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# taz.de -- Kabinett Erdoğan in der Türkei: Der Schwiegersohn als Finanzminis…
> Der türkische Staatschef Erdoğan ist im neuen Präsidialsystem noch
> mächtiger als zuvor. Sein Kabinett ist um einen Verwandten reicher.
Bild: Berat Albayrak wird von seinem Schwiegervater als neuer Finanzminister de…
Ankara rtr | Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan macht mit seiner
neuen Machtfülle die Wirtschaftspolitik zur Chefsache. Nur wenige Stunden
[1][nach seiner Vereidigung als Staatschef im neuen Präsidialsystem]
ernannte er am Montagabend seinen Schwiegersohn Berat Albayrak zum neuen
Finanzminister. Bei der Vorstellung des neuen Kabinetts kündigte er
zugleich einen weitreichenden Umbau des Landes an, dass er seit 15 Jahren
als Ministerpräsident und Staatsoberhaupt führt.
Zu seinen ersten Entscheidungen gehörte auch, dass er sich per Dekret eine
stärkere Kontrolle über die Zentralbank verschafft, wie er es im Wahlkampf
angekündigt hatte. An den Finanzmärkten sorgten dies am Dienstag für
Verunsicherung. Die bereits seit längeren gebeutelte Landeswährung Lira
geriet weiter unter Druck. Die Istanbuler Börse gab nach.
„Wir lassen das System zurück, das unser Land in der Vergangenheit einen
hohen Preis im politischen und wirtschaftlichen Chaos gekostet hat“, sagte
Erdoğan bei der Vorstellung seiner Regierung. Mit dem neuen Präsidialsystem
wurde das Amt des Ministerpräsidenten abgeschafft. Der Präsident wählt sein
eigenes Kabinett, ernennt die Minister, kann Beamte abberufen und mit
Dekreten teilweise das Parlament umgehen.
Die Verfassungsänderungen sind laut Erdoğan nötig, um die Wirtschaft
anzuschieben und die Sicherheit nach dem Putschversuch vor zwei Jahren zu
gewährleisten. Den hohen Zinsen und der Inflation im Land sagte er den
Kampf an.
## Türkische Lira verliert an Wert
Erdoğans ersten Erlasse betrafen dann auch die Zentralbank: Deren Chef wird
künftig vom Präsidenten und nicht mehr vom Kabinett ernannt, seine Amtszeit
um ein Jahr auf vier Jahre verkürzt. Der selbsterklärte Zinsgegner hatte
vor seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Juni angekündigt, die
Notenbank an die kurze Leine zu nehmen. Die Zentralbank bleibe zwar auch
nach der Umstellung auf das Präsidialsystem unabhängig. Doch die
Währungshüter könnten die vom Staatsoberhaupt ausgehenden Signale nicht
ignorieren, sobald das neue System etabliert sei.
Die Teuerung in der Türkei ist derzeit mit etwa 15,4 Prozent so hoch wie
seit 14 Jahren nicht mehr. Die türkische Lira hat gegenüber dem Dollar ein
Fünftel ihres Wertes in diesem Jahr verloren. Erdoğan hat dafür auch immer
wieder Spekulanten aus dem Ausland verantwortlich gemacht.
An den Finanzmärkten sorgten Erdoğans Personalentscheidungen für
Verunsicherung. Die Investoren verschreckte vor allem, dass der
marktfreundliche Ex-Vize-Ministerpräsident Mehmet Simsek nicht mehr der
Regierung angehören wird. „Insgesamt betrachtet deutet alles darauf hin,
dass Erdoğan seinen direkten Einfluss auf politische Schlüsselbereiche
sofort erhöhen wird, ohne sich dabei groß von Experten beraten zu lassen“,
schrieben die Analysten der Commerzbank in einer Studie.
Erdoğans Anhänger sehen in den Verfassungsänderungen einen Lohn für einen
Politiker, der seit 15 Jahren die Geschicke des Landes bestimmt und dabei
islamische Werte ins Zentrum gestellt hat. Die fromme Arbeiterschaft wurde
von ihm gefördert sowie der Bau von Flughäfen, Krankenhäuser und Schulen
vorangetrieben.
Seine Gegner werfen ihm vor, [2][das Land in einen autoritären Staat zu
verwandeln], von westlichen Werten wie Meinungsfreiheit und Demokratie
abzurücken sowie die säkularen Strukturen zu zerstören, die der Gründer der
modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, aufgebaut hat.
10 Jul 2018
## LINKS
[1] /Amtseinfuehrung-Erdoans-in-der-Tuerkei/!5519626
[2] /Angst-vor-erneutem-Putschversuch/!5516016
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Schwerpunkt Türkei
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