# taz.de -- Machtkampf in der Brexit-Phase: Jeremy Hunt wird Außenminister | |
> Nach Rücktritten wichtiger Minister steht die britische Premierministerin | |
> Theresa May unter Druck. Der Nachfolger für Boris Johnson kommt aus ihrem | |
> Lager. | |
Bild: Theresa May, der Schatzkanzler Philip Hammond und der neue Außenminister… | |
London dpa/ap | Nach dem Rücktritt des britischen Außenministers Boris | |
Johnson im Streit über den Brexit hat Premierministerin Theresa May ihr | |
eigenes politisches Lager gestärkt und damit Kampfeswille gezeigt. Die | |
Regierungschefin machte den bisherigen Gesundheitsminister Jeremy Hunt zum | |
neuen Außenminister, der vor dem Brexit-Referendum für den Verbleib der | |
Briten in der EU geworben hatte. May will eine enge Verbindung | |
Großbritanniens mit der EU erhalten und liefert sich mit den | |
Brexit-Hardlinern in ihrer konservativen Partei einen erbitterten | |
Machtkampf. | |
[1][Hunt schrieb in der Nacht auf Twitter], es sei eine „riesige Ehre“, in | |
dieser entscheidenden Phase der britischen Geschichte zum Außenminister | |
ernannt zu werden. „Es ist Zeit, unserer Premierministerin dabei den Rücken | |
zu stärken, einen großartigen Brexit-Deal zu bekommen – jetzt oder nie…�… | |
schrieb er. | |
Boris Johnson, der wichtigste und prominenteste Brexit-Wortführer im | |
Kabinett, [2][war am Montagnachmittag zurückgetreten] und hatte die | |
britische Regierung damit neun Monate vor dem geplanten Austritt aus der EU | |
in eine tiefe Krise gestürzt. [3][Kurz zuvor hatte Brexit-Minister David | |
Davis seinen Rücktritt angekündigt.] Erst am Freitag hatte May ihre | |
zerstrittene Ministerriege nach heftigen Debatten auf ihre neue | |
Verhandlungslinie einschwören können – doch der auf einer Klausur | |
geschlossene Burgfrieden hielt gerade mal zwei Tage. | |
Johnson begründete seinen Rücktritt damit, dass er die neue Linie nicht | |
mittragen könne. „Der Brexit-Traum stirbt, erstickt von unnötigen | |
Selbstzweifeln“, hieß es in seinem Rücktrittsschreiben an die | |
Premierministerin. Wichtige Entscheidungen seien hinausgeschoben worden, | |
einschließlich der Vorbereitungen für einen Brexit ohne Abkommen, schrieb | |
Johnson. So werde Großbritannien zu einer „Kolonie“ der EU. May antwortete, | |
sie sei „ein wenig überrascht“ von seinem Schritt, aber er sei | |
folgerichtig, wenn Johnson die Haltung der Regierung nicht mittragen könne. | |
Minuten später würdigte May im britischen Unterhaus die Arbeit von Davis | |
und Johnson, erklärte aber auch, dass es Unstimmigkeiten über den besten | |
Weg zum EU-Austritt gegeben habe. Dieser Plan sei der einzige Weg, um eine | |
harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu verhindern – dieser Punkt | |
ist einer der schwierigsten in den Verhandlungen mit der EU. | |
Die Ernennung Hunts dürfte als ein Versuch Mays gewertet werden, das | |
Machtverhältnis im Kabinett zu ihren Gunsten zu verschieben. Hunts Ressort | |
übernimmt Matt Hancock, der bisher Minister für Kultur und Medien war. Zum | |
neuen Kulturminister ernannte May den bisherigen Generalstaatsanwalt für | |
England und Wales, Jeremy Wright. | |
## Nicht mehr viel Zeit | |
Nach Mays Vorschlag soll Großbritannien bei Waren und Agrarerzeugnissen | |
auch nach dem EU-Austritt eng an den europäischen Binnenmarkt gebunden | |
bleiben. Die anderen drei Freiheiten des Binnenmarkts – Kapital, | |
Arbeitskräfte und Dienstleistungen – sollen aber beschränkt werden. Damit | |
wollen die Briten die ungehinderte Einreise von EU-Bürgern stoppen und im | |
wichtigen Dienstleistungssektor eigene Wege gehen. | |
Eine der ersten Aufgaben des neuen Außenministers dürfte es werden, | |
US-Präsident Donald Trump zu empfangen. „Der Präsident freut sich weiterhin | |
auf seinen Arbeitsbesuch mit der Premierministerin am 13. Juli und darauf, | |
das besondere Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und | |
Großbritannien weiter zu stärken“, teilte Trumps Sprecherin Sarah Sanders | |
mit. | |
Bis zum geplanten britischen EU-Austritt am 29. März 2019 verbleiben den | |
Unterhändlern nicht einmal mehr neun Monate. Beide Seiten hoffen, sich bis | |
Oktober einigen zu können, damit die Parlamente der verbliebenen 27 | |
EU-Mitgliedstaaten ein Abkommen ratifizieren können, bevor Großbritannien | |
den Staatenblock verlässt. | |
10 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/Jeremy_Hunt/status/1016428332173463554 | |
[2] /Brexit-fuehrt-zu-Regierungskrise/!5521499 | |
[3] /EU-Austritt-Grossbritanniens/!5519484 | |
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