Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Parteitag der Berliner CDU: Hoffen auf ein Wunder
> Die CDU hält ihren Parteitag in der Auferstehungskirche ab – für
> Landeschefin Monika Grütters angesichts des Umfragetiefs von 17 Prozent
> der passende Ort.
Bild: Nicht alle sind mit Landeschefin Monika Grütters einverstanden
Könnte man Angst in Scheiben schneiden, dann müsste es bei den
CDU-Delegierten im Saal Salami im Überangebot geben. Es ist der Tag vor der
Bayernwahl. Nicht nur in München, auch in Hessen droht den Parteifreunden
demnächst ein Desaster. Und vor allem: Die Berliner CDU selbst, die an
diesem Samstagmorgen bei ihrem Parteitag im Umweltforum in Friedrichshain
zusammen sitzt, kommt derzeit mit 17 Prozent in Umfragen so schlecht weg
wie nie. Gründe dafür mögen die Christdemokraten nicht benennen – außer,
dass der unionsinterne Streit auf Bundesebene sich natürlich auch auf der
Landesebene bemerkbar macht.
Seltsam kraftlos wirkt die Rede der Landesvorsitzenden Monika Grütters,
bescheiden fällt der Applaus am Ende aus. „Wir alle sind nervös und
enttäuscht von den Ergebnissen“, sagt sie mit Blick auf die Umfragen.
Grütters versucht sich auch in einer Art Galgenhumor: Man tage aus ihrer
Sicht am richtigen Ort, „unterm Kreuz, passt ganz gut“ – das Umweltforum
ist in der Auferstehungskirche untergebracht. So, als wäre die CDU
inzwischen nur durch ein Wunder wieder zu beleben. Lacher löst das nicht
aus.
„Der Funke springt nicht über“, kritisiert gegenüber der taz ein führend…
Funktionär. Über Grütters' Vorgänger Frank Henkel könne man ja sagen, was
man wolle – aber der habe den Saal gerockt. Nun verklärt die Zeit so
einiges, und auch Henkel lieferte schon mal schwache Reden ab. Aber es gibt
auch andere, die mit der Parteichefin nicht einverstanden sind.
Das zeigt sich am besten, als die Junge Union einen Mitgliederentscheid
über die Spitzenkandidatur schon für den Sommer 2019 beantragt. Grütters
hat sich bislang nicht festgelegt, ob sie bei der nächsten
Abgeordnetenhauswahl Spitzenkandidatin sein will oder nicht. Dringend rät
Generalsekretär Stefan Evers, Grütters engster Vertrauter in der
Parteiführung, vom Vorschlag der Jungen Union ab: „Das fast sichere Aus“
nennt er eine zu frühe Festlegung, man solle doch lieber den Vorstand ein
Verfahren entwickeln lassen. Die Mehrheit der Delegierten folgt zwar – aber
gut ein Drittel lehnt ab, was für CDU-Verhältnisse schon in Richtung
Aufruhr geht.
Inhaltlich hat die CDU durchaus etwas zu bieten bei diesem Parteitag. So
beschließt sie etwa einen Masterplan zur Wohnungspolitik. Der geht weit
hinaus über ein Abwatschen von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher
(Linkspartei), auch wenn die als „Bau-Verhinderungs-Senatorin“ herhalten
muss.
Die CDU will demnach eine Quote für bezahlbare Wohnungen bis 6,50 Euro/qm –
für jede vierte soll das gelten. Für ein weiteres Viertel schlägt die
Partei etwas Neues vor: Diese Wohnungen sollen 13 Euro/qm kosten dürfen –
laut CDU lässt sich darunter nicht kostendeckend bauen. Sie sollen Menschen
zugute kommen, die keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, aber nur
bis zu einem Drittel über dem entsprechenden Grenzwert verdienen: Sie
sollen bis zu fünf Euro Zuschuss erhalten.
Eingangs aber sieht Generalsekretär Evers erst einmal die Notwendigkeit zu
erklären, warum der Parteivorstand nicht mit dazu aufgerufen hat, an der
Unteilbar-Demo am selben Tag teilzunehmen. Die Ziele, ja okay – „Sie finden
da eine Reihe von wohlklingenden und wohlmeinenden Forderungen“ – aber man
müsse ja gucken, mit wem man sich da zusammen tue.
Was folgt, ist ein Werbeblock für die taz: Evers zitiert aus einem gerade
erschienenen Interview, in dem Demo-Anmelder Lukas Theune sagt: „Wenn man
ein Haus besetzt, muss man dabei möglicherweise auch mal ein Schloss
knacken. Das finde ich verständlich, sonst kommt man ja nicht rein.“ Für
Evers ist das Ausdruck linksextremer Gesinnung, mit der er nichts zu tun
haben will. Er kritisiert Spitzenpolitiker von SPD und Grünen für ihre
Beteiligung an der Demo. Da hat er die CDU-Delegierten weitgehend hinter
sich. Grütters wiederum sieht sich unter Druck, begründen zu müssen, warum
sie als Kulturstaatsministerin nicht anders konnte als den langjährigen
Gedenkstätten-Chef Hubertus Knabe zu entlassen.
Es brodelt also in der Partei, aber es bricht nicht aus an diesem
Vormittag. Die absehbaren Wahlniederlagen in Bayern und Hessen vor Augen,
die folgenden Verwerfungen auf Bundesebene – das ist schon zu viel, um hier
und heute auch in der Landespartei intensiver zu streiten. „Ich bin mir
sicher, dass wir mutig und geschlossen handeln“, sagt Grütters
abschließend. Sie wünscht den Delegierten, gut nach Hause zu kommen – und
nicht in der Demo am nur zwei Kilometer entfernten Alexanderplatz hängen zu
bleiben.
14 Oct 2018
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
CDU Berlin
Monika Grütters
#Unteilbar
Parteitag
CDU
Monika Grütters
Monika Grütters
Monika Grütters
CDU Berlin
Monika Grütters
## ARTIKEL ZUM THEMA
Berlin-Bashing bei der CDU: Es gibt nur eine Hoffnung für Berlin
Jens Spahn und Annegret Kramp-Karrenbauer vergleichen Berlin auf der
CDU-Regionalkonferenz mit der Bronx. Friedrich Merz hält sich da mehr
zurück.
Parteitag der Berliner Union: Kleine Revolten in der CDU
Verliert Grütters die Kontrolle über die Partei? Die Basis wählt eine
andere EU-Spitzenkandidatin als geplant. Und dann ist da die Debatte über
die Merkel-Nachfolge.
Berliner CDU und Merkel-Nachfolge: Es wird schwer für Grütters
Merkel hat angekündigt, nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren.
Auch der Berliner Landesverband stimmt über die Nachfolge ab. Ein
Wochenkommentar.
Landesparteitag der Christdemokraten: Am Tiefpunkt
Die CDU ist auf 17 Prozent abgesackt – trotz des Wechsels an der
Fraktionsspitze. Der neue Chef Burkard Dregger erklärt das auch damit, dass
ihn noch keiner kenne.
Kommentar zur CDU-Personalpolitik: Die bessere Mischung
Burkard Dregger, konservativer Innenpolitiker der Berliner CDU, kann als
Fraktionschef das Parteispektrum mehr erweitern als der als liberal
geltende Ex-Senator Mario Czaja.
Landesvorsitzende von CDU und SPD: Zwischen Paris und Parteitag
Monika Grütters (CDU) und Michael Müller (SPD) sind zwar beide Landeschefs,
durchleben aber gerade völlig konträre Gefühlslagen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.