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# taz.de -- Cold-Brew-Kaffee im Test: Schwarz. Kalt. Mild. Gut?
> Kalter, lang gezogener Kaffee, hat sich in den Coffeebars von Brooklyn
> bis Neukölln etabliert. Der nächste Schritt: das Kühlregal. Wir haben
> getestet.
Bild: Im Glas sehen sie gleich aus, aber schmecken sie auch gleich?
Nichts ist so interessant wie kalter Kaffee, derzeit zumindest bei den
Erfrischungsgetränken. Was in den letzten Jahren Eistee war, Mate oder
Kokoswasser, heißt in diesem Sommer „Cold Brew“: abgestandener Kaffee. Ob
Discounter, Drogerie, Kiosk oder Biosupermarkt – in einer kleinen Ecke im
Kühlregal findet sich bestimmt eine Flasche oder Dose der schwarzen
Flüssigkeit.
Cold Brew ist kalter Kaffee, aber nicht zu verwechseln mit Getränken wie
Eiskaffee (heißer Kaffee wird mit Vanilleeis abgekühlt) oder dem
griechischstämmigen Frappé (Instantkaffee, Eiswürfel und etwas kaltes
Wasser werden gemixt). Bei der Cold-Brew-Methode handelt es sich vielmehr
um die simpelste Art der Kaffeeherstellung: gemahlener Kaffee wird nicht
aufgebrüht, sondern einfach mit zimmerwarmem Wasser aufgegossen.
Nun braucht es Zeit, damit sich die Aromastoffe aus dem Pulver lösen,
mindestens zwölf Stunden muss der Kaffeesud ziehen, bis er abgefiltert
wird. Im Hausgebrauch verwendet man grob gemahlene Bohnen und eine French
Press. Durch die Kaltextraktion schmeckt der Kaffee völlig anders als in
Verbindung mit heißem Wasser. Denn bei höheren Temperaturen werden mehr Öle
aus dem gemahlenen Kaffee frei, sie bilden zum Beispiel die hellbraune
Crema auf dem Espresso. Diese Öle enthalten aber auch viele saure
Verbindungen und Bitterstoffe. Kalt aufgegossener Kaffee ist deshalb
wesentlich säureärmer und auch nicht so bitter.
Die Kaltextraktion hat einige Tradition. Sie ist in Asien und auch in
Südamerika bekannt. In Japan wird seit dem 17. Jahrhundert „Dutch Coffee“
getrunken. In Glaskolben, die an ein mittelalterliches Alchemistenlabor
erinnern, tropft dafür kaltes Wasser stundenlang durch das Kaffeepulver.
Die Methode soll auf die Händler der niederländischen Ostindien-Kompanie
zurückgehen, die auf langen Seepassagen viel Zeit hatten, aber kein heißes
Wasser.
## Die milde Alternative
Seit etwa zehn Jahren hat sich der Cold Brew in den Coffeebars von Brooklyn
bis Neukölln als Sommergetränk etabliert. Weil der Kaffee dort meist sehr
hell geröstet wird und als Espresso fruchtig bis sauer ausfällt, ist die
mildere Kaltextraktion für viele Kunden eine gute Alternative. Und kam eben
auch bei den Trendscouts der Getränkehersteller an. Vor zwei Jahren machte
Starbucks den Anfang, inzwischen sind große Kaffeeröstereien auf den Zug
aufgesprungen, Melitta etwa oder Darboven mit seiner österreichischen
Tochter J. Hornig. Auch Illy, Coca-Cola und Pepsi bereiten ihren
Markteintritt vor.
Die Getränkeindustrie sieht mit dem kalten Kaffee aber vor allem die
Chance, den Energydrinks rund um Red Bull den Kampf anzusagen. Der Cold
Brew aus dem Kühlregal ist kalorienarm, enthält ebensoviel Koffein wie die
künstlichen Limonaden, ist aber natürlich.
In den USA gibt es inzwischen sogar Fabrikate, in denen der Kaffeedrink mit
Proteinen oder isotonisch angereichert ist. Hierzulande richtet sich die
Industrie dagegen noch mehr an Kunden mit neugierigem Geschmack – mit
Erfindungen wie einem Coffee Tonic oder Nitro. Dafür kommt eine Dose Cold
Brew mit einer eingebauten Stickstoffkapsel daher. Reißt man die Dose auf,
entweicht der Stickstoff und schäumt den kalten Kaffee cremig auf wie ein
irisches Stout.
