| # taz.de -- Beziehung Bosniens zu Russland: Störfeuer aus Moskau | |
| > Russland stellt sich demonstrativ hinter die serbische Teilrepublik in | |
| > Bosnien und Herzegowina. Militärisch aufgerüstet wird auch schon. | |
| Bild: Roter Teppich für die Chefin des russischen Föderationsrates Walentina … | |
| Sarajevo taz | Solche Zufälle gibt es eigentlich nicht. Dass just an dem | |
| Tag, an dem der in erster Instanz zu 40 Jahren Haft verurteilte | |
| Kriegsverbrecher Radovan Karadžić vor dem UN-Berufungsgericht in Den Haag | |
| steht, eine hochrangige Parlamentsdelegation aus Russland die serbische | |
| Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina besucht, war vorbereitet. | |
| Die Leiterin der Delegation, die Sprecherin der Zweiten Kammer des | |
| russischen Parlaments, Walentina Matwijenko, betonte die freundschaftliche | |
| Beziehung Russlands zu den Serben der Region. Sie ließ keinen Zweifel | |
| daran, dass Russland hinter der serbische Teilrepublik steht. | |
| Nach Meinung der Bosniaken und Kroaten in Bosnien ist die Republika Srpska | |
| zwar nur das Resultat der Kriegsverbrechen, des Mordes an Zehntausenden | |
| Nichtserben und der Vertreibung von fast 2 Millionen Menschen unter der | |
| Führung von Karadžić. Doch für Matwijenkos Position spielt das keine Rolle. | |
| Scharf verurteilte sie dagegen das Drängen des Westens auf eine | |
| Mitgliedschaft Bosnien und Herzegowinas in der EU und der Nato. Dadurch | |
| würde die „Sicherheit und Stabilität in der Region“ unterminiert, erklär… | |
| Matwijenko. Nach dem Gesagten war es keine Überraschung, dass die | |
| nicht-serbischen Mitglieder des Parlaments der Republika Srpska den Saal | |
| aus Protest verließen. | |
| ## Touristenboom erwartet | |
| Im anderen Landesteil, in der bosniakisch-kroatischen Föderation, vor allem | |
| in Sarajevo, hofft man dagegen inständig auf den von den Serben bislang | |
| verhinderten Nato-Eintritt des Landes. Denn dort weiß man genau, dass | |
| russische Militärs seit Jahren dabei sind, in der serbischen Teilrepublik | |
| eine von der gemeinsamen multinationalen bosnischen Armee unabhängige | |
| militärische Struktur aufzubauen. | |
| Angesichts einer bescheidenen Erholung der Wirtschaft, des zu erwartenden | |
| Touristenbooms und neuer Investitionen in Hotels und Infrastruktur wollte | |
| man vor allem bei der bosniakischen Volksgruppe Ruhe bewahren. | |
| Doch langsam scheinen sich die Dinge zu ändern. In einem aufsehenerregenden | |
| Beitrag erklärte der Überlebende des Genozids von Srebrenica und Autor des | |
| Buches „Postkarten aus dem Grab“, Emir Suljagić, bei Radio Liberty, dass | |
| der „Kreml einen neuen Konflikt in Bosnien und Herzegowina“ herbeiführen | |
| wolle. | |
| „Die Militarisierung der serbisch-bosnischen Polizei führt zu einer | |
| Transformation in eine Armee“, erklärte er und zog Vergleiche zum | |
| Ukraine-Konflikt. Wie in der Ostukraine könnten militärische Strukturen | |
| aufgebaut werden, die jahrelang die EU in Atem halten würden. „Das Ziel der | |
| Russen ist, einen Konflikt zu beginnen, der über Jahre andauert.“ | |
| ## Kein Plan | |
| Suljagić wies auf die Zusammenarbeit von serbischen und russischen | |
| Freiwilligen in der Ostukraine hin, schon jetzt unterstützten Hunderte | |
| serbische Kämpfer dort die Russen. Diese Kämpfer könnten sofort nach | |
| Bosnien und Herzegowina geholt werden. | |
| Gleichzeitig wird in der bosnischen Öffentlichkeit die Naivität der | |
| Brüsseler Politszene aufs Korn genommen. Nicht nur Suljagić beklagt, dass | |
| die „EU-Bürokraten keinen Plan haben, um der Gefahr zu begegnen“. Auch | |
| bekannte Mitglieder der Zivilgesellschaft wie der in Mostar wirkende | |
| Professor Slavo Kukić warnen vor der Möglichkeit einer Eskalation durch | |
| russische Militärs. | |
| Der serbische Publizist Mišo Vidović aus Banja Luka bezweifelt den | |
| militärischen Aufbau der russischen Kräfte nicht, glaubt aber nicht an eine | |
| aktuelle Kriegsgefahr. Putin habe derzeit kein Interesse an einer | |
| Eskalation auf dem Balkan. | |
| 25 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
| ## TAGS | |
| Bosnien und Herzegowina | |
| Russland | |
| Republika Srpska | |
| Mazedonien | |
| Banja Luka | |
| Serbien | |
| Türkei | |
| FPÖ | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Geplanter Nato-Beitritt Nord-Mazedoniens: Alle 29 Mitglieder müssen ratifizier… | |
| Die Botschafter der Bündnismitglieder unterzeichnen das Beitrittsprotokoll | |
| für Nord-Mazedonien. Ungarn könnte aber noch für Ärger sorgen. | |
| Proteste in Bosnien und Herzegowina: Der Druck der Straße wirkt | |
| Ein verhafteter Anführer der Protestbewegung kommt nach einer Demonstration | |
| wieder frei. Er kämpft um Gerechtigkeit für seinen toten Sohn. | |
| Proteste in der Serbischen Republik: Gerechtigkeit für David Dragičević | |
| Seit Monaten demonstrieren in Banja Luka Tausende für die Aufklärung eines | |
| Mordes. Ihr Verdacht: Der Staat schützt die Mörder. | |
| Kommentar Balkan: Im Griff der Potentaten | |
| Russland und die Türkei verfolgen ähnliche Ziele. Sie versuchen mehr | |
| Einfluss auf dem Balkan zu gewinnen. Dem Westen sollte das nicht egal sein. | |
| Österreichs Regierung und der Balkan: Nationalismus gefördert? | |
| In Bosnien wächst die Sorge. Österreichs neuer FPÖ-Vizekanzler Strache ist | |
| ein Freund der Aufspaltung von Bosnien und Herzegowina. |