# taz.de -- Kolumbiens Hoffnung gegen Senegal: Der letzte Spielgestalter | |
> Die kolumbianische Mannschaft hat eine Idee, was sie mit dem Ball | |
> anfangen will. Und sie hat James Rodriguez, der sie umsetzen kann. | |
Bild: James Rodriguez (Mittee) ist vielleicht dir größte WM-Hoffnung Kolumbie… | |
James Rodriguez steht nicht so gern im Vordergrund, er zieht sich lieber in | |
den Mittelpunkt zurück. In dieser sehr athletischen kolumbianischen | |
Mannschaft ist er derjenige, der die Abläufe strukturiert; er gibt dem | |
durchsetzungsstarken Spiel Struktur. Er ist einer der wenigen, die die | |
Ablösung des Spielgestalters überdauert haben, ein Anachronismus, der | |
nostalgisch werden lässt. | |
Vor vier Jahren war er Torschützenkönig der WM, sechsmal traf er. Darunter | |
war auch jenes spektakuläre Tor gegen Uruguay, als er den Ball mit der | |
Brust stoppte und ihn dann aus der Drehung volley unter die Latte setzte. | |
Ein Tor, das schwer zu glauben war, selbst für ihn. Man sah es in seinem | |
Jubel, der damals wie heute nichts Choreografiertes hat, kein Branding, wie | |
beispielsweise bei Cristiano Ronaldo. | |
An zweien der vier kolumbianischen Tore war er bei dem aktuellen Turnier | |
direkt beteiligt, immer als Serveur, einmal mit einer butterweichen Flanke | |
auf den Kopf von Yerry Mina, und dann, noch mal gegen Polen, mit dem | |
schönsten Pass, den diese Weltmeisterschaft bisher gesehen hat: James läuft | |
auf links zwei Gegenspielern davon und schlägt dann, knapp hinter der | |
Mittellinie, den Ball quer hinüber, ein Quaterback-Pass mitten hinein in | |
den Raum, den sich Juan Cuadrado nur noch ersprinten musste. | |
Das, unter anderem, ist es, was James Rodriguez unbedingt ausmacht: Er | |
sieht Dinge, die andere nicht zu erkennen vermögen. Er spielt Bälle, von | |
denen der Zuschauer erst hinterher weiß, dass sie im Bereich des Möglichen | |
lagen. Wo andere ein Problem haben, hat er eine Gelegenheit. | |
## Rodriguez weiß, was möglich ist | |
Wie gesagt, unter anderem. Es wäre falsch, James Rodriguez auf die großen | |
Momente zu beschränken. Gegen Japan fehlte er eine Stunde lang, muskuläre | |
Probleme in der Wade, und es war, als hätte man ihrem Spiel das Metronom | |
genommen. Ja, Kolumbien spielte nach drei Minuten nur mehr zu zehnt, und | |
ja, ab dann liefen sie einem Rückstand hinterher. Aber sie liefen auch – | |
und das war das größere Problem – ohne rechte Idee. | |
James Rodriguez spielt nicht nur die großen Pässe, sondern auch die | |
kleinen, unscheinbaren, die es braucht, um die Mitspieler in ihre Position | |
zu bringen. Er hält die Bälle, wenn es nötig ist, geht in die Zweikämpfe, | |
und sobald ihm der Moment günstig scheint, macht er das Spiel schnell. Er | |
zaubert wohl bisweilen, aber vor allem arbeitet er auch. Es ist genau diese | |
Vielseitigkeit, die seinen Erzählstil prägt. Denn das ist James Rodriguez: | |
einer, der das Spiel erzählt. | |
Und das macht er wie kaum ein anderer, wenn man ihn lässt. In seinen | |
Vereinen, bei Real Madrid und auch anfangs bei Bayern München, hatte man | |
ihn weit seltener glänzen sehen. Er galt als eine Spur zu langsam, eine | |
Spur zu zweikampfschwach, eine Spur zu unentschlossen. Erst diese Saison | |
hat er sich etablieren können, allerdings weiß man noch nicht ganz genau, | |
als was: tiefer Sechser oder klassische Zehn, auf der Außenbahn oder | |
hängende Spitze? | |
James Rodriguez hat eine sehr gute Rückrunde gespielt, und jetzt [1][hat er | |
begonnen, eine fantastische WM zu zelebrieren]. Kolumbien hat ohne Frage | |
großartige Spieler neben ihm, aber ohne seinen ordnenden Fuß passen die | |
Teile nicht zueinander. Mit ihm aber hat Kolumbien etwas, was es von den | |
meisten Mannschaften dieser Endrunde unterscheidet: eine grundsätzliche | |
Idee, was alles möglich ist mit dem Ball. | |
28 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Frederic Valin | |
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