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# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Das haarige Testosteronpaket
> Der Schauspieler Burt Reynolds ist tot. Jetzt weinen auch die, die nun
> nicht mehr seinen beeindruckenden „chest muff“ streicheln können.
Bild: Burt Reynolds hat das Brusthaar in Ehren ergrauen lassen
Boah, welch ein Bart, welch eine Brust, was für Beine. Das mag jetzt etwas
oberflächlich klingen, Verzeihung, aber man ist ja auch nur eine Frau. Oder
ein Mann. Oder nichts von beidem. Burt Reynolds, das haarige
Testosteronpaket (und damit ist seine Rolle als Testosteron in Woody Allens
„Was Sie schon immer über Sex wissen wollten“ gemeint), wirkte
flächendeckend sexy.
Wer sich nicht stante pede ranwanzen wollte an Reynolds’ lasziv
ausgestreckten nackten Körper, dessen Grenzen [1][auf dem ikonischen, 1972
entstandenen Foto aus der Cosmopolitan] beeindruckend organisch mit dem
Bärenfell verschwimmen, auf dem er liegt, der hat wohl noch nie gefroren.
„Chest muff“ nennt man das, [2][was Burt Reynolds rumpfoberhalb und
kopfunterhalb stolz über den Muskeln präsentiert], und ja, jener „chest
muff“ schränkte ihn auf gewisse Art ein: Ein Sexsymbol, davon sangen und
singen seine Kolleginnen beständig Lieder, hat es schwer, für andere
Qualitäten gesehen zu werden.
Spielen konnte der Mann nämlich ebenfalls, nicht nur in Abenteuerfilmen der
1960er und 1970er, in denen der Schnauzbart (als Andeutung der haarigen
Restzustände seines Körpers) eine kaum hinterfragte Männlichkeit und Potenz
symbolisierte; sondern auch im grandiosen Paul-Thomas-Anderson-Drama
„Boogie Nights“ von 1997. Hier setzt Burt all das ein, was ihn jahrelang
auf die Figur des Action-Machos festlegte, um in einer sensiblen
Charakterstudie zu zeigen, was aus einem solchen Mann im Alter wird: Der
(bestimmt) griffige „chest muff“ mutierte plötzlich zur besten möglichen
Verkleidung – es kann eben anstrengend sein, ständig Erwartungen zu
erfüllen, vor allem in Sachen Testosteron.
Reynolds hat das Brusthaar in Ehren ergrauen lassen, den Schnauzer zum
Vollbart ausgeweitet, hat auch als Silberrücken noch nach Qualität gesucht
und sie ab und zu gefunden. In dem anrührenden Film „Dog Years“ von 2017
etwa, in dem er einen vergessenen Ex-Filmstar spielt (!), dem nach
Jahrzehnten mal wieder ein Preis verliehen werden soll. Nach langem
Überlegen entscheidet er sich, den Preis anzunehmen, nur um festzustellen,
dass es sich um einen popeligen Hinterzimmer-Videotheken-Nerd-Award
handelt. Hätte man ihm doch nur einmal das Brusthaar kraulen dürfen! Aber
der Zug ist jetzt leider abgefahren.
7 Sep 2018
## LINKS
[1] https://www.bbc.co.uk/news/magazine-17896980
[2] /Hipster-rund-um-die-Welt/!5154231
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Woody Allen
Männlichkeit
Reiseland USA
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