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# taz.de -- Palm Springs: Tal der verblichenen Sternchen
> Auf Celebrity-Tour zu den Villen von George Hamilton, Burt Reynolds, Liz
> Taylor, Marilyn Monroe.
Bild: Der Pool, in dem einst Frank Sinatra schwamm
Elvis trägt Priscilla über die Schwelle und singt den „Hawaiian Wedding
Song“. Wir schreiben das Jahr 1967, es ist der 1. Mai. Das Glamourpaar,
dessen Hochzeit später vom People-Magazin als „eine der acht großen
Romanzen des Jahrhunderts“ bezeichnet werden soll, hat sich gerade das
Ja-Wort gegeben. Doch dazu war eine Flucht nötig. Heimlich durch den
Hinterausgang hatten sie das Anwesen am 1350 Ladera Circle in Palm Springs
verlassen. Waren in den Privatjet Frank Sinatras gestiegen, um sich in Las
Vegas vermählen zu lassen. Die Zockerstadt in der Wüste ist nur die zweite
Wahl für die Trauung. Geheimplan A hatte Palm Springs vorgesehen, doch die
Presse bekam Wind davon.
„Die Siebziger waren eine einzige Party - und die Sechziger erst!“ Tim
Regalado gerät in Rage, wenn er über Palm Springs redet. Mit seinem gelben
Jeep befördert der Spanischstämmige seit zwölf Jahren Touristen durch die
Winkel seiner Stadt. „Wer wollte als Kind kein Fahrrad, sondern eine
Gitarre geschenkt bekommen?“ „Elvis!“, ruft eine rundliche, mit Schirmmü…
und Sonnenbrille vermummte Frau von der Rückbank. „Das ist riiiichtig!“
feiert Tim.
Mit seinen Gästen spielt er das Spiel „Guess the stars home“ (Errate das
Zuhause des Stars), sein Produkt nennt er „Celebrity Tour“. Der Jeep hat
vor einem Flachbau im Nobelviertel Old Las Palmas zu Füßen der
San-Jacinto-Berge gehalten. Es ist Elvis ehemaliges Domizil, das er als
sein zweites in Palm Springs bezog. Hier entspannte der King von den
Strapazen des Showbiz. Wenn Regalado seinen Jeep anlässt, gehts im
Stop-and-Go in ein Palm Springs von gestern. Vorbei an den ehemaligen
Refugien der Reichen, Bekannten, Schönen, Berüchtigten, Genialen,
Verurteilten und vor allem Verblichenen. Bob Hope, Bing Crosby, George
Hamilton, Burt Reynolds, Spencer Tracy, Katharine Hepburn, Liz Taylor,
Marilyn Monroe. Tim bemüht sich, seiner Show so viel Leben wie möglich
einzuhauchen. Doch viele der bemühten Stars haben längst das Zeitliche
gesegnet oder der Wüstenoase den Rücken gekehrt. Es fehlt der Nachwuchs.
Craig Blau, der Besitzer des Chase-Hotels, mokiert sich über
Celebrity-Touren, wie sie auch andere Unternehmen in Palm Springs anbieten:
„Wo wohnen denn diese Celebs? Das ist doch alles 50 Jahre her.“ Hillary
Angel vom örtlichen Tourismusbüro räumt ein: „Es wohnen keine neuen Stars
in Palm Springs.“ Privatsphären könnten angesichts der dicht nebeneinander
gebauten Domizile „bei all den Paparazzi von heute“ nicht mehr
gewährleistet werden.
Zum jährlichen Golfturnier immerhin oder beim Palm Springs International
Film Festival schauten manche vorbei: „Clint Eastwood, Foxie Brown, Alice
Cooper, Billy Joel“, zählt Angel auf. Dann steigen sie im „Riviera“ ab -
oder im „Parker“, dem ersten Hotel am Platz. Dort ließ immerhin das
Glamourpaar der Gegenwart, Brad Pitt und Angelina Jolie, die Öffentlichkeit
wissen: Wir gehen gemeinsame Wege.
Während Kirk Douglas, Barry Manilow und Zsa Zsa Gabor nebst Gatte die
Stellung halten - denn sie wohnen nach Regalados Angaben noch in Palm
Springs - haben Kurt Russell und Ehefrau Goldie Hawn die Fliege gemacht.
„Sie sind gleich nebenan nach Desert Hot Springs gezogen“, tönt der Guide
in sein Headset. Auch die Liz-Taylor-Villa, an deren verschnörkelter Pforte
vorbeigerollt wird, steht zum Verkauf. Das Angebot wurde zuletzt von zehn
auf sechs Millionen Dollar gesenkt. Viele Ladenlokale in Downtown stimmen
ein. „For Sale“ oder „For Rent“ zeigen die Schilder.
