# taz.de -- Bundeswehr-Shitstorm gegen Re:publica: Sie würde es wieder tun | |
> Die Bundeswehr startete einen Shitstorm gegen einen Netzkongress. Auf | |
> Nachfrage ließ sie nun wissen, dass sie derartige Aktionen wiederholen | |
> könnte. | |
Bild: Die Re:publica wollte keine Menschen in Uniform auf ihrer Veranstaltung | |
BERLIN taz | Markus Beckedahl und sein Team waren auf alles vorbereitet. | |
Stromausfall, Terroranschlag, ein Brand in der Halle – für solche Notfälle | |
hatten die Macher der Berliner Netzkonferenz Re:publica vorgeplant. Nur mit | |
einem hatten sie nicht gerechnet: Dass zu Beginn der Veranstaltung die | |
Bundeswehr vorfährt, am Eingang Flyer gegen den Kongress verteilt und im | |
Internet einen Shitstorm anzettelt. | |
„Das war richtig belastend“, sagt Beckedahl zwei Monate später. „Die | |
Bundeswehr hat auf ihren Social-Media-Kanälen durch Tonalität und Elemente | |
der Desinformation in Kauf genommen, dass sich eine Trollarmee an | |
Unterstützern bildet.“ Plötzlich mussten sich die Veranstalter um | |
Beleidigungen aus dem Internet und Presseanfragen am Telefon kümmern. Für | |
die rund 10.000 Gäste ihres Events hatten sie kaum noch Zeit. | |
Gut möglich, dass sich Kongressveranstalter an solche Situationen gewöhnen | |
müssen. Denn gegenüber dem Bundestag hat das Verteidigungsministerium jetzt | |
angekündigt, Aktionen wie die im Mai in Berlin bei zukünftigen | |
Veranstaltungen zu wiederholen. | |
Aber von vorne: Die Re:publica, seit 2007 jährlich veranstaltet, ist die | |
größte netzpolitische Veranstaltung Deutschlands. Anfang 2018 bat die | |
Bundeswehr die Organisatoren, im Foyer eine Fläche für einen Werbestand | |
mieten zu dürfen. Das Team lehnte ab: Einen Bundeswehrstand wolle man auf | |
dem Gelände nicht haben, Menschen in Uniform auch nicht. Gegen | |
Bundeswehrangehörige auf Podien und unter den Zuschauern habe man aber | |
nichts, beteuern die Veranstalter. | |
Das Verteidigungsministerium wollte die Standabsage nicht akzeptieren. Es | |
schickte vier Werbeoffiziere vor den Veranstaltungsort und startete eine | |
Social-Media-Kampagne. [1][In einem Facebook-Posting sprach die Bundeswehr] | |
von einer „Provokation gegen unsere Parlamentsarmee“ und behauptete, die | |
Re:publica sei gegen sie. Etliche User sprangen auf die Kampagne an und | |
starteten einen Shitstorm – angestachelt durch Fehlinformationen | |
offizieller Stellen. | |
## Wiederholung falscher Behauptungen | |
In einer Bundestagsanfrage wollte die Abgeordnete Anke Domscheit-Berg jetzt | |
wissen, wie es dazu kam. Verantwortung übernimmt das | |
Verteidigungsministerium in seiner Antwort aber nicht. | |
Gegenüber der taz behauptete eine Ministeriumssprecherin [2][während der | |
Veranstaltung zum Beispiel], die Organisatoren hätten der Bundeswehr unter | |
der Bedingung, dass Uniformen draußen bleiben, eigentlich einen Stand | |
zugesagt. Laut E-Mails zwischen Organisatoren und Ministerium stimmt das | |
nicht. Worauf die Aussage der Pressestelle basiere, wollte die | |
Domscheit-Berg jetzt wissen. Als Antwort wiederholt das Ministerium nur die | |
falsche Behauptung. | |
[3][Auf Facebook schrieb Saatssekretär Peter Tauber (CDU)] am Tag der | |
Konferenz pauschal, die Re:publica habe der Bundeswehr „den Zutritt | |
verweigert“. Fragen nach diesem Eintrag beantwortet das Ministerium | |
ebenfalls nicht. Es schickt nur eine Kopie des Postings. | |
Der Bundeswehr-Sender [4][Radio Andernach schrieb auf Facebook], seine | |
Berlin-Korrespondentin sei am Eingang abgewiesen worden, weil sie Uniform | |
trug. Die Soldatin hatte aber weder eine Akkreditierung noch ein Ticket und | |
ist allein schon deswegen nicht reingekommen. Dass die Soldatin eine | |
Eintrittskarte hatte, habe die Bundeswehr ja gar nicht behauptet, schreibt | |
das Ministerium jetzt schlicht.Auf Instagram zeigte sich einer der | |
eingesetzten Offiziere [5][erfreut darüber], dass andere User die | |
Re:publica zwischenzeitlich negativ bewertet hatten. Tatsächlich zählten | |
die Veranstalter dort 900 sogenannte Downvotes. „Die Bundesregierung | |
kommentiert keine Äußerungen auf einem privaten Instagram-Account“, heißt | |
es dazu nur vom Ministerium. | |
## Wiederholung nicht ausgeschlossen | |
Die Abgeordnete Domscheit-Berg fragte schließlich, ob die Bundeswehr die | |
Aktion wiederholen werde, wenn sie das nächste Mal nicht zu einer | |
Veranstaltung eingeladen werden. Die Antwort: „Die Bundesregierung behält | |
sich vor, sich auch künftig für die Meinungsfreiheit in unserem Land | |
einzusetzen.“ | |
Von „Falschinformationen, Propaganda und Unterstellungen“ durch die | |
Bundeswehr spricht Domscheit-Berg. Wenn das Verteidigungsministerium dabei | |
mit der Meinungsfreiheit der Bundeswehr argumentiere, verwechsle es | |
„staatliche Repressionen gegen unliebsame politische Meinungen in | |
undemokratischen Staaten mit der freien Entscheidung von Veranstaltern, wen | |
und wie sie Aussteller auf ihrem Gelände zulassen“. Einschüchterungen durch | |
die Bundeswehr im Inland gingen „einfach gar nicht“. | |
Immerhin: Die Veranstalter der Re:publica lassen sich von der | |
Bundeswehr-Aktion nicht beirren. Sie rechnen zwar damit, dass die Armee | |
schon an den Plänen fürs nächste Jahr sitzt. Markus Beckedahl sagt aber: | |
„Wir schließen aus, dass die Bundeswehr 2019 einen Stand auf der Re:publica | |
bekommen wird.“ | |
17 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/bundeswehr.karriere/posts/2018-05-02/1767584226614… | |
[2] /Bundeswehr-vs-Republica/!5503157 | |
[3] https://www.facebook.com/tauber.peter/posts/1679761732115477 | |
[4] https://augengeradeaus.net/2018/05/bundeswehr-republica-fake-news-vom-solda… | |
[5] https://www.instagram.com/p/BiV9zOSFpvi/?hl=de&taken-by=marcel_bohnert | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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