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# taz.de -- Kommentar Chemnitz-Ausschreitungen: Moment der Politisierung
> Die Generation der zwischen 1980 und 1990 Geborenen ist politisch kaum
> aktiv. Die beängstigenden Vorfälle von Chemnitz sollten das ändern.
Bild: Keine Ruhmestage für die Polizei in Chemnitz
Für die Generation der zwischen 1980 und 1990 Geborenen gibt es viele
Namen. Wir sind die Generation Praktikum, Generation Y, Generation Netflix
und Tinder. Wahrscheinlich auch die Generation Start-up und Generation
rentenlos. Was wir bisher kaum sind, ist politisch aktiv.
Bis vor ein paar Tagen schien die Notwendigkeit, sich politisch zu
engagieren, zwar gegeben, aber nicht absolut unausweichlich. [1][Chemnitz
ändert das.] Neonazis, die „Wir sind das Volk“ skandieren und den Arm zum
Hitlergruß ausstrecken. Ein rassistischer Mob, der Menschen wegen ihres
Aussehens auf offener Straße jagt. BürgerInnen, die mit den Nazis mitlaufen
und so Hass und Gewalt als „normale Sorgen“ legitimieren. Eine Polizei, die
viel zu schlecht aufgestellt ist, und nicht zuletzt PolitikerInnen, die
viel zu lange schweigen. Wenn jetzt nicht der Moment ist, politisch laut zu
werden, wann dann?
Die Bilder aus Chemnitz zeigen, dass wir unsere Vorstellung vom sicheren
öffentlichen Raum spätestens jetzt korrigieren müssen. Als Teil einer
privilegierten gesellschaftlichen Mittelschicht sind viele von uns zu lange
davon ausgegangen, dass uns dieser Raum einfach gehört. Und um als
politisch zu gelten, reichte es, beim Feierabendbier den eigenen
Weltschmerz kundzutun. Radikalität? Bloß nicht. Das ist nichts für die
Mitte der Gesellschaft, das ist was für die Antifa.
Die beängstigenden Vorfälle von Montagabend markieren eine Zäsur. Jetzt
sichtbar für die demokratische Grundordnung einzutreten, ob bei Demos oder
in den sozialen Medien – das ist nicht die alleinige Aufgabe von
PolitikerInnen und AktivistInnen in Kapuzenpullis. Es ist auch unsere.
Den 68ern haftet bis heute das Image an, politisch, laut und unangepasst
gewesen zu sein. Die 90er Jahre stehen für schlechten Musikgeschmack – und
ihre Kinder für Bewegungen, die in digitalen Filterblasen durch Hashtags
angestoßen werden. Wir gehen häufiger ins Internet als auf die Straße. Aber
auch da gilt: Falls in 30 Jahren jemand fragt: „Wie wurdest du eigentlich
politisiert?“, [2][dann sollten wir antworten: „Chemnitz“.]
29 Aug 2018
## LINKS
[1] /Eine-ostdeutsche-Grossstadt-in-Aufruhr/!5532080
[2] /Kommentar-Rechter-Mob-in-Chemnitz/!5528209
## AUTOREN
Lin Hierse
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Rechtsradikalismus
Chemnitz
Sachsen
Sebastian Czaja
Horst Seehofer
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