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# taz.de -- Griechischer Ex-Chefstatistiker verurteilt: Hat er Griechenland zer…
> Einst brachte Andreas Georgiou das wahre Ausmaß der griechischen
> Staatsverschuldung ans Licht. Jetzt wurde er wegen
> „Amtspflichtverletzung“ verurteilt.
Bild: Kein Freund der Fantasie: Er machte griechische Statistiken wieder nücht…
Berlin taz | Die griechische Tragödie hat viele Hauptdarsteller. Einer von
ihnen heißt Andreas Georgiou. Der einstige Chefstatistiker Griechenlands
ist dieser Tage besonders unglücklich über die ihm zugedachte Rolle. „Den
Menschen wird erzählt: ‚Hier habt ihr den Typen, der Griechenland zerstört
hat‘“, beschreibt Georgiou selbst seinen Part.
Nun wurde er vom obersten Gerichtshof Griechenlands zu zwei Jahren Haft auf
Bewährung verurteilt, wegen „Amtspflichtverletzung“. Dies berichtete die
griechische Presse am Wochenende. Einer Schuld ist sich der frühere
Präsident der griechischen Statistikbehörde Elstat nicht bewusst: Er habe
nur genaue Statistiken produziert und „die Wahrheit gesagt“. Das sei sein
„Dienst an Griechenland“ gewesen.
Geboren 1960 in Patras, hatte Georgiou lange in den USA gelebt, bis er im
August 2010 in seine Heimat zurückkehrte, um die Leitung der Elstat zu
übernehmen. Die damalige sozialistische Regierung von Giorgos A. Papandreou
hatte ihn auserkoren, den in der EU und bei Investoren aufgrund von
Datenfälschungen schwer angeschlagenen Ruf Griechenlands wieder
aufzupolieren. Seine Referenzen waren nicht die schlechtesten: Von 1989 an
hatte der promovierte Wirtschaftswissenschaftler für den Internationalen
Währungsfonds (IWF) gearbeitet, zuletzt als stellvertretender Leiter der
Statistikabteilung. Doch dann ging alles schief.
Denn Georgiou nahm es zu genau mit den Zahlen: Er korrigierte die Daten
über das Haushaltsdefizit Griechenlands für das Jahr 2009 nach oben. Im
November 2010 ließ er mitteilen, es betrage 15,4 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP). Ursprünglich hatte Athen nur 3,9 Prozent nach
Brüssel gemeldet.
## Mit der Prognose nahm das Austeritätsregime seinen Lauf
Seitdem gilt Georgiou für viele als Schuldiger für die Griechenland-Krise,
ein perfekter Sündenbock. Dabei hatte er sich bei seinen Neuberechnungen
nur erstmals strikt nach EU-Standards gerichtet, wie die Statistikbehörde
der EU, Eurostat, wiederholt bestätigte. In seinem Heimatland machte er
sich mit dieser Gewissenhaftigkeit jedoch keine Freunde.
Der Ökonom wurde öffentlich für die noch drastischeren Sparauflagen des
zweiten Troika-Rettungsprogramms verantwortlich gemacht. In der Folge
wurden die Vorwürfe mit mehreren Anklagen gegen ihn unterfüttert. Schon
2011 belasteten ihn KollegInnen, er habe den neuen Schuldenstand ohne die
Zustimmung des Verwaltungsrats veröffentlicht. Dafür wurde er jetzt
verurteilt.
Nachdem er 2015 sein Amt niedergelegt hatte, wurde er 2017 wegen
„Verleumdung“ seines Amtsvorgängers belangt. Er hatte die früheren
Berechnungen der Elstat als „betrügerisch“ bezeichnet. In einem dritten
Verfahren wird ihm vorgeworfen, dem Staat durch seine Angabe zur
Neuverschuldung den sagenhaften Schaden von 171 Milliarden Euro zugefügt zu
haben.
Georgiou wohnt inzwischen mit seiner Familie wieder in den USA. Die ihm
auferlegte Rolle in der griechischen Tragödie macht ihm täglich zu
schaffen, sagt er: „Ich wache morgens mit dem Gedanken daran auf und gehe
abends mit ihm ins Bett.
12 Jun 2018
## AUTOREN
Frederik Richthofen
## TAGS
Griechenland
Euro-Krise
Statistik
Euro-Krise
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Italien
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