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# taz.de -- Der Berliner Wochenkommentar I: Anbiedern an die Moderne
> Die Evangelische Kirche will in Berlin und Brandenburg den
> Elektro-Klingelbeutel einführen. Ob das Gott und seinen Schäfchen
> gefallen kann?
Bild: Gott ist es sicher egal, wie er an die Kohle seiner Gläubigen kommt: dig…
Es war so eine Meldung, die einen unwillkürlich auf den Kalender gucken
lässt, ob nicht doch gerade 1. April ist. „Giro-Karte im Gottesdienst –
Digitaler Klingelbeutel für die Kollekte“, überschrieb eine
Nachrichtenagentur das, was die [1][evangelische Landeskirche, zuständig
für Berlin, Brandenburg und die schlesische Oberlausitz], am Mittwoch
ankündigte.
Aber nein, es stimmte, und nicht nur weil es Anfang Juli ist: Die
protestantische Kirchenführung will tatsächlich Kartenzahlung anbieten.
Statt Münzen in den Klingelbeutel zu werfen, sollen Gottesdienstbesucher
auch per Karte spenden können. Im Griff des Beutels, in dem es dann weniger
klingelt, soll ein Sichtfenster sein, darunter ein Rädchen, mit dem sich
der Spendenbetrag einstellen lässt. Hintergrund ist angeblich, dass die
Kirchengemeinden Schwierigkeiten haben, das Münzgeld gebührenfrei bei
Banken einzuzahlen.
So aber wird weitere Aufmerksamkeit vom eigentlichen Geschehen abgezogen.
Es ist ein großer Unterschied, parallel zu Messgesang und Blick in den
Liedtext ein paar Münzen oder Scheine aus der Tasche zu fingern oder
konzentriert einen bestimmten Betrag einzustellen, um nicht am Ende
ungewollt bei der auf 25 Euro gedeckelten Höchstsumme zu landen.
Die Ankündigung schließt an eine andere fragwürdige Entscheidung der
Landeskirche an. Die hatte bereits 2016 beschlossen, ihre Kirchen mit
kostenlosen WLAN-Hotspots auszustatten und das Ganze „godspot“ zu nennen.
Die Kirche, Ort der Sammlung, des Gebets, des Gottesdienstes, nun als Ort
des freien Internet-Surfens? Das wirkte bereits sehr anbiedernd an den
Zeitgeist.
Die christliche Botschaft in die Moderne zu tragen heißt aber nicht, alles
Trendige mitmachen zu müssen. Schon schwer genug zu ertragen ist, wenn
Verwandte die diversen kirchlichen Nachwuchsfeste – Konfirmation bei den
Protestanten oder Erstkommunion und Firmung bei den Katholiken – als Show
verstehen, die in voller Gänze mit hochgerecktem Handy zu verfolgen ist,
ohne Rücksicht auf andere Besucher.
Nun elektronische Überweisungs- und Bankgeschäfte in die Kirche zu tragen
übertrifft das noch. Christlich erscheint das nicht, da braucht die
Kirchenleitung bloß im Neuen Testament nachzulesen, im 21. Kapitel des
Matthäus-Evangeliums: „Dann ging Jesus in den Tempel, jagte alle Händler
und Käufer hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler um.“
7 Jul 2018
## LINKS
[1] https://www.ekd.de/Evangelische-Kirche-Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberl…
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Evangelische Kirche
Kirchensteuer
Eritrea
Anti-Rassismus
Kirchenasyl
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