# taz.de -- Prozess gegen bayerische Polizisten: Nur fast ein Rocker-Skandal im… | |
> Diebstahl, Strafvereitelung, Betrug: Neun Monate lang standen sechs | |
> Beamte vor Gericht. Doch jetzt sprachen die Richter vier von ihnen frei. | |
Bild: Im Nürnberger Prozess sagte ein V-Mann als Zeuge gegen die LKA-Beamten a… | |
Nürnberg taz | Zwei Bewährungsstrafen in Höhe von sieben und drei Monaten | |
und eine krachende Niederlage für die Staatsanwaltschaft – das ist das | |
Ergebnis eines 37 Verhandlungstage dauernden Verfahrens, das an diesem | |
Freitag in Nürnberg sein Ende fand. Sechs Beamte des Landeskriminalamts | |
Bayern standen hier seit letztem November vor Gericht. [1][Die Vorwürfe der | |
Staatsanwaltschaft wogen schwer]: Diebstahl in mittelbarer Täterschaft, | |
Strafvereitelung im Amt, uneidliche Falschaussage, Betrug. Doch nun wurden | |
die Angeklagten von fast allen Vorwürfen freigesprochen. Nur zwei von ihnen | |
wurden wegen Falschaussage verurteilt. | |
Noch bei Prozessbeginn sah alles nach einem Polizeiskandal aus. Schließlich | |
handelte es sich bei den Beamten zum Teil um hochrangige Mitarbeiter der | |
Behörde, einer von ihnen war noch bis Ende vergangenen Jahres Leiter der | |
Sonderkommission zum Oktoberfest-Attentat. | |
Im Urteil blieb von den Vorwürfen aber kaum mehr übrig als ein heilloses | |
„Kompetenzwirrwarr“ in der Abteilung Organisierte Kriminalität des | |
bayerischen Landeskriminalamts, wie es Richter Ulrich Flechtner nannte. | |
Immerhin: Mögliche Dienstvergehen und gravierende Fehler, die dann zur | |
Eskalation des Ganzen geführt hätten, musste sich zumindest der | |
Hauptangeklagte vom Gericht vorhalten lassen. | |
Darum ging es: Im Jahr 2011 soll ein ins Rockermilieu eingeschleuster | |
V-Mann des LKA gemeinsam mit anderen in Dänemark mehrere Minibagger | |
gestohlen haben. Zwei der nun angeklagten Kommissare sollen nach Meinung | |
der Staatsanwaltschaft den Mann ausdrücklich damit beauftragt haben. | |
## Flut von Vorwürfen | |
Den übrigen Beamten wurde vorgeworfen, sie hätten von dem Diebstahl gewusst | |
und die polizeilichen Ermittlungen verhindert, in dem sie den Kollegen | |
falsche Informationen weitergegeben und sogar mehrere Akten über den | |
Einsatz ihres V-Manns gefälscht hätten. Der Hauptangeklagte soll zudem | |
zugelassen haben, dass der Tacho eines für den V-Mann geleasten Autos | |
zurückgedreht worden sei. | |
Der Fall ist komplex, noch komplexer allerdings ist die juristische | |
Bewertung, wie Richter Flechtner mehrmals unterstrich. Die Falschaussagen | |
machten die beiden Verurteilten in einem Verfahren gegen Mario F., den | |
V-Mann, in Würzburg. F., der während des laufenden Verfahrens als | |
Nebenkläger zugelassen wurde, argumentierte, er sei wegen der Aussagen | |
womöglich härter bestraft worden. Daher stand zusätzlich noch der Verdacht | |
der „mittelbaren Freiheitsberaubung“ im Raum. Diesen jedoch sah das Gericht | |
nicht bestätigt, da sich die Aussagen der Polizisten nicht auf den Kern des | |
Verfahrens bezogen hätten. | |
Das Hauptproblem der Anklage in diesem Verfahren war, dass sich ein | |
Großteil ihrer Vorwürfe auf Aussagen von Mario F. stützten. Der jedoch hat | |
nicht nur ein beeindruckendes Vorstrafenregister, sondern im Verfahren auch | |
einen heftigen Belastungseifer an den Tag gelegt, wie der Vorsitzende | |
Richter ausführte. Er wechsle sein Aussageverhalten, wie es ihm gerade zum | |
Vorteil gereiche. In einem Gutachten sei ihm außerdem ein ausgesprochen | |
manipulatives Wesen attestiert worden. | |
## Fehler ja, Straftat nein | |
Manche der Vorwürfe seien dagegen unstrittig. So habe F.s V-Mann-Führer von | |
der Reise nach Dänemark gewusst und ahnen müssen, dass es sich um eine | |
Straftat gehandelt habe. Da hätte er den V-Mann zurückhalten müssen. Auch | |
habe er später Akten manipuliert. Das aber seien Fehler gewesen, ja, | |
vielleicht auch Dienstvergehen, Straftaten aber nicht, führte der Richter | |
aus. | |
Die Staatsanwaltschaft hatte für die Angeklagten Haftstrafen zwischen einem | |
und zweieinhalb Jahren gefordert. Für sie bedeutet das Urteil nun eine | |
weitgehende juristische Habilitation. Die beruflichen Folgen sind offen. | |
Die Beamten waren wegen des Prozesses auch vom Dienst suspendiert worden. | |
Ein automatisches Ausscheiden aus dem Beamtendienst, das bei einer Strafe | |
ab zwölf Monaten erfolgt wäre, müssen jetzt nicht mal die Verurteilten | |
befürchten. | |
Der Vorsitzende Richter konnte sich jedoch am Rande auch eine | |
grundsätzliche Kritik am V-Mann-Wesen nicht verkneifen: Wer ein kriminelles | |
Milieu mittels V-Leuten auskundschaften möchte, gerate zwangsläufig in eine | |
sehr große Nähe der Kriminalität. Hier stünden Polizisten immer mit einem | |
Bein im Gefängnis. „Da muss die Politik Farbe bekennen. Die Polizisten in | |
diesem Dilemma alleinzulassen, das ist schlecht.“ | |
27 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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