Betrieb herrscht in den Casinos - und das meist ab acht in der Früh. Oder
es trudeln Touristen über die Bürgersteige, den Blick auf den Boden
gesenkt: Entlang des Indian Canyon Drive sind zu Ehren der Stars und
anderer, die sich um das Wohl der Stadt verdient gemacht haben, ähnlich dem
Walk of Fame in Hollywood Sterne in den Boden eingelassen. Marlene
Dietrich, Sophia Loren, Elizabeth Taylor oder Elvis Presley, lesen die
Touristen entlang des Walk of Stars, wie er hier heißt.
Hollywood ist der Grund, warum sich Palm Springs überhaupt zum Mekka der
Berühmtheiten entwickeln konnte. „Die Verträge der Hollywood-Stars sahen
vor, dass sie sich maximal 120 Meilen von ihrem Arbeitsplatz entfernen
durften“, erläutert Touristikerin Angel. Palm Springs sei gerade nah genug
gewesen, um schnell wieder vor den Kameras zu stehen. Und weit genug
entfernt, dass es als Urlaubs- und Rückzugsort herhielt.
Ganz ist das Leben nicht erloschen in den Villen der Stars: Sie werden
vermietet. Für Hochzeiten und Geschäftstreffen. Vor allem aber als
Unterkünfte für die, die der glamourösen Vergangenheit noch näher kommen
wollen als in Regalados Jeep. Etwa in Frank Sinatras „Twin Palms Estate“.
In den Vierzigern hatte sich Ol Blue Eyes nach einem ruhigen Plätzchen
umgesehen und wählte ein Grundstück in der Wüstenoase. Laut „Twin
Palms“-Homepage war Sinatra es, der „dem einst verschlafenen Nest den
Sexappeal verpasste“. Die Villa wurde Schauplatz berüchtigter
Cocktail-Partys des „Rat Packs“ und turbulenter Ehen, die er erst mit
Nancy, dann mit Ava Gardner führte. Wer 1.950 Dollar die Nacht bezahlt,
kann auch einen Riss im Waschbecken inspizieren. Er rührt von einer
Champagnerflasche her, die Sinatra einst nach Ava warf. Kurz darauf ging
auch die Ehe in die Brüche.
Für einen Schnäppchenpreis von 535 Doller pro Nacht ist das Haus der
Familie von Tony Curtis und Janet Leigh zu mieten - das Kinderzimmer der
späteren Scream Queen Jamie Lee Curtis inklusive. Zahlende Gäste dürfen
sich in anderen luxuriös bestückten „Mansions“ wohlfühlen: Sie gehörten
Schauspieler Joseph Cotton (“Citizan Kane“, „Der dritte Mann“), Henry
Mancini (Komponist der Titelmelodie von „Der rosarote Panther“), Howard
Hawks (Regisseur von „Leoparden küsst man nicht“, „Blondinen bevorzugt�…
Lucille Ball (Betreiberin des Hollywood-Studios, in dem die TV-Serien „Star
Trek“ und „Kobra, übernehmen Sie“ entstanden) oder Flugpionier Howard
Hughes.
Frisch Vermählte können es dem King und seiner Priscilla gleichmachen: Für
1.800 Dollar die Nacht kann das „Elvis Honey Moon Hideaway“ bezogen werden.
Vom Schlafzimmer des Anwesens schweift der Blick auf das heiße
Cochella-Tal, wo das Thermometer nicht selten Werte weit jenseits 40 Grad
Celsius zeigt. Ein Butler leistet gegen satten Aufpreis seine Dienste, auch
ein persönlicher Koch ist buchbar. Wer nur einmal das
Mid-Century-Modern-Juwel betreten will, in dem Tochter Lisa Mary mutmaßlich
gezeugt wurde (sie kam exakt neun Monate nach der Hochzeitsnacht am 1.
Februar 1968 auf die Welt), macht eine geführte Tour für 25 Dollar mit. Als
Attraktion wird die „Escape Route“ vermarktet, die das Paar durch die
Hintertür einst auf der Flucht vor der lungernden Presse nahm. Wer heute
zum Honeymoon eincheckt, nimmt die Eingangspforte. Die wilden Zeiten sind
vorbei in Palm Springs.
20 Jan 2010
## AUTOREN
Stefan Robert Weissenborn
## TAGS
Reiseland USA
Woody Allen
Frank Sinatra
Frank Sinatra
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