# taz.de -- Belgien nach dem WM-Aus: Singend und mit erhobenen Armen | |
> Das Traum vom Endspiel ist beendet. Trotzdem gibt man sich in Belgien | |
> nach der Halbfinalniederlage gegen Frankreich dankbar und selbstbewusst. | |
Bild: Obelix ist Belgien-Fan | |
Antwerpen taz | Als es vorbei war, wurden Flaggen und ausgestreckte Schals | |
in die Luft gereckt. Bengalisches Feuer brannte, aus den Boxen kam „You'll | |
never walk alone“, viele sangen mit. So sah es nach dem Schlusspfiff des | |
ersten Halbfinals im „WM-Dorf“ am Antwerpener Schelde-Kai aus, wo einmal | |
mehr eine riesige Party stattgefunden hatte. „Kämpfend untergegangen“ seien | |
die Roten Teufel, befanden Kommentatoren im Laufe des Abends. In Antwerpen | |
verlor man singend und mit erhobenen Armen. | |
Die Reaktionen auf die [1][Halbfinalniederlage] gegen den großen Nachbarn | |
Frankreich sind ein Indikator für das, was dieses belgische Team in den | |
letzten Wochen erreicht hat. Fraglos ist da viel Schmerz, von der Brüsseler | |
Tageszeitung Le Soir mit „Ende des Traums für die Teufel“ beschrieben. Die | |
wallonischen Kollegen von La Meuse aus Lüttich formulierten: „Für die | |
tausenden Anhänger ist der Verdruss enorm. Er geht mit Tränen einher, aber | |
auch mit immensem Stolz.“ | |
Recht bald nach dem Match war deutlich, dass unter dem Strich vor allem | |
Freude bleibt, und ein Selbstbewusstsein, das man in Belgien selten gesehen | |
hat. „Danke, Teufel, für 27 magische Tage in Russland“, formulierte die | |
Regionalzeitung Het Belang van Limburg spät am Abend. Da hatte Thibaut | |
Courtois den Franzosen schon vorgeworfen, sie hätten „Anti-Fußball“ | |
gespielt, und Eden Hazard trotzig bekannt, er „verliere lieber mit diesem | |
Belgien“ als mit einem solchen Frankreich zu gewinnen. | |
All das sind Indizien dafür, dass hier kein Underdog ausgeschieden ist, | |
sondern ein reifes Team auf dem Zenit seines Könnens, dessen Anhang in | |
diesem Sommer mit gewachsen ist. Auf die WM in Mexiko 1986 bezieht man sich | |
in Belgien sehr oft in diesen Tagen: Was die Roten Teufel von damals und | |
heute verbindet, ist das beste Resultat der Geschichte. Was Auftritte, | |
Spielanlage und Stimmung angeht, hat die heutige Generation die alten | |
Vorbilder längst übertrumpft. | |
## Der Wert der Diversität | |
Die Social Media-Reaktionen waren ein Spiegelbild dieser Gefühlslage. | |
Nichts als Lob und vor allem Dankbarkeit gab es für die Mannschaft, ganz im | |
Sinne Roberto Martínez, der erklärt hatte: „Ich kann nicht mehr verlangen | |
von meinen Spielern.“ Dass diese bei weitem nicht die Leistung wie gegen | |
Brasilien brachten und in der zweiten Halbzeit keineswegs ein offensives | |
Feuerwerk vom Stapel ließen, konnte der Gefühlslage nichts anhaben. | |
Ähnliche Stellungnahmen gab es auch aus der Politik. Bart Somers, der | |
Bürgermeister von Mechelen, twitterte: „Ich bin tierisch stolz auf unsere | |
Roten Teufel. Sie brachten uns zusammen, zeigten wie wertvoll Diversität | |
sein kann, ließen uns träumen und jubeln, machten die halbe Welt | |
eifersüchtig und brachten selbst mich dazu Fußball zu gucken. Merci und | |
bedankt.“ | |
Zur breiteren Dimension des Halbfinals hatte Joël De Ceulaer, ein | |
politischer Kommentator der Tageszeitung De Morgen, noch anzumerken: „Eines | |
ist sicher: Wenn Belgien am Vorabend des 11. Juli verliert, werden in | |
bestimmten Kreisen die Champagnerkorken knallen.“ Er spielte auf den | |
jährlichen Feiertag der flämischen Region an, von dortigen Separatisten | |
gerne als „Nationalfeiertag“ bezeichnet. In Bezug auf die härteste | |
Nationalistenfraktion mag De Ceulaer recht haben. Dennoch ist im nördlichen | |
Landesteil erstmals an einem 11. Juli die belgische Tricolore häufiger zu | |
sehen als der flämische Löwe. | |
11 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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