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# taz.de -- Gangsta-Rap-Album von Schwesta Ewa: Nihilismus völlig frei von Iro…
> Wie sich echte Bösewichte inszenieren: Schwesta Ewa und 187 Strassenbande
> sind mit ihrem Gangsta-Rap im deutschen Mainstream angekommen.
Bild: Maximal vulgär und aggressiv – und damit gerade bei Jugendlichen erfol…
Auf dem Cover ihres neuen Albums räkelt sie sich nackt zwischen
Geldscheinen wie eine deutsche Hip-Hop-Version des ikonischen „American
Beauty“-Posters. Hollywood hat jedoch seine Finger nicht im Spiel.
Eva Malanda, bekannt als Schwesta Ewa, hätte sich kein Drehbuchautor besser
ausdenken können: Malanda ist eine Ex-Prostituierte und Ex-Drogenabhängige,
die über harten Sex und ihr noch härteres Leben rappt und die kürzlich
wegen 35-facher Körperverletzung, Steuerhinterziehung und sexueller
Verführung Minderjähriger [1][zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde.]
Während sie ihr zweites Album namens „Aywa“ veröffentlicht hat – [2][ihr
Debüt „Kurwa“ (Polnisch für Hure) erschien 2015] –, wartet sie nun dara…
zu erfahren, wann sie ihre Haftstrafe antreten muss. Vorwerfen kann man ihr
eins zumindest nicht: Dass ihr Gangsta-Rap nur Pose sei. Wenn sie von
Stress mit der Polizei rappt, ist es auch genau so gemeint. Ewas Nihilismus
ist völlig frei von Ironie. „Aywa“, was auf Deutsch so viel wie „Jawohl�…
bedeutet, stieg auf Platz 8 der deutschen Albumcharts ein.
Schon mit zwei Vorabsingles hatte sie auf sich aufmerksam gemacht. In „Mein
Geständnis“, dem musikalisch interessanteren Stück, rechnet Schwesta Ewa
mit Polizei, Justiz und Medien ab. „Schubse den Bullen“ geht in die gleiche
Richtung. Im dazugehörigen Video sieht man typische Gangsta-Rap-Insignien
wie teure Schlitten und jede Menge knapp bekleidete, kreisende weibliche
Hinterteile, darunter ist auch Malandas eigener Podex zu sehen.
## Maximal vulgär
Interessant daran ist, dass Schwesta Ewa mit ihrem Allerwertesten nicht die
Musik irgendeines aufgepumpten Typen optisch aufwertet, sondern
ausschließlich ihre eigene. Der harte Kerl ist sie selbst. So ist man
schnell versucht, bei ihr andere Maßstäbe anzulegen und ihr Po-Gewackel als
Empowerment und sie selbst als eine Heldin mit feministischem Impetus zu
betrachten, die sich in der Männerdomäne Hip-Hop ihren Platz erkämpft hat.
Aber wird man ihr damit gerecht? Sind die Codes anders zu lesen, nur weil
sie eine Frau ist?
Spätestens beim zweiten Hinschauen und Hinhören wird klar, dass Malanda
keineswegs alternative Gender- oder gar Weltbilder entwirft, sondern doch
nur den altbekannten männlichen Blick bedient. Textlich wie visuell gibt
sie sich ebenso maximal vulgär, aggressiv und [3][misogyn wie ihre
männlichen Kollegen].
Unter jenen haben sich in letzter Zeit besonders die Hamburger von 187
Strassenbande hervorgetan, ein Hip-Hop-Kollektiv bestehend aus den Rappern
Bonez MC, Gzuz, LX, Maxwell und Sa4 sowie Produzent Jambeatz, das mit
eingängigem Sound und gewaltigem Trara in der ganzen Republik große Hallen
füllt. Wie Schwesta Ewa glorifizieren die Künstler Straftaten nicht nur,
sie begehen sie auch.
Der Ton ist zweifellos härter geworden im deutschen Gangsta-Rap. In ihren
Musikvideos schlagen sich die Typen wortwörtlich die Köpfe ein, Blut
spritzt, unentwegt werden Waffen gezückt und Drogen konsumiert. 187, die
Zahlenfolge im Namen der 187 Strassenbande ist der kalifornische
Polizeicode für Mord. Tatsächlich ist Mord ein Verbrechen, dessen die
Mitglieder der Hip-Hop-Formation bislang noch nicht angeklagt wurden.
Trotzdem weckt diese Zuspitzung ungute Erinnerungen an die
Auseinandersetzungen im US-Gangsta-Rap der Neunziger, die in Morden an den
Rappern Tupac Shakur und Biggie Smalls gipfelten.
## Am Elend ergötzen
Wieso kommt das Gangsta-Gehabe so gut bei den jugendlichen HörerInnen an?
Was suchen die Kids da? Vielleicht dasselbe wie viele Eltern, die Woche für
Woche den ARD-Krimi „Tatort“ anschauen, nur in einer heftigeren Dosis und
ohne Schauspielerei: Nervenkitzel, irre Geschichten aus der wilden Welt der
anderen, die gerade so attraktiv ist, weil sie mit der eigenen nichts
gemein hat.
Der passende Song dazu stammt wiederum von Schwesta Ewas Album „Aywa“:
„Gossentourist“ heißt er und handelt eigentlich von der Boulevardpresse,
die sich an ihrem Elend ergötzt. Auf ihre HörerInnenschaft könnte man den
Text aber genauso münzen. So gemeint hat sie es vermutlich nicht.
Schließlich ist Gangsta-Rap für sie und 187 Strassenbande vor allem eins,
ein lukratives Geschäft. Oder vielleicht ja doch. Das Tattoo auf Schwesta
Ewas Oberschenkel bringt es auf den Punkt: „Fuck you, Pay me“.
1 Jul 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
Gangsta-Rap
Sexismus
Prostitution
Drogen
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