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# taz.de -- Gastkommentar Wahl der Deutschtürken: Özdemirs Pauschalurteil
> Dass die Deutschtürken geschlossen hinter Präsident Erdoğan stehen, ist
> ein Mythos. Dennoch ist es wichtig, sie für Demokratie zu begeistern.
Bild: Demokratie-Bekenntnis wünschenswert: Erdoğan-Anhänger in Köln
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan steht mit dem jüngsten
Wahlsieg auf dem Gipfel seiner Macht. Unerwartet? Keinesfalls: Dank des
Ausnahmezustands hat er den Staat und die Medien fest im Griff. Umso
erstaunlicher ist die Zustimmung unter Deutschtürken: Hier konnte er 64 und
seine AKP 55 Prozent auf sich vereinen (Türkei: 52 und 42 Prozent).
Wie ist dies zu erklären? Da sind zunächst der Bonus des Amtsträgers und
seine Omnipräsenz in allen Medien. Weitere Faktoren sind das Wachstum und
die Urbanisierung, die viele Deutschtürken als seinen Verdienst ansehen.
Zudem sehen sie ihn als einen Aufsteigertyp, der ihre Ideale verkörpert.
Die Wirtschaftsprobleme hingegen sind für Erdoğans Anhänger in Deutschland
kaum spürbar.
Dass Erdoğan in Deutschland nicht auftreten durfte, hat eine
Solidarisierung bewirkt. Viele konnten die Kritik an Nationalspieler Mesut
Özil nicht nachvollziehen, zumal Deutschland an der Fußball-WM im Land
eines ebenfalls autokratischen Putin teilnimmt. Wie ist damit umzugehen?
Dass die Deutschtürken geschlossen hinter Erdoğan stehen, ist eher Mythos
als Realität: Von den drei Millionen Deutschtürken haben ihn nur 432.000
gewählt. Dennoch wäre ein klares Bekenntnis der Deutschtürken zur
parlamentarischen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wünschenswert. Wichtig
ist daher, sie für die liberale Demokratie zu begeistern und vor
Autoritarismus zu warnen – durch Aufklärung, Anerkennung, Respekt und
Partizipationsmöglichkeiten.
Was wir nicht brauchen, sind Pauschalurteile wie die von Cem Özdemir. Der
Grünen-Politiker erklärte, die jubelnden Erdoğan-Anhänger würden mit ihrer
Wahlentscheidung ihre Ablehnung gegenüber der liberalen Demokratie in
Deutschland ausdrücken. Özdemirs symbolische Grenzziehung gegenüber
AKP-Wähler ist undemokratisch und Öl ins Feuer des Rechtspopulismus. Das
Demokratieprinzip verlangt Akzeptanz gegenüber Menschen, die nicht in
unserem Sinne gewählt haben.
27 Jun 2018
## AUTOREN
Yasar Aydin
## TAGS
Deutschtürken
Präsidentschaftswahl in der Türkei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
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Frauen-WM 2019
Integration
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