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# taz.de -- Gastkommentar zu Klarnamen im Netz: Lebensgefahr für Regimekritiker
> Es mag viele gute Gründe für Klarnamen im Netz geben. Doch Anonymität
> kann überlebenswichtig sein – für Menschen, die nicht in Demokratien
> leben.
Bild: Licht in der Dunkelheit: Facebook, Twitter und YouTube konstituieren gera…
Presse- und Meinungsfreiheit zu verteidigen, macht nicht immer Freude:
„Keine Sorge: Wir kriegen dich! Egal, wo du dich versteckst, wir spießen
dich auf,“ lautete etwa eine anonyme Drohung per Twitter, nachdem ich in
einem Radiointerview die „Lügenpresse“-Rufe von Pegida-Demonstranten
kritisiert hatte. Ja, ich wüsste nur allzu gern, wer mir für meine Meinung
de facto einen Mord androht. Das Twitter-Konto wurde gesperrt, sonst
passierte nichts. Trotzdem bin ich gegen [1][eine Klarnamenpflicht in
sozialen Medien].
Denn fast täglich lerne ich Menschen wie die syrischen Bürgerjournalisten
von Raqqa Is Being Slaughtered Silently (RBSS) kennen. Sie haben in
sozialen Medien den brutalen Terror-Alltag in Raqqa, der zeitweiligen
Hauptstadt des sogenannten Islamischen Staats, dokumentiert. Durch ihre
Arbeit im Schutz der Anonymität an einem Ort, in den sich internationale
Journalisten damals nicht mehr trauten, bekamen die IS-Propaganda-Bilder
Risse. Hätte es eine Klarnamenpflicht gegeben, wären die meisten
RBSS-Aktivisten einfach aufzuspüren gewesen und ermordet worden – einige
wurden es dennoch.
Das Beispiel aus Syrien zeigt: Facebook, Twitter, YouTube und Co. sind mehr
als private Konzerne. Sie konstituieren gerade in autoritären und
repressiven Regionen demokratische Öffentlichkeit, sie sind informationelle
Grundversorger. Das in Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte entwickelte Recht auf Privatsphäre definierte 1948 für die
Offline-Welt das Menschenrecht, in der Öffentlichkeit anonym bleiben zu
dürfen. Wenn Facebook, Twitter und Co. jedoch Teil der modernen globalen
Öffentlichkeit sind, dann gilt dieses Menschenrecht eben auch online in
Syrien genauso wie in Deutschland.
Das Beispiel der syrischen Aktivisten zeigt, dass Anonymität
überlebenswichtig sein kann. Mal davon abgesehen, dass mehrere empirische
Untersuchungen nahelegen, dass es [2][zwischen Beschimpfungen und
Anonymität] keine eindeutige Korrelation gibt.
Lesen Sie auch die Gastkommentare: [3][Demokratie braucht Anonymität von
Yannick Haan] und [4][Die feigen Social-Media-Hetzer von Daniel Mack]
20 Sep 2018
## LINKS
[1] /Gastkommentar-Klarnamenpflich-im-Netz/!5533340
[2] /Gastkommentar-ueber-Hass-im-Netz/!5533279
[3] /Gastkommentar-Klarnamenpflich-im-Netz/!5533340
[4] /Gastkommentar-ueber-Hass-im-Netz/!5533279
## AUTOREN
Christian Mihr
## TAGS
Klarnamen
Regimekritiker
Syrischer Bürgerkrieg
Schwerpunkt Meta
Datenschutz
Social Media
Schwerpunkt Meta
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