# taz.de -- Reißzwecken im Spielplatzsand: Dieser ermüdende Hass | |
> Auf einem Spielplatz in Prenzlauer Berg hat jemand Reißzwecken in den | |
> Sand gestreut. Warum eigentlich dieser Zorn? Ziemlich krank. | |
Bild: Auch nicht schön: Rasierklingen im Sand, hier auf einem Spielplatz in Sc… | |
Wer sich mit Schwung so einen Reißnagel unter die Hornhaut in die Fußsohle | |
rammt, flucht noch eine ganze Weile lang vor sich hin. Nicht so wie bei | |
einem Wespenstich, wo man das Vieh herauszupft, eine halbe Minute | |
einbeinig herumhüpft, leise „Scheiße“ murmelt und dabei aber schon merkt, | |
wie es besser wird. Die Autorin dieser Zeilen hat ihren Kindern mal ein | |
Spiel geschenkt, wo es darum geht, mit einem Spielzeughammer bunte | |
Holzplättchen auf Korkplatten zu Figuren zusammenzuklöppeln. Befestigt | |
werden die Holzplättchen mit Reißzwecken. Beim Einräumen des Spiels | |
übersieht man immer, immer, immer eine Reißzwecke. In diesen Momenten denkt | |
man nicht gut über den eigenen Nachwuchs. | |
Auf dem Spielplatz am Arnimplatz in Prenzlauer Berg hat ein unbekannter | |
Mensch vergangene Woche Reißzwecken in den Spielplatzsand gestreut. So 40, | |
50 sollen es gewesen sein, haben Eltern hernach ReporterInnen berichtet. | |
Kein Kind kam zu Schaden, das Bezirksamt gab den Spielplatz am gestrigen | |
Montag wieder frei. Allerdings warnte eine Kita in der benachbarten | |
Stavanger Straße nun, auch vor ihrer Tür habe man Reißzwecken entdeckt. | |
Reißnägel oder Schlimmeres – Scherben, Rasierklingen – werden immer mal | |
wieder mit Absicht im Spielplatzsand vergraben. In den letzten Jahren kamen | |
derlei Meldungen vor allem aus Prenzlauer Berg, insgesamt gibt es laut | |
Bezirksamt drei bis vier Fälle pro Jahr. | |
Nun ist der Prenzlauer Berg vor allem dafür bekannt, dass angebliche | |
Problemeltern den angeblich dort kaum noch vorhandenen kinderlosen Rest der | |
Bevölkerung tyrannisieren. Das ist natürlich inzwischen ein gut | |
abgehangenes Klischee, das von den Eltern selbst mitunter mit einer | |
gewissen ironischen Selbstgeißelung gepflegt wird, weshalb man dieses | |
Klischees über die Jahre auch etwas überdrüssig geworden ist. | |
## Die Kinder können am wenigsten dafür | |
Ermüdender als nervige Eltern sind nun einmal Hass und Missgunst, die | |
diesen Prenzlauer-Berg-Klischees zugrunde liegen. | |
Schließlich können die Eltern, nur zum Beispiel, nichts dafür, dass so ein | |
fettes Lastenfahrrad nun mal einfach wahnsinnig praktisch für die | |
Beförderung des Nachwuchses ist, diese Fahrrad-Lkws aber eben auch | |
wahnsinnig nerven, wenn sie dann in Rudeln um den Kollwitzplatz kreisen. | |
Eltern können auch nichts dafür, dass es voll nervig ist, wenn sie mit | |
ihren Kindern in der Eisdiele ewig lange basisdemokratisch über die | |
Eissorten diskutieren. Ist halt nicht mehr alles Schoko-Erdbeere-Vanille, | |
schon gar nicht entlang der Schönhauser Allee. Und dass ihre Eltern einst | |
den Prenzlauer Berg gentrifiziert haben, da können am wenigsten die Kinder | |
etwas dafür. | |
Da bohrt sich der in Klischeebildern geschürte Hass am Ende als Reißzwecke | |
in einen Kinderfuß. Das ist schon ätzend. | |
6 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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