# taz.de -- Nach rechten Demos in Chemnitz: Streit unter AfDlern | |
> Weil die AfD den Abbruch des „Schweigemarschs“ durch die Polizei in | |
> Chemnitz akzeptierte, tobt ein Streit in der Szene. Auch ein | |
> AfD-Abgeordneter poltert. | |
Bild: Björn Höcke wird nicht nur von Gegendemonstranten kritisiert, sondern a… | |
HAMBURG taz | Die schnelle Hinnahme des [1][Abbruchs des Schweigemarschs | |
von AfD und Pegida durch die Polizei] in Chemnitz löst heftige Kritik im | |
rechten Milieu aus. Mitorganisatoren und Mitläufer des Marschs am | |
vergangenen Samstag sind wütend. Vor allem die AfD wird als unfähig und | |
unglaubwürdig angegangen: „Nicht nur der Rechtsstaat hat in Chemnitz | |
kapituliert“, poltert Hans-Thomas Tillschneider, AfD-Landtagsabgeordneter | |
in Sachsen-Anhalt. | |
[2][Im neurechten Portal Sezession.net] schreibt er: „Die Szene war von | |
seltener Würdelosigkeit. Aus dem Lautsprecher auf dem Demonstrationswagen | |
kam von irgendjemandem die Ansage, dass der Rechtsstaat kapituliert habe | |
und die Versammlung aufgelöst sei“. Dann hätten die an der „Spitze | |
stehenden Parteioberen durch eine Rettungsgasse“ sich „schnellen Schrittes | |
als erste entfernt“, schildert er. „Ich stand mitten in der Menge und | |
musste Beschimpfungen meiner Partei anhören, die ich hier besser nicht | |
wiedergebe. Fakt ist: Die polizeiliche Anweisung war Willkür.“ | |
Gegen diese Anordnung hätte sich widersetzt werden müssen, klagt | |
Tillschneider, der [3][Vorsitzender der Patriotischen Plattform und eng mit | |
der Identitären Bewegung verbunden] ist. „Eine Partei, die sich Alternative | |
für Deutschland nennt, aber im Angesichts des Unrechts keine Alternative | |
mehr zu bieten und sogar nichts Besseres zu tun hat, als das Unrecht | |
eilfertig zu befolgen, gefährdet ihre Substanz.“ Es hätte viele gewaltlose | |
Alternativen des zivilen Ungehorsams gegeben, beispielsweise Sitzstreiks | |
oder Spontandemonstrationen. | |
Schon am Samstag hatten die Mitunterstützer Pro Chemnitz und Pegida | |
behauptet, dass die Verantwortung des Stopps nach 500 Metern alleine bei | |
der AfD lag. Sie hätten diese Polizeimaßnahmen nicht so hingenommen, meinte | |
Pegida-Begründer Lutz Bachmann in einen Livestrem und bilanzierte eine | |
„grandiose Niederlage“. Einen Tag später legt er auf seinem Youtubekanal | |
ausführlich nach. Die zentrale Botschaft: Pegida hätte die nötige Erfahrung | |
für Großaufmärsche, die AfD nicht. | |
Das ist auch ein Affront gegen den thüringischen AfD-Fraktionvorsitzenden, | |
Björn Höcke. Der hat schließlich 2015 über Wochen hinweg Aufmärsche mit bis | |
zu 5000 Teilnehmenden mitverantwortet. In dem Clip wirft Bachmann auch | |
Teilen der AfD-Führung, insbesondere den West-Verbänden vor, jetzt Pegida | |
auszugrenzen. | |
Dem Kritisierten springt ein enger Freund bei: Götz Kubitschek, Mitgründer | |
des neurechten Thinktanks „Institut für Staatspolitik“. Die „anwesenden | |
AfD-Spitzen“ hätten sich zwar durch „einen unschönen Abgang durch die | |
verblüfften und aufgebrachten Menschen“ der Auseinandersetzung entzogen: | |
„Man sah die Abgeordneten und Landeschefs nebst ihren Leibwächtern im | |
selben Moment durch eine Gasse das Feld verlassen, als die ersten | |
Sprechchöre gegen die Blockade aufbrandeten und gegen den Riegel der | |
Polizeikräfte gedrückt wurde“, schreibt er auf Sezession.net. | |
## Kein friedlicher Protest | |
Doch er erklärt zudem, dass die AfD gar nicht anders gekonnt hätte. „Die | |
AfD will und muss sich als Verteidigerin des Rechtsstaats gegen die | |
Rechtsbeugung und die Auslegungswillkür der Altparteien präsentieren und | |
legitimieren und dieser Wunsch nach einer lupenreinen Weste führt in | |
Ausnahmesituationen regelmäßig dazu, dass man den Staat und seine | |
Machtmittel nicht als Gegner wahrnimmt“, führt er aus und setzt fort: „Was | |
für ein grandioser Irrtum!“. | |
Das Dilemma der „konservativ-revolutionären AfD“ wäre des Weiteren, dass | |
sie auch als „diejenige Kraft“ angetreten sei, die „gerechtfertigten | |
Protest, Zorn, Aufstand der Bürger gegen die Zerstörung der Ordnung in | |
unserem Land eine wirkungsvolle Stimme geben“ will. Beiden Ansprüchen – f�… | |
die Ordnung und für die Grenzüberschreitung – einzutreten, könne die AfD | |
allerdings nicht gerecht werden. | |
„Die Reaktion unkontrollierbarer Gruppen innerhalb der | |
Demonstrationsteilnehmer und die überproportionale Steigerung solcher | |
Vorfälle durch die Deutungsmacht der Leitmedien machen der AfD in solchen | |
Situationen jeden Ungehorsam unmöglich“, betont er und fordert: „Keine | |
Großdemonstrationen mehr unter der Fahne der AfD. Lasst das andere | |
machen!“. In dieser Forderung Kubitscheks schwingt mit, dass der Protest | |
nicht friedlich verlaufen müsse. Verwunderlich ist das nicht: Schon länger | |
spekuliert er [4][in seinen Schriften über einen „Vorbürgerkrieg“.] | |
4 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Rechte-Aufmaersche-in-Chemnitz/!5532759 | |
[2] /Strategien-der-Neuen-Rechten/!5512485 | |
[3] /AfD-will-mit-Pegida-kooperieren/!5485874 | |
[4] /Die-Stichwortgeber-der-Rechten/!5289232 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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