# taz.de -- Diamantenmine im kongolesischen Knast: Besser als der Alltag drauß… | |
> Das Straflager Osio ist eines der verrufensten Kongos. Die Insassen | |
> wollten nach Verbüßen der Strafe aber nicht gehen. Damit ist jetzt | |
> Schluss. | |
Bild: Die Insassen im Straflager von Osio | |
Gefängnisse in der Demokratischen Republik Kongo sind nichts für Ungeübte. | |
In den zumeist noch aus der Kolonialzeit stammenden Strafanstalten herrscht | |
das Faustrecht. Wem niemand von draußen hilft, für den gibt es weder | |
Nahrung noch Medikamente noch Aussicht auf ein rechtsstaatliches Verfahren, | |
und viele überleben ihre Haft nicht. | |
Um so überraschter war neulich Gérard Kombozi, Leiter der Justizabteilung | |
der ostkongolesischen Provinz Tshopo, als er feststellte, dass Insassen | |
eines der verrufensten Straflager des Landes sich weigerten, nach Absitzen | |
ihrer Strafe das Etablissement zu verlassen. Das Straflager Osio liegt | |
gegenüber von Tshopos Provinzhauptstadt Kisangani 20 Kilometer tief im | |
ostkongolesischen Urwald auf der anderen Seite des mächtigen Kongo-Flusses. | |
Früher haben immer wieder Menschenrechtsorganisationen in Osio | |
katastrophale Zustände beklagt. Wie konnte das also sein? | |
Eine Untersuchung löste das Rätsel. Auf dem weitläufigen Waldgelände waren | |
Bewohner der angrenzenden Gemeinde Osio eingerückt und hatten begonnen, | |
nach Diamanten zu graben. Die rund 150 Häftlinge, zumeist Schwerverbrecher | |
aus der fernen Hauptstadt Kinshasa, waren begeistert, ebenso die | |
Gefängniswärter. Sie alle taten sich zusammen und bauten eine | |
Minensiedlung, in die sie einzogen. | |
Verwunderlich war das nicht, angesichts der Geschichte des Lagers: 1958 | |
wurde es von den belgischen Kolonialherren als Endstation für | |
Todeskandidaten und zu lebenslanger Haft verurteilte Verbrecher eröffnet | |
und nach der Unabhängigkeit Hinrichtungsstätte für Abgeordnete. Nachdem es | |
lange leer stand, ist es heute unterbelegt, es verfügt über 600 Hektar | |
fruchtbares Land und wird von der UN-Agrarorganisation mit Saatgut | |
versorgt. Die Häftlinge betreiben eine Bäckerei und sogar ein Sägewerk, sie | |
verarbeiten Palmöl zu Speiseöl und Seife, staunte 2010 die Zeitung | |
Mongongo. | |
„Wir essen jeden Tag, es ist wie im Paradies“, freute sich gegenüber | |
Journalisten ein aus Kinshasa nach Osio verschickter Straßenräuber. Eine | |
UN-Delegation lobte 2011 sogar die Selbstverwaltung der Häftlinge. Immer | |
wieder entließen sich Häftlinge, darunter bekannte Milizenführer, auch | |
selbst und gingen im Umland ihren bewaffneten Aktivitäten nach. | |
Jetzt ging diese Selbstverwaltung den Behörden zu weit. Am Freitag ordnete | |
Justizbevollmächtigter Kombozi die Schließung der Mine von Osio und die | |
Deportation der dort ansässigen Anwohner an. Die dort ansässigen Häftlinge | |
kann er schlecht deportieren. Aber ein in der Mine aufgefundener Polizist | |
leistet ihnen jetzt Gesellschaft. | |
7 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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