# taz.de -- Mini-Festival in Friedrichshain: Umtriebiges Perlentauchen | |
> Das „Down By The River“-Festival feiert sein 10-jähriges Jubiläum im | |
> verwunschenen Garten des ://about blank mit einem eklektizistischen | |
> Programm. | |
Bild: Neben Indiepop gibt's Afrofunk vom Berliner Quintett Onom Agemo & The Dis… | |
Festivals mag er nicht, erzählt Ran Huber. Das ewige Schlangestehen, am | |
Dixie-Klo oder auch nur, um an ein Getränk zu kommen, die spaßtötende | |
Security, die Menschenmaßen, der Fokus auf die großen Acts. | |
Und trotzdem veranstaltet er, zusammen mit Fourtrack On Stage – letztere | |
sind die Macher einer gleichnamigen Reihe im Schokoladen – selbst ein | |
Festival. Und macht mit diesem, übrigens einer der schönsten hiesigen | |
Veranstaltungen dieser Art, all jenen Berlinern ein Geschenk, die auch im | |
Sommer mal ein Wochenende entspannt innerhalb des S-Bahn-Rings verbringen | |
können, statt immerzu am See zu chillen – oder auf den Tanzäckern vor den | |
Toren der Stadt der Euphorie nachzujagen. | |
„Down By The River“ heißt diese Veranstaltung, und zeichnet sich – neben | |
der so sympathisch wie anachronistisch anmutenden Weigerung, zu wachsen (im | |
boomenden Festivalmarkt eine Seltenheit) – durch die Qualitäten aus, die | |
auch amSTARt ausmachen, Hubers One-Man-Konzertagentur: Ohne sein | |
unermüdlich umtriebiges Perlentauchen, dank dem er immer wieder | |
erlebenswerte Künstler auftut, auch wenn mit denen kaum großes Geld zu | |
verdienen ist, wäre die musikalische Subkultur dieser Stadt deutlich ärmer. | |
Das zu feiern – angesichts der schrumpfenden Freiräume in der Innenstadt | |
kann man das kaum genug tun: Da ist der zehnte Geburtstag von Down By The | |
River ein mehr als willkommener Anlass. | |
Seinen Namen bekam das Festival, weil es in den ersten Jahren direkt am | |
Fluss, zuerst in der Bar 25 und dann im Kater Holzig stattfand. Nun feiert | |
man schon im sechsten Jahr im Garten des ://about blank und das ist | |
mindestens genauso idyllisch, wie die Spree im Abendlicht – und dazu | |
richtig verwunschen. | |
## Munterer Eklektizismus | |
Dass bei der musikalischen Ausrichtung anfangs das Folkige dominierte, | |
haftet dem Image der Veranstaltung bis heute an, stellt Huber im Gespräch | |
fest. Dabei zeichnet sich das Programm schon eine Weile durch einen | |
munteren Eklektizismus aus. | |
So wird in diesem Jahr etwa neben Joey Bargeld, einem Trap-Deutschrapper | |
mit Punk-Herzen – der Wert auf die Feststellung legt, dass er gar keinen | |
Rap mache, allein wegen seines technischen Minimalismus – mit Onom Agemo & | |
The Disco Jumpers auch eine Afrobeat-Kombo zu erleben sein. Die wiederum | |
bekommt von dem Gastmusiker Ahmed Ag Kaedy eine Injektion Mali Blues | |
verpasst. | |
Des Weiteren tritt der bereits seit den 1990er Jahren aktive Neo-Dadaist | |
Pastor Leumund aka Jan Theiler auf. Unlängst veröffentlicht er sein | |
Debütalbum, das er mit Friedrich Greiling von Mittekill vorstellen wird. | |
Als Ohrenöffner könnte sich zudem das Thereminspiel der Isländerin Hekla | |
Magnúsdóttir erweisen. Die holt aus diesem seltsamen, in experimentellen | |
Genres und Science-Fiction-Soundtracks bespielten Instrument, noch | |
obskurere Klangwelten heraus, als man das kennt. Die Gerätschaft erzeugt | |
allein durch das Bewegen der Hände auf elektromagnetische Weise Töne, | |
Magnúsdóttir schafft damit einen eigenen Klang irgendwo zwischen Klassik | |
und Grusel. | |
## Geschlechtergerechtes Booking | |
Weitere Sympathiepunkte gibt es für das Minifestival, weil es hier ein | |
geschlechtergerechtes Booking gab, lange bevor wenigstens ein paar größere | |
Festivals das Thema auf dem Schirm hatten. Dieses Mal kann man gleich | |
mehrere Generationen weiblichen Indiepop-Schaffens erleben, angefangen mit | |
der den Teenager-Songwriterin Saba Lou, Tochter der grandiosen | |
Psychedelic-Soul Rampensau King Khan. Die nur wenige Jahre ältere Ilgen-Nur | |
besingt auf sympathische Weise ihr Hamburger Slacker-Leben, unter anderem | |
die Fallstricke des Coolseins. | |
Und Rachel Glassberg mit ihrer Band, The Disasters, würdigt auch schon | |
einmal den gefürchteten Berghain-Türsteher Sven Marquardt – mit | |
glockenhellem Gesang. Und dann ist da diesmal auch noch Christiane | |
Rösinger, die ewig lässige Alltagschronistin, die sich Huber lange schon | |
auf der Bühne von Down By The River wünschte. Erst im zehnten Jahre klappt | |
es, zusammen mit Andreas Spechtl (Ja,Panik) wird sie als Duo auftreten. | |
Am anderen Ende des Spektrums gibt es mit den aus Ostfriesland stammenden, | |
in Berlin beheimateten Duo Odd Couple ebenso freischwebenden wie | |
breitbeinigen Rock. Ihre Mischung aus Space- und Heavy-Blues-Rock bringen | |
Tammo Dehn und Jascha Kreft zugleich rau und ausgefeilt auf die Bühne. | |
Ebenfalls mit der Gitarre verwachsen ist der psychedelische Prog-Rocker | |
Tomi Simatupang. Der „Frank Zappa Indonesiens“ bastelt diesmal mit dem | |
Projekt Remove Control an kosmischen Grooves. „Diesmal“ heißt es übrigens | |
an dieser Stelle deshalb, weil Simatupang mit einem leidenschaftlichen | |
Akustikauftritt das allererste Down By The River rettete, nachdem bei einem | |
Wolkenbruch die ganze Technik abgeschmiert war. | |
Kein Wunder also, dass er als einziger bei diesem Festival ein zweites Mal | |
aufspielen darf. Denn auch wenn bei Down By The River ein paar lokale und | |
nicht ganz so lokale Helden gefeiert werden dürfen, geht es hier vor allem | |
doch darum, neue Künstler zu entdecken. Deshalb vermeidet man | |
Wiederholungen beim Booking. | |
Kurzum: Wer Down By The River nicht kennt, sollte es kennenlernen. Das gilt | |
für Festivalhasser ebenso wie für Festivalfans. Denn gerade letztere | |
mussten in den letzten Jahren feststellen, dass sich einstige | |
Herzensveranstaltungen stark verändert haben – nicht zuletzt deshalb, weil | |
man in der Branche dieser Tage eben vor allem mit Livemusik Geld verdient. | |
Also einen doppelten Dank für all das Herzblut, das Huber und seine | |
Mitstreiter auch im zehnten Jahr in dieses Festival stecken. | |
Dieser Text erscheint im taz Plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer Donnerstags in der Printausgabe der taz | |
13 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Stephanie Grimm | |
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