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# taz.de -- Die Wahrheit: Blass, abgestanden, männlich
> Sommerschulen sind in Irland beliebt, weil sie interessante Themen zu
> Kultur und Politik bieten – wenn es nicht schwer verdauliche, altbackene
> Kost gibt.
Das konnte er ja nicht wissen. Joe Mulholland ist 77, und als er jung war,
gehörten Frauen laut irischer Verfassung an den Herd. Inzwischen hat sich
einiges geändert, aber man vergaß, Mulholland zu informieren. Das wäre
nicht weiter schlimm, wenn er nicht Direktor der viel gerühmten MacGill
Summer School wäre.
Summer Schools sind überaus beliebt in Irland, jedes Kaff bietet in den
Sommerferien Kurse zu traditioneller Musik, zu Joyce, zum Trommeln oder
Sackhüpfen an. Bei der MacGill Summer School geht es um Literatur und
Politik. Sie findet im Dorf Glenties in der nordwestirischen Grafschaft
Donegal statt, denn von dort stammte der Namensgeber Patrick MacGill.
Er arbeitete Anfang des 20. Jahrhunderts beim Eisenbahnbau in Schottland
und schrieb nebenbei Gedichte. Als sein Talent vom Kaplan der englischen
Königin Viktoria entdeckt wurde, durfte er ins Schloss Windsor einziehen.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete er sich freiwillig zum Dienst
in der britischen Armee. Er wurde verwundet, heiratete, wanderte in die USA
aus und geriet in Vergessenheit – bis der ehemalige Fernsehjournalist
Mulholland die Summer School 1981 gründete.
Das Thema des diesjährigen Kurses, der vorigen Freitag zu Ende ging, war
die „Zukunft Irlands in einem neuen Europa“. Frauen haben offenbar keine
Zukunft auf der Grünen Insel. Auf den Werbeplakaten waren 24 grauhaarige
Anzug- und Schlipsträger zu sehen. Hauptreferent war ausgerechnet Bertie
Ahern, der korrupte, abgehalfterte Expremierminister. Von den mehr als
fünfzig Rednern waren lediglich zwölf Frauen vorgesehen. „Pale, Stale,
Male“, so nannte eine Teilnehmerin die So-was-von-gestern-Veranstaltung:
blass, abgestanden, männlich.
Es sei Politik der Summer School, so viele Frauen wie möglich dabei zu
haben, behauptete Mulholland. Aber manchmal gebe es „gewisse
Schwierigkeiten“, Frauen mit der „geeigneten Befähigung für die Themen zu
finden, über die diskutiert“ werde. Es wurden schließlich weder Koch-, noch
Nähkurse angeboten. Trotzdem war die Themenauswahl verschnarcht. Das
„Verhältnis der Rechtssysteme in der Republik Irland und Nordirland“ stand
ebenso zur Debatte wie die katholische Kirche und ihre „geachtete
Ausstrahlung“ und „fürsorgende Rolle“.
Erst als im Juni einige der Referentinnen ihre Teilnahme absagten, merkte
sogar Mulholland, dass etwas nicht stimmte. Er hängte hastig zwei
Themenblöcke für Frauen an: das Abtreibungsreferendum vom Mai sowie die
Frage, warum „Frauen in öffentlichen Foren unterrepräsentiert“ seien.
Im nächsten Jahr wolle er alles richtig machen, kündigte Mulholland an. Der
Schwerpunkt soll auf der #MeToo-Debatte liegen. Kompetente Redner hat er
bereits eingeladen: Donald Trump und Harvey Weinstein.
30 Jul 2018
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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