Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Keshas Prozess gegen Ex-Produzent: Nicht wirklich Post-#metoo
> Die Vergewaltigungsklage von US-Sängerin Kesha gegen ihren Exproduzenten
> ist verjährt. Auch ihren Vertrag mit ihm darf sie nicht auflösen.
Bild: Was hat sich durch sieben Monate #MeToo verändert? Im Fall von Kesha lei…
BERLIN taz | Ganz in Weiß gekleidet steht die US-amerikanische
[1][Popsängerin Kesha] bei der diesjährigen Grammy-Verleihung auf der
Bühne. Umringt von einem Chor beginnt sie zu singen: „'Cause you brought
the flames and you put me through hell / I had to learn how to fight for
myself“.
Zeilen aus ihrer Klavierballade „Praying“, die im Sommer 2017
veröffentlicht wurde. Es ist unschwer zu erkennen, dass sich dieses Lied an
ihren ehemaligen Produzenten Dr. Luke richtet. Sie beschuldigt ihn der
Vergewaltigung sowie der seelischen und körperlichen Misshandlung, während
sie beim Kemosabe Records Label unter Vertrag war. Seit 2014 geht sie gegen
Dr. Luke vor. [2][Ihre Klage wegen Vergewaltigung] kam nie vor Gericht:
2016 wurde sie wegen Verjährung fallengelassen. Dr. Luke streitet alle
Vorwürfe ab und reagierte mit einer Gegenklage wegen Verleumdung. Fans und
Kolleginnen solidarisieren sich mit der Popsängerin unter dem Hashtag
[3][#FreeKesha].
Der Gerichtsprozess startete in einer Zeit vor #MeToo. Obwohl Dr. Luke
nicht mehr ihr Produzent ist, ist Kesha durch frühere Geschäftsbedingungen
an ihn gebunden. An jedem Lied, das sie veröffentlicht, verdient er mit.
Der Songwriterin und Sängerin ist es nicht erlaubt, bei anderen Labels
Lieder zu veröffentlichen. Genau das wollte sie mit ihrer aktuellen Klage
ändern. Doch das Berufungsgericht in New York lehnte am Dienstag die
Ergänzungen zu ihrer Gegenklage ab. Darin schrieb sie: „Man kann sich von
einem gewalttätigen Ehepartner trennen. Dieselbe Möglichkeit – sich von den
physischen, emotionalen und finanziellen Ketten einer zerstörerischen
Beziehung zu lösen – sollte auch einem Musiker gegeben sein.“
Einen Tag nach dem Gerichtsentscheid ist [4][Filmproduzent Harvey
Weinstein] von einer Grand Jury in New York wegen Vergewaltigung und
erzwungenes Oralsex angeklagt worden. Die Vorwürfe entsprechen der Anklage,
die die Staatsanwaltschaft am vorigen Freitag vorgebracht hatte, nachdem
Weinstein sich freiwillig der Polizei gestellt hatte. Weinstein selbst
bestreitet die Vorwürfe.
## Keine Spur vom Post-#MeToo-Recht
Bevor Weinsteins Prozess gestartet ist, sprechen jetzt schon viele von
einem lang ersehnten Sieg der #MeToo-Bewegung. Ein erster Schritt ist es in
jedem Fall. Eine Debatte über sexuellen Missbrauch verändert die
Gesellschaft erst dann wirklich, wenn sie nicht nur die kulturelle
Sichtweise, sondern auch die Gesetze und Rechtsprechung beeinflusst. In
einem aktuellen Artikel bei CNN schreibt Caroline Polisi von einem Turning
Point in der Debatte: „Künftige Weinsteins dieser Welt werden Gerechtigkeit
in einem Post-#MeToo-Rechtssystem erfahren.“
Von diesem Rechtssystem ist in dem Gerichtsprozess von Kesha und Dr. Luke
noch nichts zu spüren. In dem Prozess ging es nicht um die
Schuldfeststellung der vorgeworfenen Vergewaltigung, sondern lediglich, um
eine vorzeitige Beendung des Geschäftsverhältnisses zwischen Dr. Luke und
Kesha. Das offizielle Statement des Gerichts reproduziert weibliche
Stereotype. Das Gericht urteilte, dass Keshas Aussage, sie könne mit Dr.
Luke im Rücken nicht mehr perfomen, spekulativ sei, weil sie ja in den
letzten Jahren Auftritte gehabt habe.
Damit wird die Sängerin in eine Opferrolle gesteckt. Ihre Glaubwürdigkeit
hängt davon ab, wie sehr sie unter einer Vergewaltigung leidet. Hätte sie
also aufgehört zu performen und ihre Karriere damit aufgegeben, hätte das
Gericht ihre Forderung berücksichtigt? Anstatt Männer zur Verantwortung zu
zwingen, werden also die Erwartungen der Frau auferlegt. Und ein Gericht
entscheidet, was der richtige Umgang einer Frau mit sexueller Gewalt ist.
Nicht wirklich Post-#MeToo.
Keshas Fall verdeutlicht noch einmal, wie schwer es ist, eine junge
weibliche Musiker*in im männlich dominierten Musikbusiness zu sein. Und was
sich in sieben Monaten #MeToo tatsächlich verändert hat: leider nicht
sonderlich viel. Denn zurück bleibt das Gefühl, das Frauen seit jeher
plagt: Dass es nichts bringt, gegen sexuelle Gewalt juristisch vorzugehen.
Vielleicht wird der Prozess gegen Weinstein in dieser Hinsicht ein Zeichen
setzen.
31 May 2018
## LINKS
[1] /Neues-Album-von-Keha/!5443943
[2] /Vergewaltigungsvorwurf-von-Kesha/!5292012
[3] https://twitter.com/search?q=%23FreeKesha&src=typd
[4] /Vorwuerfe-gegen-US-Filmproduzenten/!5509824
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
Harvey Weinstein
Harvey Weinstein
Taylor Swift
Vergewaltigung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vorwürfe gegen US-Filmproduzenten: Grand Jury klagt Weinstein an
Ihm werden Vergewaltigung und erzwungener Oralsex vorgeworfen. Harvey
Weinsteins Anwalt weist alle Vorwürfe zurück. Der Prozess rückt nun näher.
Neues Album von Ke$ha: Kleines popkulturelles Wunder
Die als Ke$ha bekannt gewordene Sängerin machte eine Reha und verklagte
ihren Produzenten. Executive Producer ihres neuen Albums ist sie selbst.
Vergewaltigungsvorwurf von Kesha: Hinter geschlossenen Türen
Popsängerin Kesha versucht sich aus einem Vertrag mit ihrem Produzenten Dr.
Luke zu lösen. Sie wirft ihm Vergewaltigung vor. Jetzt greift sie Sony an.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.