# taz.de -- Bahnhof Ostkreuz: Das Rostkreuz ist fertig poliert | |
> Mit neuen Bahnsteigen für Regional- und S-Bahn ist das Ostkreuz nach | |
> zwölfjährigem Umbau wieder ganz am Netz. Nur zwei Jahre später als | |
> geplant. | |
Bild: Jetzt können auch wieder zwei S-Bahnen parallel fahren | |
Berlin taz | Seit Jahren versorgt André Lawatsch, Betreiber des | |
Imbisswagens Wurstland, täglich Dutzende Bauarbeiter am Bahnhof Ostkreuz | |
mit Berliner Klassikern von Ketwurst bis Knacker. Zumindest auf diese | |
Kundschaft muss er demnächst verzichten. Denn die Dauerbaustelle Ostkreuz, | |
die seit 2006 besteht, steht kurz vor ihrer Fertigstellung. Bahntechnisch | |
ist bereits alles fertig, schon am Sonntag soll nach einem Fahrplanwechsel | |
auf den neu gebauten Bahnsteigen der Zugbetrieb starten. | |
Vieles hat sich in den vergangenen zwölf Jahren an Deutschlands | |
meistfrequentiertem Bahnhof verändert. Aus dem zugigen „Rostkreuz“ ist ein | |
moderner gläsern-stählerner Bahnhof geworden. In der Ringbahnhalle, die | |
bereits 2012 fertiggestellt wurde, sind dieselben Fressketten wie überall | |
zu finden. Dagegen bildet der schon seit 20 Jahren bestehende Imbiss eine | |
Konstante, und das, obwohl er aufgrund der Bauarbeiten um satte zwölf Mal | |
den Standort wechseln musste. | |
Die Modernisierung bei laufendem Betrieb hat schlussendlich etwa zwei Jahre | |
länger gedauert als ursprünglich geplant. Die Kosten haben sich von | |
ursprünglich veranschlagten 411 Millionen auf 500 Millionen Euro erhöht. Im | |
Vergleich zu anderen Großprojekten in der Stadt sind das vertretbare | |
Zahlen. Für Donnerstag hat sich dann auch Bahn-Vorstandschef Richard Lutz | |
angekündigt, um das neue Gebäude persönlich abzunehmen. | |
Unterwegs sein wird er dann auf den nun fertiggestellten neuen | |
Ost-West-Bahnsteigen. Spartanisch geht es dort zu, Wartehäuschen gibt es | |
nicht, lediglich einen Windschutz hat die Bahn aufgestellt. Am Bahnsteig | |
mit den Gleisen 7 und 8 hält ab Sonntag auch die Regionalbahn nach und von | |
Kostrzyn (Küstrin), die bislang am Bahnhof Lichtenberg endete. Die ersten | |
Regionalzüge fahren bereits seit 2015 über das Ostkreuz, das damit | |
Lichtenberg mehr und mehr den Rang als Fernbahnhof abgelaufen hat. | |
## Ende des S-Bahn-Engpasses | |
Der Bahnsteig nebenan, die Gleise 5 und 6, beenden endlich den | |
S-Bahn-Engpass auf dieser Strecke. Die aus Wartenberg kommende S75 wird | |
dann nicht mehr am Ostkreuz enden, sondern wieder bis Westkreuz | |
weitergeführt. Durch die neuen Bahnsteige sind zukünftig auch wieder | |
Parallelfahrten von zwei S-Bahnen möglich. Mit insgesamt etwa 555.000 | |
Zughalten im Jahr ist das Ostkreuz der größte Bahnhof des Landes. | |
Ganz abgeschlossen sind die Bauarbeiten aber noch nicht. Ein neues | |
Empfangsgebäude, in dem es auch Toiletten geben wird, will die Bahn im | |
nächsten Jahr in Betrieb nehmen. Auch auf den Bahnhofsvorplätzen ist noch | |
einiges zu tun. Für die durchschnittlich 123.000 Menschen, die täglich am | |
Ostkreuz ein-, aus- oder umsteigen, gehören die größten Widrigkeiten, die | |
der Umbau mit sich brachte, aber nun der Vergangenheit an. | |
Lawatsch, der, wie er lachend verrät, Vegetarier ist, freut sich über die | |
großen Fortschritte. Der Ausbau sorge nämlich für neue Kundschaft. Dabei | |
geht es ihm nicht nur um den finanziellen Aspekt. Das Schönste an seiner | |
Arbeit am Ostkreuz ist für ihn das Aufeinandertreffen von verschiedensten | |
Menschen. „Hier trifft Anwalt auf Freigeist und Bauarbeiter“, berichtet er | |
der taz, „ich arbeite hier am Puls des Lebens.“ | |
5 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Jim Muelder | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Deutsche Bahn | |
Gentrifizierung | |
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