Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ratsmitglied zum Bonner Schulfrühstück: „Eltern fehlt das Geld …
> Viele Kinder leben unter der Armutsgrenze. Der Chef des Bonner
> Schulausschusses, Tim Achtermeyer, erklärt, warum Schulen ein Frühstück
> anbieten sollten.
Bild: Nicht jedes Kind bekommt zu Hause vor der Schule etwas zu frühstücken
taz: Herr Achtermeyer, der Schulausschuss hat einen interfraktionellen
Antrag an die Stadtverwaltung gestellt, um Konzepte für ein mögliches
Schulfrühstück an Bonner Schulen zu prüfen. Was genau ist der Gedanke
dahinter?
Tim Achtermeyer: Der Ausschuss will damit prüfen lassen, ob ein mögliches
Frühstück von Kindern in den Bonner Schulen eine Option ist, um Kinderarmut
entgegenzuwirken. Wir beobachten schon seit längerem, dass viele Schüler in
der Stadt ohne Frühstück in die Schule kommen. Die Gründe dafür können
unterschiedlich sein. Entweder den Eltern fehlt das Geld – jedes fünfte
Kind lebt in Bonn und ebenfalls bundesweit unter der Armutsgrenze – oder
die Zeit, manche kommen ihrer Versorgungspflicht auch einfach nicht nach.
Was ist der Anlass für diesen Antrag, warum wird er gerade jetzt gestellt?
Kinderarmut ist vor allem ein bundespolitisches Thema und Sozialpolitik im
bundespolitischen Zuständigkeitsbereich. Aus meiner Sicht passiert dort
deutlich zu wenig. In der Kommune können wir nur sehr bedingt etwas dagegen
tun, aber wir sehen die Konsequenzen. Wir haben uns in Bonn schon länger
gefragt, wie wir kommunalpolitisch gegen Kinderarmut handeln können. Im
Frühling hat dann der Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut
beschlossen, die Forderung nach einem Schulfrühstück zu stellen. Nun sind
wir dieser Forderung mit mehreren Fraktionen nachgekommen.
Was ist bei dem Konzept eines Schulfrühstückes zu beachten?
Wir wollen ein Instrument schaffen, was die Kinder die hungrig in die
Schule gehen tatsächlich erreicht. Damit wollen wir ein Stück
Chancengleichheit schaffen – immerhin schlägt sich ein hungriger Magen auch
in den Verhaltensweisen und letztendlich in den Noten negativ aus. Die
große Herausforderung dabei ist, die Kinder vor Stigmatisierung zu
schützen. Wenn Mitschüler merken, dass ein Kind Frühstück von der Schule
bekommt, sehe ich dir Gefahr, dass die Kinder Opfer von Stigmatisierung und
Mobbing werden. Ich bin in meiner Kindheit eine Zeit lang in Kanada zur
Schule gegangen. Dort mussten die Kinder, die ein vergünstigtes Essen
bekommen haben, dieses in einem separaten Raum verzehren. Sie hatten es in
der Schule oft schwer. Das gilt es zu vermeiden.
Leiter Bonner Grundschulen haben im General-Anzeiger Bonn [1][Skepsis
gegenüber eines Schulfrühstücks] geäußert und beispielsweise davor gewarnt,
Eltern dazu zu verpflichten, ihre Kinder in der Schule frühstücken lassen
zu müssen. Was halten Sie von dem Einwand?
Der Einwand ist richtig. Egal wie das Instrument konkret ausgestaltet wird,
es darf nicht nur in einer Frühstückspflicht in der Schule enden. Für viele
Familien ist das Frühstück die einzige gemeinsame Mahlzeit am Tag, bei der
der Tag besprochen wird und Zeit für Familie bleibt. Das wollen wir auf
keinen Fall gefährden. Wir wollen nur verhindern, dass die Schülern, die
kein Frühstück zu Hause bekommen – aus welchen Gründen auch immer – mit
hungrigem Magen in der Schule sitzen.
Wir dürfen gleichzeitig die Schulen nicht überfordern. Das heißt, das
Schulfrühstück darf kein Bürokratiemonster werden und muss gut geplant
sein. Manch einer hat sehr große Vorstellungen, was den Rahmen angeht. Je
nach Konzept bräuchte man zum Beispiel Personal, Räumlichkeiten,
Lieferanten, und so weiter. Der Teufel liegt hier im Detail. Wir als
Kommunalpolitiker sind der Komplexität dieser Planung mit seinen vielen
Aspekten nicht so gewachsen wie unsere Fachverwaltung und haben deshalb
auch den Antrag an diese gestellt.
Die Ratsfraktion der SPD hat im Schulausschuss beantragt, direkt einen
Betrag von 500.000 Euro für dieses Projekt bereitzustellen. Diesen Antrag
verwies der Ausschuss ohne Votum an den Finanzausschuss. Wieso?
Aus meiner Sicht wäre es Symbolpolitik, nun ohne irgendeine Grundlage
einfach einen aus der Luft gegriffenen Betrag X für dieses Vorhaben
bereitzustellen. Die sinnvolle Reihenfolge ist eher, dass nach unserem
Antrag an die Stadtverwaltung ein Konzept von dieser ausgearbeitet wird.
Darauf basierend muss dann die Berechnung vorgenommen werden. Erst dann
können wir fundiert über Zahlen reden.
19 Sep 2018
## LINKS
[1] http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Stadt-Bonn-will-Schulfr…
## AUTOREN
Dariusch Rimkus
Tim Achtermeyer
## TAGS
Schule
Stigmatisierung
Kinderarmut
Frühstück
Bonn
Ausschuss
Familie
Bedingungsloses Grundeinkommen
Kinderarmut
## ARTIKEL ZUM THEMA
Warnung vor Dunkelziffer: Kinderarmut höher als befürchtet
1,4 Millionen mehr Kinder als angenommen sollen unter Armut leiden. Weil
ihre Familien keine Staatshilfe beziehen, fehlen sie in der Statistik.
Debatte Grundeinkommen für Eltern: Bedingungslos für Kinder
Ein bedingungsloses Grundeinkommen für Eltern würde ärmere Familien nicht
nur entlasten. Sie hätten dann auch mehr Zeit für den Nachwuchs.
Bertelsmann-Studie zu Kinderarmut: Arbeitslose Mütter, arme Kinder
Sind Frauen nicht erwerbstätig, steigt das Risiko, dass ihre Kinder
verarmen, signifikant. Das betrifft besonders stark Alleinerziehende, aber
auch Frauen in Paarbeziehungen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.