| # taz.de -- Berliner Schule für Geflüchtete: Separat oder separiert? | |
| > Seit einem Jahr bleiben geflüchtete Jugendliche in der früheren | |
| > Schöneberger Teske-Schule unter sich. Der Erfolg des Projekts ist | |
| > umstritten. | |
| Bild: Ort des „Bildungszentrums“ für geflüchtete Jugendliche: Die Teske-S… | |
| Ein Schuljahr ist es mittlerweile her: Damals wurde am Tempelhofer Weg, | |
| zwischen dem Südkreuz und dem Schöneberger Euref-Campus, eine Schule nur | |
| für geflüchtete Jugendliche eingerichtet. Fragt man nun, kurz vor den | |
| Ferien, Beteiligte des Projekts nach ihrer Bilanz – die Reaktionen könnten | |
| unterschiedlicher nicht sein. | |
| „Ein voller Erfolg“ sei das, was in dem seit 2013 ungenutzten Gebäude der | |
| Teske-Schule stattfinde, sagt Lehrer Winrich Widera. Dagegen fordert | |
| Hans-Jürgen Kuhn von der Bürgerinitiative „Schöneberg hilft“, das Projekt | |
| umgehend zu beenden: Die Bedingungen für gelingende Integration seien | |
| „schlechter als an jeder normalen Schule“, findet Kuhn, der in der | |
| Steuerungsgruppe der Bildungsverwaltung sitzt, die das Projekt begleitet. | |
| Die Geflüchteten würden im Tempelhofer Weg – trotz aller gegenteiligen | |
| Versprechen zu Schuljahresbeginn – weitestgehend separiert. | |
| Der Schulversuch in der Teske-Schule polarisiert also weiter. Offiziell | |
| heißt das Projekt eigentlich „Bildungszentrum“: Die Senatsverwaltung für | |
| Bildung, Jugend und Familie hatte vor einem Jahr angekündigt, in dem alten | |
| Schulgebäude sogenannte Profilklassen für geflüchtete Jugendliche | |
| einzurichten. Zielgruppe sind demnach 15- bis 16-Jährige, denen an normalen | |
| Schulen der Anschluss nicht gelingt und folglich auch kein Abschluss – | |
| aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse, wegen schwierigen Sozialverhaltens | |
| oder weil sie in ihren Herkunftsländern kaum zur Schule gegangen sind. | |
| In der Teske-Schule sollen die derzeit 43 Jugendlichen in sogenannten | |
| Profilklassen vor allem Deutsch lernen. Berufsorientierung soll der zweite | |
| Schwerpunkt sein: Betriebspraktika und Kooperationen mit berufsbildenden | |
| Oberstufenzentren seien geplant, versprach die Senatsverwaltung vor einem | |
| Jahr. Isoliert seien die Jugendlichen im Tempelhofer Weg keineswegs: Es | |
| sollte gemeinsamen Unterricht mit der benachbarten Hugo-Gaudig-Schule | |
| geben, und schließlich würden auch die Musikschule und die Volkshochschule | |
| des Bezirks in das Gebäude ziehen. Die Perspektive stellte sich die | |
| Bildungsverwaltung so vor: Nach maximal zwei Jahren an der Teske-Schule | |
| sollen die Teenager in berufsqualifizierende Maßnahmen wechseln – oder den | |
| Schulabschluss an einer normalen Schule anvisieren. | |
| „Fast nichts“ von den angekündigten Projekten sei umgesetzt, kritisiert nun | |
| Hans-Jürgen Kuhn, dessen Initiative nachmittags Nachhilfeunterricht im | |
| Gebäude gibt. Der gemeinsame Unterricht mit den Hugo-Gaudig-SchülerInnen | |
| sei nach ein paar Versuchen eingestellt worden: Die Lehrer dort hätten sich | |
| überfordert gefühlt. Mit der Volkshochschule und der Musikschule gebe es | |
| kaum Berührungspunkte. Und die Berufsorientierung? Zwar sei seit Februar | |
| das Forum Berufseinstieg in der Schule aktiv – aber die für das zweite | |
| Halbjahr versprochenen Betriebspraktika hätten nicht stattgefunden, sagt | |
| Kuhn. Vielleicht habe man auch zu schnell zu viel gewollt: „Seitens der | |
| Lehrer kam da eher das Signal, sich zunächst auf den Deutschunterricht | |
| konzentrieren zu wollen.“ | |
| ## Sprachliche Forschritte | |
| Lehrer Winrich Widera verwahrt sich gegen die Generalkritik seitens der | |
| Initiative. Die Jugendlichen hätten besonders sprachlich große Fortschritte | |
| gemacht. Selbst die Alphabetisierungsklasse sei inzwischen nahezu auf dem | |
| untersten Deutsch-Niveau A1 angekommen. Fünf SchülerInnen besuchten | |
| inzwischen normale Schulen. | |
| Und man solle doch mal bitte die SchülerInnen hier fragen, sagt Widera: | |
| „Die meisten fühlen sich hier wohl.“ Separation? Nein, findet der Lehrer. | |
| Er sehe in der Teske-Schule mit den kleinen Lerngruppe lieber einen | |
| „geschützten Raum“. Es stimme zwar, dass der gemeinsame Unterricht mit der | |
| Gaudig-Schule nicht geklappt habe – auch weil der Krankenstand dort hoch | |
| gewesen sei. Aber man nehme das für das kommende Schuljahr erneut in | |
| Angriff. | |
| Auch Kuhn bestreitet nicht, dass viele Schüler sich wohlfühlten in der | |
| Teske-Schule. Trotzdem hält er die Schule für keinen guten Lernort: Noch | |
| immer gebe es weder Pausenraum noch Cafeteria, selbst Internet fehle im | |
| Gebäude. Das wiederum bemängelt auch Widera. Immerhin: Das Faxgerät im | |
| Sekretariat funktioniere. Und Wasser- und Stromanschlüsse für die Cafeteria | |
| seien inzwischen gelegt. | |
| ## Dezentral als Alternative | |
| Schulen aus dem ganzen Stadtgebiet können dem Schulamt in | |
| Tempelhof-Schöneberg SchülerInnen vorschlagen, für die das Projekt passen | |
| könnte. Laut Widera sollen auch im nächsten Jahr wieder rund 40 Jugendliche | |
| hier unterrichtet werden. Die Bildungsverwaltung äußerte sich bisher nicht. | |
| Kuhn sagt, er verstehe nicht, warum es nicht möglich sei, für 43 | |
| Jugendliche anderswo Schulplätze zu finden. Vor allem, da der Druck längst | |
| abgenommen habe, viele Geflüchtete in kurzer Zeit in die Schulen zu | |
| bringen. Dabei betont Kuhn, dass er das pädagogische Konzept an sich nicht | |
| kritisiere: Es mache Sinn, bei dieser Altersgruppe Deutschunterricht und | |
| berufsorientiertes Lernen zusammenzudenken. „Aber warum nicht dezentral?“ | |
| Immerhin gebe es an vielen Berliner Schulen eine Kooperation mit dem | |
| Institut für Produktives Lernen, bei welcher genau diese Kombination aus | |
| Theorie und Praxis angeboten werde. Auch die Grünen in der BVV | |
| Tempelhof-Schöneberg forderten Ende Juni in einem Antrag eine „dezentrale | |
| Lernförderung“ statt Flüchtlingsschule. | |
| Bequem für alle Verantwortlichen ist, dass sich die Debatte über die | |
| Teske-Schule in einigen Jahren von selbst erledigen könnte: Der Bezirk | |
| braucht das Gebäude dann als Grundschulstandort. | |
| 2 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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