Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Miteinander: Ein Sommermärchen
> Mitten im heißen, hektischen und oft unfreundlichen Berlin lassen sich
> überraschenderweise auch zauberhafte Momente der Freundlichkeit erleben.
Bild: Zu spät? Nicht ärgern, meint die gute Fee, die nächste S-Bahn kommt do…
Es war einmal ein taz-Redakteur. Der lebte schon einige Jahre in Berlin und
fand hier auch vieles toll. Manchmal aber ärgerte er sich sehr. Denn hier
hupten so viele Autofahrer, rasten so viele Radfahrer an engen Stellen und
grüßten Menschen oft nicht zurück. Und machten sich sogar Leute darüber
lustig, wenn anderen gerade die S-Bahn vor der Nase wegfuhr. Nun aber war
der taz-Redakteur in dieser Woche weit weg von Berlin gewesen und wollte,
als er wieder in der Stadt war, nur noch eins: nach Hause, so schnell wie
möglich.
Er sprang am Bahnhof aus dem aus der Ferne angekommenen Zug – und verpasst
die erste S-Bahn. Er saß in der nächsten und sprintete beim Umsteigen, um
nicht wieder warten zu müssen. Treppe rauf, Treppe runter, mit dem Fuß
hängen geblieben, fast gestürzt – zu gingen sie, direkt vor ihm, die Türen
der S-Bahn, die natürlich noch ein paar Sekunden stand, bis sie abfuhr.
Der taz-Redakteur begann gerade, gut hörbar vor sich hin zu schimpfen, denn
er würde ja jetzt dramatisch anmutende zehn Minuten später daheim sein. Da
vernahm er in seinem Rücken eine liebliche Stimme: „Hier, nimm, das
beruhigt.“ Er drehte sich um und sah eine Hand samt Arm aus einem Häuschen
ragen. In der Hand ruhte ein süßes Blätterteigteilchen. „Zucker ist gut f�…
die Nerven“, sagte die Frau, der der Arm gehörte. War das die Hitze, fragte
er sich? Hatte er eine Knusper-knusper-knäuschen-Halluzination?
Das Haus war aber kein Hexenhaus, sondern ein Bahnsteigkiosk, und die Frau
keine Hexe, sondern eine gute Fee. „Was rennst du so, es fährt doch gleich
wieder eine Bahn“, sagte die Fee, „Du wärst beinahe gestürzt. Und jetzt i…
erst mal.“ Sprach’s, drückte dem taz-Redakteur die leckere Speise in die
Hand und wollte von Bezahlung nichts wissen.
Der war ziemlich baff und tat, wie ihm geheißen. Er setzte sich auf eine
schattige Bank und aß. Und siehe, eine innere Ruhe durchflutete ihn, und es
überkam ihn die Erkenntnis, dass das wohl sein ganz persönlicher
Die-Entdeckung-der-Langsamkeit-Moment auf den Spuren von Sten Nadolny war.
Die nächste S-Bahn kam pünktlich, und zu Hause freute man sich, dass er
wieder da war.
Der taz-Redakteur war überaus glücklich, diese gute Fee in Berlin getroffen
zu haben, wo er sonst oft nur die Voldemorts und Petrosilius Zwackelmanns
der Zaubererwelt zu Hause wähnte. Und hofft seither, dass sie noch anderen
mit ihrer so überraschenden Freundlichkeit grätzige Gedanken vertreibt.
3 Aug 2018
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
S-Bahn Berlin
Sommermärchen
Hitze
Fußball-WM 2006
Preußler
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fünf Mythen der Hitzewelle: Pommeskrise? Nee! Klimawandel? Ja!
Es war der fünftwärmste Juli seit 1881. Da fällt es schwer, klar zu denken.
Und so kursiert viel Hitze-Unsinn. Die taz räumt mit fünf Mythen auf.
Stimmung zur Fußball-WM: Kein Sommermärchen 2.0
Ein schwarz-rot-geiles Fahnenmeer kann auch im Jahr 2018 nicht für
„gesunden Patriotismus“ stehen. Dafür ist zu viel passiert.
Erinnerungen an Preußlers Werk: Grandios-gefährliche Fantasiewelten
Otfried Preußler ist gestorben. Vier Kindheitserinnerungen an den Vater der
„Kleinen Hexe“ und des „Kleinen Wassermanns“, von „Hotzenplotz“ und
„Krabat“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.