# taz.de -- Kommentar Brexit-Turbulenzen: Britischer Total-Egoismus | |
> Die Briten agieren, als könnten sie alles haben: keine Einwanderer, keine | |
> Zahlungen, vollen Marktzugang. Das aber ist der Tod jeder Gemeinschaft. | |
Bild: Wer nicht auf andere hört, steht am Ende im Regen | |
Wenn es um den Brexit geht, kennt die britische Regierung nur ein Ziel: Sie | |
will ihre Interessen durchsetzen. Das ist legitim. Aber es verstört, dass | |
viele Briten offenbar nicht fähig sind, die eigenen Ziele zu erkennen. Dies | |
führt zu einer bizarren Situation: Britischer Total-Egoismus wird bereits | |
als ein Zugeständnis an die Europäische Union gewertet. | |
Premierministerin [1][Theresa May] hat ihre Regierung auf einen angeblich | |
„weichen“ Brexit verpflichtet: Sie will ein Freihandelsabkommen, bei dem | |
die EU-Standards gelten sollen. Diese neue Route ist aber kein | |
Entgegenkommen an die Europäer, sondern zeugt von Pragmatismus. | |
Zumindest May hat eingesehen, dass das Umgekehrte unmöglich ist. Niemals | |
werden 27 EU-Staaten brav die Handelsvorgaben der Briten übernehmen. Die | |
Standards im Warenverkehr müssen aber weitgehend identisch sein, damit | |
keine Zollschranken zwischen Großbritannien und Nordirland hochgehen. | |
Die Briten folgen also ihrem Interesse, wenn sie in der europäischen | |
Zollunion bleiben. Doch viele Engländer verweigern diesen Realismus. Der | |
„Deal“ sei ein „Scheißhaufen“, sagte Außenminister Boris Johnson [2][… | |
trat zurück]. Er irrt doppelt: Von „Scheiße“ kann nicht die Rede sein –… | |
allem aber ist es gar kein Deal, den May angeboten hat. Verhandlungen | |
setzen voraus, dass man zu Kompromissen bereit ist. Aber die Briten agieren | |
noch immer, als könnten sie alles haben: keine Einwanderer, keine Zahlungen | |
an die EU-Kasse – aber vollen Marktzugang. | |
Die Briten tun so, als seien Nettozahlungen eine Zumutung. Doch vom | |
EU-Binnenmarkt profitieren die entwickelten Nationen; es ist daher nur | |
fair, dass sie die schwachen Länder unterstützen. Die Briten hingegen | |
folgen dem Motto: der Starke zuerst. Es wäre der Tod der Gemeinschaft, wenn | |
sich dieser Ansatz durchsetzt. Die EU und Großbritannien müssten daher auf | |
einen Deal zusteuern, der beiden entgegenkommt: Die Briten dürfen die | |
Einwanderung untersagen, aber Marktzugang gibt es nur gegen Nettozahlungen. | |
10 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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