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# taz.de -- Schulbehörde gibt keine Direktive: Was tun bei Hitze?
> Elf Hamburger SchülerInnen mussten nach einem Sportfest in ärztliche
> Behandlung. Vorangegangen war eine Fehleinschätzung des alleine
> gelassenen Schulleiters.
Bild: Hitzefrei, das war mal: In Hamburg ist das damit verbundene Prozedere mit…
HAMBURG taz | Es war eine Fehleinschätzung, doch konkrete Konsequenzen gibt
es nicht. Elf SchülerInnen der Stadtteilschule Max Brauer in Altona wurden
am Dienstag nach einem Sportfest vorsorglich ins Krankenhaus gebracht. Auf
dem Programm hatte ein 800 Meter-Lauf gestanden, bei 30 Grad im Schatten,
der die Tartanbahn allerdings nicht erreichte. Zwei Kinder hatten sich
verletzt, die anderen klagten über Erschöpfung, Kreislauf- und
Atembeschwerden.
Die Schulleitung hatte sich entschlossen, den traditionellen
„Leichtathletik-Tag“ trotz eindeutiger Wettervorhersage stattfinden zu
lassen. „Wir haben die Lage offensichtlich falsch eingeschätzt“,
entschuldigte sich Schulleiter Tim Hagener nach dem Abbruch der
Veranstaltung kleinlaut bei den Eltern.
Auch die Schulbehörde spricht von einer „Fehleinschätzung der Lage“. Die
„körperliche Unversehrtheit“ der Schülerinnen sei bei solchen
Veranstaltungen natürlich „auf jeden Fall sicherzustellen“. Dass dies an
der Max Brauer-Schule nicht geschah, sei „fahrlässig und unverantwortlich“.
Allerdings gibt die Schulbehörde den Schulen auch keine Empfehlungen und
Direktiven mit, was bei Hitze den SchülerInnen zugemutet werden kann und
was nicht. Behördensprecher Peter Albrecht: „Das entscheidet jede Schule
autonom.“
Und damit mitunter falsch. Auf der Altonaer Schule wurde zwar zwischen
Lehrenden und Lernenden vor dem Sportfest intensiv über die Belastung durch
die hochsommerlichen Temperaturen gesprochen, den SchülerInnen
freigestellt, an dem Hitze-Lauf teilzunehmen und vor Überbelastung gewarnt
– all das half aber nicht.
Nachdem sich ein Schüler am Sprunggelenk verletzt hatte und ein Sanitäter
vor Ort erschienen war, kam es zur Kettenreaktion. Mehrere Jugendliche
klagten gegenüber dem Sanitäter über Unwohlsein. Der informierte
vorsorglich die Kollegen, kurz darauf tummelten sich nicht weniger als 47
SanitäterInnen auf dem Schulgelände. Elf der Anwesenden 600 SchülerInnen
wurden in eine Klinik gebracht; sie alle konnten diese aber bald wieder
verlassen.
Der Vorfall kann sich jederzeit wiederholen. Da die Behörde den Schulen
keine klaren Richtlinien zum Sportunterricht bei Hitze an die Hand gibt,
sind diese auf sich allein gestellt. Im Zweifelsfall, so empfiehlt die
Behörde, sollten die Schulen Kontakt „mit unserem Sportreferat oder den
Gesundheitsämtern aufnehmen“. Doch das passiert nur in den seltensten
Fällen.
Gab es früher schon bei weit unter 30 Grad an allen Schulen hitzefrei, so
können die Schulen die ihnen anvertrauten Kinder nicht mehr so einfach nach
Hause schicken, wenn das Thermostat in ungewöhnliche Höhen klettert – das
Konzept der „verlässlichen“ Ganztagsbetreuung verbietet das. Scheren die
Schulen wegen Überhitzung aus der Betreuungspflicht aus, müssen sie –
zumindest bei jüngeren SchülerInnen – alle betroffenen Eltern informieren
und sich ihr „Okay“ abholen, ein zeitaufwendiges Prozedere, das fast immer
unterbleibt. Die Folge: Hitzefrei stirbt aus und die Hitzeopfer in den
Schulen mehren sich.
31 May 2018
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Schulbehörde Hamburg
Hitze
Grundschule
Hitzewelle
Sommer
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