weibchen, denn sie brauchen zur | |
Eientwicklung Blut [3][und können beim Stechen gefährliche Viren | |
übertragen,] während die Männchen sich harmlos von Nektar ernähren. Man | |
kann sie jedoch schlecht unterscheiden. Die Tigermücke ist gefleckt, daher | |
der Name, aber anders als die asiatischen Tiger besteht sie auf eine „enge | |
Vergesellschaftung mit den Menschen“ (Wikipedia). | |
Die Weibchen übertragen beim Blutsaugen Krankheiten wie Chikungunya, | |
Dengue-, Gelbfieber- und den West-Nil-Virus. Diese Viren brauchen zur | |
Entwicklung im Körper der Mücke mehrere Wochen lang Temperaturen über 25 | |
Grad, „Bedingungen, die in Deutschland in der Regel nicht vorliegen“. Das | |
gilt jedoch nicht für die Chikungunyaviren, die sich bereits bei 18 Grad | |
vermehren können, wie das Hamburger Institut für Tropenmedizin in seinem | |
„Hochsicherheits-Insektarium“ kürzlich herausfand. | |
## 22.000 Tote | |
Das Wort Chikungunya stammt aus der Sprache der Makonde, eines Bantuvolks | |
in Tansania, und bedeutet „Gebeugter Mann“. Da die mit Fieber und | |
Mattigkeit einhergehende Viruserkrankung in den meisten Fällen gutartig | |
verläuft und irgendwann wieder abklingt, wird man früher oder später auch | |
wieder geradegehen können – ohne spezifische Medikamente einnehmen zu | |
müssen, die es (noch) gar nicht gibt. | |
Ähnlich ist der Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit dem | |
West-Nil-Virus, die sich durch Fieber, Abgeschlagenheit, Erbrechen, | |
Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Schwellungen der Lymphknoten bemerkbar | |
macht, aber ebenfalls nach ein bis zwei Wochen wieder abklingt. | |
Auch die Ausbreitung des Denguevirus im menschlichen Körper ähnelt dem | |
Verlauf einer Grippe. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass | |
jährlich 50 bis 100 Millionen Personen daran erkranken, 500.000 Personen | |
einen schweren Krankheitsverlauf durchleiden und 22.000 Personen an | |
Denguefieber sterben; die meisten der Todesopfer sind Kinder. | |
Dagegen wurde 2015 allerdings ein Impfstoff entwickelt, nachdem der | |
französische Pharmakonzern Sanofi festgestellt hatte, dass das Denguefieber | |
eine sich ausbreitende Krankheit ist und es sich also lohnt. Auch gegen das | |
Gelbfieber, das mit Leberschäden einhergehen kann, gibt es inzwischen einen | |
Impfstoff. Die WHO schätzt, dass jährlich 200.000 Personen erkranken und | |
30.000 Personen an Gelbfieber sterben; ungefähr 90 Prozent der Infektionen | |
entfallen auf den afrikanischen Kontinent. | |
## Flughafen-Malaria | |
Anders ist es bei der Schlafkrankheit, die von einem Einzeller herrührt, | |
den die Tsetsefliegen beim Stechen und Blutsaugen übertragen. Dagegen wurde | |
zwar ein Medikament entwickelt, aber die jährlich 70.000 damit infizierten | |
und dahinsiechenden Afrikaner sind kein lukrativer Markt, der Pharmakonzern | |
vermarktete den Impfstoff deswegen lieber als Enthaarungsmittel. | |
Auch das Sumpffieber (Malaria) rührt von einem Einzeller her, er wird von | |
der Anopheles-Mücke übertragen, 200 Millionen Menschen erkranken jährlich | |
daran, wovon über eine Million stirbt. | |
Hierzulande gibt es die Mücke bisher aber nur eingeschleppt, [4][wo sie | |
gelegentlich die sogenannte Flughafen-Malaria verursacht.] Mit der | |
Klimaerwärmung und der Rekultivierung von Mooren und Sümpfen könnte sich | |
das jedoch ändern. | |
29 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.extratipp.com/hessen/tigermuecke-hessen-experten-erklaeren-gefa… | |
[2] /Biologe-zu-Strategien-gegen-Artensterben/!5509721 | |
[3] /Muecken-als-Krankheitsuebertraeger/!5426778 | |
[4] /Die-Wahrheit/!5543614 | |
## AUTOREN | |
Helmut Höge | |
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