***
## Karacho Coffee Coconut
Der Geschmack: Erinnert durch das Kokoswasser am wenigsten an normalen
Kaffee. Er ist der wässrigste der getesteten Cold Brews. Der Agavendicksaft
macht Karacho nicht nur süß, sondern – irre! – zu sauer. Das ist nur Platz
4. Laut Hersteller wird das Kokoswasser im Juni durch einen
Kokos-Reis-Drink ersetzt. Vielleicht wird er dann leckerer.
Das Besondere: Die Verpackung – eine Dose aus Karton, die leer in den
Papiermüll darf.
Zutaten: 57% Kaffee, Wasser, 3,5% Kokoswasserkonzentrat, Agavendicksaft;
Preis: 1,95 €/235 ml; Koffein: 60–70 mg/100ml; Nährwert: 18 kcal/100 ml;
Extraktionszeit: 14 Stunden; Herkunft: Indien; weitere Sorte: Karacho Latte
(67% Kaffee, Biovollmilch)
***
## Koldbrew Pure
Der Geschmack: Koldbrew erinnert am meisten von allen Sorten an
Bohnenkaffee. Er ist etwas vollmundiger als der Voelkel-Kaffee, allerdings
auch leicht kratzig. Die Bitterkeit hält sich lange am Gaumen. Der
kantigste Cold Brew im Test, mit hohem Wiedererkennungswert. Platz 3.
Das Besondere: Koldbrew ist ein „Single Origin“. Heißt: Die Kaffeesorten
kommen nur aus einer Region, hier von einer Kooperative in Honduras – wie
bei allen Mitbewerbern bio und Arabica.
Zutaten: 100% Kaffee; Preis: 2,99 €/250 ml; Nährwert: 5 kcal/100 ml;
Koffein: 63 mg/100 ml; Extraktionszeit: 16 Stunden; Herkunft: Honduras;
weitere Sorte: Koldbrew Tonic (50% Kaffee, 50% Tonic Water)
***
## Voelkel Wild Coffee Black
Der Geschmack: Die relativ kurze Extraktionszeit führt zu einem sehr milden
Cold Brew mit angenehmen Bitterschokoladen-Noten. Von allen verkosteten
Sorten hat Voelkel die wenigste Säure. Platz 2!
Das Besondere: Das Getränk wird aus wild wachsendem Kaffee gemacht – aus
dem äthiopischen Hochland.
Zutaten: 100% Kaffee; Preis: 2,99 €/330 ml; Nährwert: 78 kcal/100 ml;
Koffein: 70–80 mg/100 ml; Extraktionszeit. 12 Stunden; Kaffeeherkunft:
Äthiopien; weitere Sorten: Vanilla (3,4% Rohrohrzucker, 1%Vanilleextrakt),
Coconut Milk (4,5% Kokosblütenzucker, 1,9% Kokosmilchpulver)
***
Lycka Kaffee Schwarz
Der Geschmack: Der winzige Anteil Kokosblütenzucker führt zu einer floralen
Süße und nur leichter Säuerlichkeit. Auch etwas Haselnuss ist zu spüren.
Eine sehr runde Sache – und der Testsieger!
Das Besondere: Lycka arbeitet mit der Welthungerhilfe zusammen, 9 Cent pro
Flasche gehen an das Hilfswerk. Das soll eine Schulmahlzeit für ein Kind in
Burundi ermöglichen.
Zutaten: 98% Kaffee, 2% Kokosblütenzucker, Preis: 2,49 €/185 ml; Koffein:
69 mg/100 ml; Nährwert: 11 kcal/100 ml; Extraktionszeit: 24 Stunden;
Kaffeeherkunft: Peru, Honduras und Indonesien; weitere Sorten: Kaffee Latte
(38% Milch, 2% Kokosblütenzucker), Kaffee Latte Vegan (18% Reismilch, 2%
Kokosblütenzucker)
21 May 2018
## AUTOREN
Jörn Kabisch
## TAGS
Kaffee
Kaffee
taz lab 2024
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