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# taz.de -- Neubaupläne von Werder Bremen: Lernort Pauliner Marsch
> Die Diskussion um Werder Bremens Nachwuchs-Leistungszentrum dreht sich
> hauptsächlich um Ökologie und Städtebau. Sport- und Jugendpolitik kommen
> zu kurz.
Bild: Von Leistungszentren lernen: Zumindest sind sie dort flott unterwegs
Bremen taz | Der Plan von Werder Bremen, Teile seines Nachwuchszentrums in
der Pauliner Marsch neu zu bauen, stößt auf eine angstbesetzte Gemengelage.
Anwohner am Osterdeich, die seit der Kaiserzeit ein verbrieftes
Grundbuchrecht auf Mitsprache haben, Kleingärtnerinnen und besorgte
Bürger*innen und Politiker*innen fürchten zunehmende Verkehrsbelästigung,
mehr Lärm, den Verlust des freien Blicks bis zur Weser sowie die
Einschränkung des Überflutungsraumes. Und sie fragen sich, ob man weitere
Anlagen für 32 Millionen Euro in dieses gefährdete Gebiet stellen sollte.
Unbestritten ist, dass Werder mit dem baulichen Zustand der jetzigen Anlage
nicht mehr lange konkurrenzfähig im Kampf um die talentiertesten jungen
Fußballer ist. Als Werder in den 90er-Jahren das Leistungszentrum inklusive
des Internats im Stadion aufbaute, hatte es Vorbildcharakter in der
Bundesliga.
Heute bieten die in ihren Grundmauern schon 1960 errichteten Gebäude am
Eingang zu Platz 11 nicht mehr das Trainings- und Betreuungsumfeld, um
gegen die Konkurrenz aus Wolfsburg oder Leipzig zu bestehen, die zum Teil
fünfstellige Monatsbeträge für 16-jährige Talente bezahlt.
Die Diskussion um dieses Projekt fällt in eine Phase, in der der
Profi-Fußball immer mehr in die Hand von Verwertungsinteressen gerät und
sich von seiner Basis entfernt. Auch in den 54 Nachwuchsleistungszentren in
Deutschland geht es nicht mehr ausschließlich darum, Spieler für den
eigenen Profikader aufzubauen.
## Steigender Erfolgsdruck
Wenn ein Klub der Premier League bereit ist, 20 Millionen Ablösesumme Euro
für einen 17-Jährigen zu bezahlen, ist die Versuchung groß, bei der
Veredelung von Talenten auch auf den Verkaufsmarkt zu schielen.
Entsprechend größer wird der Erfolgsdruck –für die Verantwortlichen,
Trainer und die jungen Menschen selbst. Die Jugendlichen investieren von
früh auf so viel Zeit in die Karriere, dass sie „eigentlich mit 15 schon
eine Sekretärin bräuchten“, hat Ex-St.-Pauli-Profi Fabian Boll einmal
gesagt. In einem Alter, in dem wichtige soziale und innerpsychische
Aushandlungsprozesse ablaufen, werden sie für die Bedingungen einer
Profi-Karriere geformt –unter riesigem Erwartungsdruck von Familie, Umfeld
und Trainern. Nur ein Bruchteil von ihnen schafft später tatsächlich den
Sprung in den bezahlten Fußball.
Es sollte der Öffentlichkeit nicht egal sein, mit welchen Konzepten Werder
Bremen, das auf die hohe Identifikation der Stadtgesellschaft mit dem Klub
setzt, jugendgerechte Entwicklung und Talententwicklung unter einen Hut
bringen will. Das Bemühen, einen ganzheitlichen Ansatz aus Fußball, Schule,
persönlicher Entwicklung und Sozialverhalten umzusetzen, ist Werder dabei
nicht abzusprechen.
## Verbindung von Breiten- und Spitzensport
Dafür bietet die Pauliner Marsch ideale Bedingungen. Mit vierzehn Vereinen,
die 27 Sportarten anbieten, wirkt das Gebiet wie das letzte Refugium einer
praktisch gelebten Verbindung von Breiten- und Spitzensport. Neben der
Jugendarbeit der Vereine gibt es mit dem Lernzentrum Ostkurvensaal und dem
Sportgarten innovative Einrichtungen mit hoher jugendpolitischer Kompetenz.
Es sollte Bestandteil weiterer Planungen sein, wie Werder die Ressourcen
seines Nachwuchsleistungszentrum für Stadt und Stadtteil nutzbar macht. Die
Pläne, Platz 11 für Schulsport zu öffnen und den Trainingsplatz neben dem
Stadionbad ganz für freie Sportaktivitäten zur Verfügung zu stellen, gehen
in diese Richtung. Das Leistungszentrum könnte die anderen Vereine stärker
bei der Qualifikation ihrer Trainer unterstützen, lautete ein Vorschlag auf
der Beiratssitzung am letzten Dienstag, auf der Werder seine Pläne das
erste Mal öffentlich präsentierte.
„Schulen können von Leistungszentren lernen“, hat der frühere
Werder-Nachwuchsleiter Uwe Harttgen einmal gesagt. Ein gemeinsamer Lernort
Pauliner Marsch, der die Ausbildung sportlicher Elite noch stärker mit
stadtteilbezogener Jugendarbeit und der Unterstützung des Breitensports
verbindet –damit würde Werder wieder einmal Akzente in der Nachwuchsarbeit
setzen.
19 Nov 2018
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
## TAGS
Werder Bremen
Fußball
Bremen
Fußball-Bundesliga
Orkan „Xaver“
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