| # taz.de -- Kolumne Russia Today: Kinderarbeit bei der WM | |
| > Für die Einlaufeskorte können sich Kinder aus der ganzen Welt bewerben. | |
| > Mit feuchten Kinderaugen lassen sich Dinge besonders gut verkaufen. | |
| Bild: Mit feuchten Kinderaugen lassen sich Dinge besonders gut verkaufen | |
| Kenne ich nicht, habe ich mir gedacht. Wer soll das denn sein, habe ich | |
| mich gefragt. Wie vor jedem Spiel hat der Stadionsprecher die Namen | |
| aufgezählt. Es waren aber nicht die Namen der Spieler, es waren die Namen | |
| der Kinder für die sogenannte Einlaufeskorte, die von einer weltweit | |
| agierenden Restaurantkette organisiert wird. | |
| Nach zweieinhalb Wochen Fußball-WM lässt die Konzentration bisweilen nach. | |
| Das ist so. Mehrmals am Tag schaue ich nach, welchen Wochentag wir haben, | |
| und vergewissere mich, in welcher Stadt ich gerade bin oder sein müsste. | |
| Von Kasan kann man mit der S-Bahn zum Flughafen fahren. Wie praktisch, habe | |
| ich mir am Dienstag gedacht. | |
| Leider war ich aber in Rostow, wo man gar nicht so einfach zum Flughafen | |
| kommt. Egal, ich habe meinen Flieger erreicht, und es ist dann auch kein | |
| Kindername in einem meiner Spielberichte aufgetaucht. | |
| Diese Einlaufeskorte geht mir dennoch nicht aus dem Kopf. Seit 2002 gibt | |
| der Fifa-Sponsor aus der hackfleischverarbeitenden Industrie den Fußballern | |
| Kinder an die Hand. Aus der ganzen Welt können sich Kinder dafür bewerben. | |
| Für manche Länder ist das schön. Die Griechen zum Beispiel hätten sonst gar | |
| keinen WM-Teilnehmer gestellt. | |
| Die Aufgabe der Kinder ist es dann, Stars ein menschliches Antlitz zu | |
| verleihen. Wenn ein Ronaldo ein Einlaufkind anlächelt, dann soll die | |
| Fußballwelt vor Rührung weinen. Mit feuchten Kinderaugen lassen sich Dinge | |
| besonders gut verkaufen. Für die Kinder ist das alles ein Traum. Wer | |
| ausgelost wird, darf umsonst mit seinen Eltern zur WM reisen, darf | |
| vielleicht seinen Lieblingsspieler anfassen. | |
| ## Schluchz, schluchz! | |
| Wer nicht ganz so viel Glück hat, muss einen Spieler aus Panama auf den | |
| Platz führen, von dem die Welt noch nie etwas gehört hat. Aber auch davon | |
| gibt es diese ach so süßen Bilder, bei denen man sich fragen kann, ob der | |
| Spieler aus Panama jetzt aufgeregter war als das Einlaufkind. Schluchz, | |
| schluchz! | |
| Die meisten Einlaufkinder kommen aus dem Gastgeberland. Manchmal sind es | |
| Gewinnspielgewinnerkinder, manchmal kommen sie aus heilpädagogischen | |
| Einrichtungen, wovon sich wieder Geschichten voller Herz und Schmerz | |
| erzählen lassen. Manchmal sind sie nur die Kinder von Beamten, die von | |
| ihren Eltern in die Riege hineingemogelt worden sind. | |
| In Wolgograd ist das geschehen. Da hat die Botschafterin der WM-Stadt, die | |
| Stabhochsprungheroin und oberste Sportpropagandistin des Landes, Jelena | |
| Issinbajewa, fünf Kinder aus einem Heim auf den Platz schicken wollten. | |
| Eines ist kurz vorher von der Liste verschwunden. So kam das Beamtenkind zu | |
| seinem Einlaufeinsatz. | |
| Eine sehr russische Geschichte, denke ich mir und frage mich, ob es sich | |
| nicht doch lohnt, die Mannschaftsaufstellung der Einlaufeskorte mal genauer | |
| anzusehen. Nur wann? Und wo? | |
| 5 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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| Witali Mutko | |
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