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# taz.de -- Konflikt im Hambacher Forst: Polizei beseitigt Blockaden
> Die Räumung der Baumhäuser ist ausgesetzt. Am Freitag machte sich die
> Polizei daran, Wege freizuräumen. Sie stieß auf Widerstand.
Bild: Die Räumung im Hambacher Forst ist ausgesetzt, dennoch beseitigte die Po…
Berlin taz | Nach dem [1][tödlichen Sturz eines Journalisten] von einer
Hängebrücke am Mittwoch ruht die Räumung der Baumhäuser – zunächst. Nach
einer Nacht ohne Zwischenfälle seien diese Arbeiten nach Anweisung der
Landesregierung weiterhin ausgesetzt, sagte eine Polizeisprecherin am
Freitag. Dennoch blieb es nicht friedlich im Wald.
Denn die Polizei ging zwar nicht mehr direkt gegen Baumhäuser vor,
versuchte aber, Wegblockaden zu beseitigen. Dabei kam es zu
Auseinandersetzungen mit Aktivist*innen. Man werde „Personen von Tri- und
Monopods holen müssen“, meldete die Polizei Aachen auf Twitter. Die
juristische Begründung lautete „Sicherheitsvorkehrungen“.
Laut Polizei müssen die Wege freigemacht werden, um Rettungs- und
Fluchtwege offen zu halten. Schließlich habe sich gezeigt, wie notwendig
ein schneller Zugang im Notfall sei. Der Energiekonzern RWE sei rechtlich
dazu verpflichtet, ihn zu gewährleisten. Bereits am Donnerstag habe man
dazu aufgerufen, die Barrikaden zu entfernen – vergeblich. „Deshalb muss
RWE heute tätig werden und die #Polizei #Aachen wird die Arbeiter
schützen“, twitterte die Polizei und betonte: „Es handelt sich NICHT um
eine Baumhausräumung“.
## Versuch der Räumungsfortsetzung kritisiert
Aktivist*innen kritisierten dennoch, die Einsatzkräfte verstießen mit ihrem
Vorgehen gegen den vereinbarten Räumungsstopp. Eine fortgesetzte Räumung
der Baumhäuser würde genauso beginnen wie die aktuellen Arbeiten. Daher sei
das Vorgehen eine Provokation und komme einer verdeckten Fortführung der
Räumung gleich. Auf Nachfrage erklärte eine Sprecherin der Polizei Aachen:
„Baumhäuser werden nicht geräumt, zumindest nicht nach meinem
Kenntnisstand“. „Wahrscheinlich waren diese barrikadenartigen Strukturen
vorher noch nicht da“, sagte sie. „Das muss weg.“
Per Live-Streams von Aktivist*innen und teilweise über Twitter konnte man
verfolgen, was im Wald vor sich geht. Nach mehreren Appellen entfernte die
Polizei zunächst erste kleinere Barrikaden auf den Wegen, wobei es zu
Rangeleien mit etwa 30 Menschen kam, die immer wieder Sitzblockaden
errichteten.
Bei einem durch Seile mit einem Tripod verbundenen Monopod kamen die
Arbeiten zunächst zum Erliegen. In den teilweise bedrohlich schwankenden
Seilen zwischen den Barrikaden hingen Aktivist*innen in mehreren Metern
Höhe. Beamt*innen wurden mit Kot beworfen. Sie zogen Harvester und andere
Räumgeräte schließlich wieder ab. Die Presse war vor Ort und zwei
parlamentarische Beobachter ebenfalls.
## RWE hält an Waldrodung fest, Aktionsbündnis empört
Der Essener Energiekonzern RWE hält trotz des tragischen Todesfalls daran
fest, [2][den Hambacher Wald roden zu wollen]. Selbst ein kurzfristiger
Verzicht darauf würde das Unternehmen vier bis fünf Milliarden Euro kosten,
sagte RWE-Chef Rolf Martin Schmitz am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung
„Maybrit Illner“. „Die Annahme, dass der Forst gerettet werden kann, das
ist Illusion. Und ich bin tief betroffen, dass für eine solche Illusion,
für ein solches Symbol gestern ein Mensch gestorben ist“, sagte Schmitz.
Umweltaktivistin Antje Grothus, ebenfalls Gast der Sendung, entgegnete:
„RWE hat jedes Jahr gesagt ‚Wir können die Rodung nicht aussetzen, dann
steht der Tagebau still‘. Das stimmt auch in diesem Jahr nicht.“
Sprecher*innen der Aktivist*innen im Wald erklärten in einer
Pressemitteilung des Aktionsbündnisses Ende Gelände indes, die Forderung
von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), die Besetzung abzubrechen, sei
„zynisch und geschmacklos“. Laut Aussagen von Freunden des Verunglückten
wäre es auch nicht in dessen Sinne. „Die aktuelle Räumung findet statt,
ohne dass den Menschen auch nur eine Nacht ruhiger Schlaf ohne massiver
Polizeipräsenz, Flutlichter und Generatorenlärm zugestanden wurde“, heißt
es weiter. „Wir fordern, dass Polizeipräsident Weinspach und Innenminister
Reul alle laufenden Maßnahmen abbrechen und sämtliche Kräfte aus dem Wald
abziehen.“
Karolina Drzewo, Sprecherin von Ende Gelände, sagte: „Die Landesregierung
zeigt mit der aktuellen Räumung, dass sie die Interessen von RWE ohne einen
letzten Funken Anstand durchsetzt. Herr Reul missachtet hier nicht nur die
Klimakrise sondern auch den Respekt für Trauer.“
## „Gegen den erklärten Willen der Mehrheit“
Auch die Aktion Unterholz und die Initiative Buirer für Buir reihten sich
in die Kritik ein. „Zu diesem Zeitpunkt den Einsatz gegen den erklärten
Willen der Mehrheit der Bevölkerung durchzudrücken ist nicht nur
unerträglich für Angehörige, Freund*innen und Betroffene, sondern
angesichts des politischen Willens auch undemokratisch“, sagte Hubert
Perschke von Buirer für Buir.
Online-Umfragen von Emnid und YouGov, beide vor dem Todesfall durchgeführt,
hatten in den letzten Tagen ergeben, dass die Mehrheit der Deutschen die
Waldbesetzung unterstützt und einen Kohleausstieg bis 2030 fordert.
21 Sep 2018
## LINKS
[1] /Toedlicher-Sturz/!5537191
[2] /Nach-Todesfall-im-Hambacher-Forst/!5537342
## AUTOREN
Andrew Müller
## TAGS
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