# taz.de -- Schicksalswahltag in Simbabwe: Wer ist der bessere Nicht-Mugabe? | |
> Bei der ersten Wahl ohne Mugabe ist das Ergebnis völlig offen. Aber | |
> afrikanische Befreiungsbewegungen sind notorisch schwer zu entmachten. | |
Bild: Am Ende geht es doch wieder um ihn: Robert Mugabe geht wählen, 30. Juli | |
Harare taz | Zu Tausenden drängten sich die Simbabwer am Montag im | |
Morgengrauen vor ihren Wahllokalen, um sich an einer Wahl zu beteiligen, | |
[1][die alle als historisch werten]. Erst zum zweiten Mal in 38 Jahren | |
Unabhängigkeit wird Simbabwe einen neuen gewählten Präsidenten bekommen, | |
und es ist die erste Wahl ohne Robert Mugabe, den die Armee im November | |
2017 von der Staatsspitze entfernte. | |
Es gibt mehr als 100 politische Parteien und 23 Präsidentschaftskandidaten | |
– beides ein Rekord. In den sozialen Medien sind nur noch die Wahlen Thema, | |
und sogar Simbabwes Kirchen sind zum Stillstand gekommen: religiöse | |
WhatsApp-Gruppen diskutieren nicht über das Evangelium, sondern über die | |
Wahlchancen von Präsident Emmerson Mnangagwa und Oppositionsführer Nelson | |
Chamisa. | |
Besonders heiß ist die Debatte, seit Expräsident Mugabe in einem Interview | |
in seiner Privatresidenz am Sonntag ankündigte, er werde nicht für | |
Mnangagwa stemmen, obwohl dieser der Kandidat seiner Partei Zanu-PF | |
(Zimbabwe African National Union/ Patriotic Front) ist. „Ich kann nicht für | |
die wählen, die mich gequält haben“, sagte Mugabe. „Ich hoffe, dass die | |
Wahl die Militärregierung beseitigen und das Land zurück zur Normalität | |
führen wird.“ | |
Dies hat Spekulationen genährt, wonach der greise Mugabe jetzt die | |
Oppositionspartei MDC (Movement for Democratic Change) von Nelson Chamisa | |
unterstützen könnte. „Falls er gewinnt, wünsche ich ihm alles Gute“, sag… | |
Mugabe. | |
## Parteiinterne Machtkämpfe | |
Mnangagwa und Chamisa sind beide neu als Führer ihren jeweiligen Parteien, | |
und beide verdanken ihren Aufstieg parteiinternen Machtkämpfen. Seit | |
Mnangagwas Machtübernahme hat ZANU-PF eine Säuberung von Mugabe-Getreuen | |
erlebt. | |
Bei der MDC drängelte sich Chamisa nach dem Krebstod des Parteigründers | |
Morgan Tsvangirai vor dessen Stellvertreterin Thokozani Khupe. Es ist | |
keineswegs sicher, dass die beiden Wahlfavoriten auch ihre jeweilige Basis | |
hinter sich haben. | |
Der 40jährige Chamisa hofft auf Simbabwes Jugend. Aber die Geschichte | |
lehrt, dass afrikanische Befreiungsbewegungen nicht leicht zu entmachten | |
sind. Es hat diesmal zwar nicht, wie früher, eine Drohung der Generäle | |
gegeben, dass kein Kandidat ohne Befreiungskriegsvergangenheit auf ihre | |
Treue zählen könnte, aber einige Szenarien sind dennoch denkbar. | |
## Festgefügter Machtapparat | |
Der 75jährige Mnangagwa könnte gewinnen, wenn er die Bevölkerung davon | |
überzeugt, dass er nicht Mugabe ist. Er präsentiert sich nach außen als | |
Vertreter eines Neuanfangs – und stützt sich zugleich auf einen | |
festgefügten Machtapparat, in dem vor allem die traditionellen Führer auf | |
dem Land, mit üppigen Staatssalären ausgestattet, Oppositionskräften keinen | |
Raum lassen und Loyalität mit Lebensmitteln erkaufen. | |
Ein Wahlsieg Mnangagwas wäre also keine Überraschung. Ihm könnte höchstens | |
zum Verhängnis werden, dass er seinen Worten gegen Korruption kaum hat | |
Taten folgen lassen. | |
Sollte stattdessen Chamisa mit seiner MDC gewinnen, würde er schnell | |
feststellen, dass er gar nicht regieren kann. Alle Regierungsabteilungen | |
und Ministerien sind komplett durchmilitarisiert. Chamisa müsste seine fünf | |
Jahre im Amt damit verbringen, den ganzen Staatsapparat zu demobilisieren | |
und neu zusammenzusetze, von der Getreidebehörde bis zum Geheimdienst. Und | |
er könnte nicht viel gegen Unzufriedenheit und Sabotage tun. | |
## Generäle haben das Heft in der Hand | |
Ein drittes Szenario ist, dass die Opposition zwar gewinnt, das Militär | |
dies aber nicht anerkennt. Die Generäle, die gerade erst Mugabe von der | |
Macht entfernt haben, nachdem die Opposition dazu jahrzehntelang nicht in | |
der Lage war, werden jetzt wohl kaum dieser Opposition die Macht auf dem | |
Silbertablett servieren. | |
Da das Miiltär auch die Wahlkommission kontrolliert, kann es für ein | |
genehmes Wahlergebnis sorgen. Die Opposition würde auf die Straße gehen, | |
aber am Ende würden die Gerichte entscheiden – und China steht bereit, um | |
Simbabwes Mineralienreichtum weiter auszuplündern, auch wenn die nächste | |
Regierung nicht so investorenfreundlich ausfällt wie versprochen. | |
Mitarbeit: Regis Madzvamuse (Masvigo), Marcus Mushonga, Danai Mwarumba | |
(Harare) | |
30 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Wahl-in-Simbabwe/!5518672 | |
## AUTOREN | |
Savious Kwinika | |
## TAGS | |
Simbabwe | |
Robert Mugabe | |
Emmerson Mnangagwa | |
Nelson Chamisa | |
ZANU-PF | |
MDC | |
Simbabwe | |
Simbabwe | |
Simbabwe | |
Simbabwe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Präsidentschaftswahl in Simbabwe: Mnangagwa wird Präsident | |
Staatschef Emmerson Mnangagwa spricht auf Twitter von einem Neuanfang für | |
die Bevölkerung. Die Opposition hat das Wahlergebnis bereits angefochten. | |
Unruhen nach der Wahl in Simbabwe: Regierungspartei gewinnt Mehrheit | |
Bei Unruhen in der Hauptstadt Harare schießt das Militär auf Demonstranten. | |
Diese hatten auf einen Machtwechsel nach dem Sturz von Mugabe gehofft. | |
Wahlen in Simbabwe: Regierungspartei gewinnt Mehrheit | |
Die Regierungspartei Zanu-PF hat nach vorläufigen Ergebnissen eine Mehrheit | |
im Parlament geholt. Der Sieger der Präsidentenwahl steht noch nicht fest. | |
Wahl in Simbabwe: Neuanfang mit Respekt für Gegner | |
Zum ersten Mal hat Simbabwe einen Wahlkampf fast ohne Gewalt erlebt. Heute | |
findet die erste Wahl ohne Robert Mugabe statt. |