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# taz.de -- Assad will Syriens Deserteure begnadigen: Ein trügerisches Angebot
> Syriens Präsident bietet abtrünnigen Soldaten und Wehrdienstverweigerern
> Amnestie an. Doch haben diese allen Grund, dem Angebot zu misstrauen.
Bild: Treue zu Assad? Seit Konfliktbeginn 2011 haben Tausende Männer die syris…
Beirut taz | Es sieht aus wie ein Dokument der Versöhnung: Per Dekret hat
Präsident Baschar al-Assad allen Deserteuren der syrischen Armee sowie
Wehrdienstverweigerern Amnestie angeboten. Einzige Voraussetzung ist, dass
die Betroffenen sich den Behörden stellen. Verbreitet wurde das Angebot
über die syrische Nachrichtenagentur Sana.
Demnach müssen sich Deserteure, die sich in Syrien aufhalten, innerhalb von
4 Monaten stellen. Für Deserteure außerhalb des Landes gilt eine Frist von
6 Monaten. Überläufer, die sich der Opposition angeschlossen haben, und die
das Regime als Terroristen betrachtet, sind von der Begnadigung
ausgenommen.
Seit Beginn des Konfliktes 2011 haben Tausende Männer die syrische Armee
verlassen. Einige haben sich oppositionellen Rebellengruppen angeschlossen,
andere flohen ins Ausland, um einer weiteren Zwangsrekrutierung zu
entgehen. Die Furcht vor Strafverfolgung wurde in der Vergangenheit immer
wieder als zentraler Hinderungsgrund für die Rückkehr der Geflüchteten
genannt.
Assads Verbündete begrüßten den Erlass. Noch am Tag der Veröffentlichung
bezeichnete der russische Außenminister Sergeij Lavrov den Text als
„Schritt in Richtung einer nationalen Versöhnung“. Doch ob die Amnestie
tatsächlich dazu führen wird, dass wehrpflichtige Männer in großer Zahl in
ihre Heimat zurückkehren, ist zweifelhaft. Das Regime in Damaskus hat in
der Vergangenheit bereits mehrmals ähnliche Vorstöße unternommen –
allerdings ohne großen Erfolg. Aus den vom Regime zurückeroberten
Rebellengebieten kommen zudem vermehrt Berichte, wonach
Wehrdienstverweigerer und Deserteure dort weiterhin verhaftet werden.
Darüber hinaus bietet das nun erlassene Dekret keinerlei
Sicherheitsgarantien für die Betroffenen. Wer sich innerhalb der genannten
Frist stellt, kann trotzdem auf der Grundlage anderer Verstöße verhaftet
werden. Deserteure werden auch nicht vom Wehrdienst befreit, sondern können
sofort wieder eingezogen werden.
## Dem Westen guten Willen zeigen
Daher ist die Sorge groß, dass Assads Angebot nicht ernst gemeint ist.
Beobachter in Beirut sehen in dem Dekret vor allem einen politischen
Schachzug des syrischen Regimes. Bassam Barabandi, ein ehemaliger syrischer
Diplomat, der zur Opposition übergelaufen ist, bezeichnete den Text gar als
reine Propaganda. Es gehe dem Assad-Regime vor allem darum, guten Willen
gegenüber dem Westen zu demonstrieren, um Gelder für den Wiederaufbau des
Landes zu bekommen, sagte Barabandi der libanesischen Tageszeitung Al
Nahar.
Für das Assad-Regime dürfte zudem eine Rolle spielen, dass es die Reihen
der eigenen Armee auffüllen muss. Vor allem angesichts einer möglichen
Offensive gegen die letzte Rebellenhochburg Idlib. [1][Vor wenigen Tagen
bezeichnete Assad] den Mitte September zwischen Russland und der Türkei
geschlossenen Deal über die Einrichtung einer demilitarisierten Zone als
„vorübergehende Maßnahme“. Die Provinz werde, wie alle anderen von
„Terroristen“ gehaltenen Gebiete, zukünftig wieder unter die Kontrolle des
syrischen Staates fallen.
Doch sowohl Russland als auch Iran sind zurückhaltend, was ihre
Unterstützung bei einer Militäroffensive in Idlib angeht. Zugleich ist die
syrische Armee allein derzeit nicht in der Lage, den oppositionellen
Milizen vor Ort die Stirn zu bieten. Vor diesem Hintergrund haben
geflüchtete Soldaten allen Grund, den Motiven des Regimes zu misstrauen:
Jeder, der von der Amnestie Gebrauch macht, muss damit rechnen, kurze Zeit
später als Soldat in einer Einheit der syrischen Armee zu landen – und dort
auch unter besonderer Beobachtung zu stehen.
15 Oct 2018
## LINKS
[1] /Syrische-Region-Idlib/!5542450
## AUTOREN
Jakob Farah
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Amnestie
Baschar al-Assad
Idlib
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