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# taz.de -- Südkorea bei der Fußball-WM: „Es ging um Erfolg um jeden Preis�…
> Im koreanischen Fußball war K-League war als Projekt der Militärdiktatur
> nie sonderlich populär, sagt Sport-Experte Lee Jung-Woo.
Bild: Die wichtigere Sportart in Südkorea ist eigentlich Baseball
taz: Welche Bedeutung hat der Fußball für die südkoreanische Gesellschaft?
Lee Jung-Woo: Baseball ist der wichtigste Sport in Korea. Im Fußball spielt
vor allem die Nationalmannschaft eine Rolle, die K-League war nie
sonderlich populär, obwohl der Fußball aufs Engste mit der koreanischen
Gesellschaft verknüpft ist.
Sie würden der Idee zustimmen, dass eine Nationalmannschaft immer auch die
Gesellschaft repräsentiert, aus der sie hervorgeht?
Ja, aber nicht eins zu eins. Drei historische Ereignisse prägen maßgeblich
die südkoreanische Gesellschaft: die Zeit als Kolonie Japans bis 1945, dann
der Krieg, und anschließend der ökonomische Aufschwung. In der Zeit der
kolonialen Unterdrückung, die sehr repressiv und grausam gewesen ist, war
Fußball eines der wenigen kulturellen Felder, in der eine koreanische
Identität behalten oder auch entwickelt werden konnte.
Die Spiele koreanischer Mannschaften in Japan waren ein nationales
Ereignis, auch nach der Befreiung. Der Sport bringt in Korea die stärksten
anti-japanischen Ressentiments hervor. Vor dem ersten Spiel nach der
Okkupation, 1954 war das, sagte der damalige Trainer: „Wir werden gegen
Japan gewinnen. Wenn nicht, schmeißen wir uns ins Meer.“
Parallel dazu hat die Militärdiktatur versucht, sich nach innen und nach
außen durch die Nationalmannschaft gut darzustellen, etwa durch den
Presidents Cup. Da lud man möglichst nicht konkurrenzfähige Mannschaften
ein, um sich als großen Sieger darzustellen.
Es ging um Erfolg um jeden Preis. Die Siege im Fußball sollten den
ökonomischen Aufschwung illustrieren. Und der Fußball sollte dadurch eine
beruhigende Wirkung auf die Bevölkerung haben. Nach dem Aufschwung gab es
in den achtziger Jahren demokratische Massenproteste, und auch die
Einführung der K-League im Jahr 1983 war als Ablenkung gedacht, um die
Massen durch Unterhaltung ruhig zu halten. Das hat nicht funktioniert, auch
weil es eine enge Vermischung zwischen großen Unternehmen und den
Fußballvereinen gab; darüber konnte kaum ein Verein eine regionale
Identität mit eigener Fankultur entwickeln. Deswegen interessieren die
Fußballclubs nur wenige.
Mir scheint, dass koreanische Fußballer die am wenigsten kriegerische,
maskulin geprägte Körperkultur in die Weltmeisterschaft einbringen. Die
Haare sind bunt, es werden keine Tribal-Tattoos zur Schau gestellt und so
weiter.
Das öffentliche Bild, das südkoreanische Fußballer abgeben, hat sich
maßgeblich geändert. Bum Kun-Cha, der in Deutschland vielleicht noch ein
Begriff sein wird, repräsentierte die alte Generation: der hart arbeitende,
zurückhaltende Mann der Nachkriegszeit. Als Ende der 1990er Jahre der
Fußball in Südkorea seinen Aufschwung nahm, haben sich die Spieler anders
dargestellt: als Popstar. Sie mussten sich vermarkten, mehr sein als nur
Fußballer.
Es gibt inzwischen gemeinschaftliche nord- und südkoreanische Teams, die
bei den Asian Games oder den Olympischen Spielen antreten werden. Der
Fußballverband hat ähnliche Überlegungen verworfen, obwohl es 1991 ein
gemeinsames Team bei der Junioren-WM gab.
Der koreanische Nationalismus hat zwei Ausprägungen, die in Konkurrenz
zueinander stehen. Es gibt einerseits einen ethnischen Nationalismus, der
über die Grenzen greift und eine antiimperialistische Verarbeitung der
Vergangenheit ist. Er zeigt sich im Sport auch dadurch, dass auch das Team
des jeweils anderen Landes bei internationalen Wettbewerben unterstützt
wird. Und es gibt den patriotischen Nationalismus Südkoreas, der ökonomisch
grundiert ist und auf den Aufschwung-Stolz abzielt. Der braucht herzeigbare
Erfolge. Das knüpft an den Leistungsgedanken an, und dieser Gedanke ist mit
einer politischen Mission, die Spieler beider Länder vereinigt, nicht
vereinbar.
Und inwiefern hat der koreanische Fußball mit Krieg, mit dem Konflikt
zwischen Nord und Süd zu tun?
Mit Krieg hat der Fußball eher mittelbar zu tun, inzwischen wird der Sport
symbolisch als Mittel der Aussöhnung verwendet. Es gab immer wieder
Freundschaftsspiele zwischen den beiden Nationen, die politisch bedeutsam
waren, 1990 etwa oder auch 2005, als es zur Erinnerung an die Befreiung
zwei Freundschaftsspiele gab, einmal die Männerteams, einmal die
Frauenteams. Das Duell der Männer gewann Süd-, das der Frauen Nordkorea.
27 Jun 2018
## AUTOREN
Frederic Valin
## TAGS
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WM-taz 2018: Neben dem Platz
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