# taz.de -- Kritik an neuer Verfassung im Tschad: Tod der Freiheit | |
> Der seit 28 Jahren regierende Präsident Idriss Déby weitet seine Amtszeit | |
> mithilfe einer neuen Verfassung aus. Die Opposition kritisiert seine | |
> Machtfülle. | |
Bild: Débys Macht ist voraussichtlich bis ins Jahr 2033 gesichert | |
Seit 28 Jahren regiert Idriss Déby im Tschad – aber das reicht ihm nicht. | |
Eine neue Verfassung, die das Parlament in der Hauptstadt N’Djamena am | |
Montag beschloss, gründet eine „Vierte Republik“, die mit dem Ablauf der | |
gegenwärtigen Amtszeit des Präsidenten im Jahr 2021 beginnt und in der der | |
Staatschef für zweimal sechs Jahre gewählt werden kann. Damit ist Débys | |
Macht voraussichtlich bis ins Jahr 2033 gesichert, wobei er dann erst 81 | |
Jahre alt wäre. | |
Mit der neuen Verfassung zieht Tschads Regime einen Schlussstrich unter die | |
Krise, die ein [1][fast zwei Monate währender Generalstreik im öffentlichen | |
Dienst zu Beginn dieses Jahres hervorgerufen hatte]. Der Staatsapparat kam | |
von Ende Januar bis Mitte März zum Erliegen, weil die Staatsbediensteten | |
gegen massive Gehaltskürzungen protestierten. Das entsprechende Dekret | |
wurde schließlich zurückgenommen, aber das Grundproblem, wie die | |
Gehaltsrechnung der Regierung zu zahlen ist, blieb ungelöst. | |
Für Déby bestand die einfachste Lösung eines Problems schon immer darin, | |
sich selbst mehr Macht zu geben. Also berief er ein „Nationales Forum“ ein, | |
um eine neue Verfassung zu schreiben. Die Opposition hielt das für | |
verfassungswidrig und boykottierte Beratungen und Parlamentsabstimmung – | |
mit dem Ergebnis, dass am Montag die neue Verfassung im Parlament mit 132 | |
gegen zwei Stimmen angenommen wurde, während das Parlamentsgebäude | |
weiträumig abgeriegelt war. | |
Die Kritik an der Vierten Republik bezieht sich nicht in erster Linie auf | |
Débys Verbleib an der Macht – eine Begrenzung seiner Amtszeiten gab es | |
sowieso längst nicht mehr. Eine solche wird dann erst ab 2033 erneut | |
gelten. Es geht auch um Débys Machtfülle. Die Kabinettsmitglieder sind | |
zukünftig dem Präsidenten direkt unterstellt, ebenso die Justiz, behaupten | |
die vier im Parlament vertretenen Oppositionsparteien in einer gemeinsamen | |
Erklärung. Die neue Verfassung, sagen sie, sei „ein historischer | |
Rückschritt“ und „sie tötet die Freiheit, die Gewaltenteilung, den | |
Fortschritt und den Frieden“. Die Vierte Republik, so zusätzlich die | |
oppositionelle Partei für Freiheit und Entwicklung (PLD), sei „illegal“ und | |
müsse bekämpft werden. | |
Solche Worte sind Wasser auf die Mühlen des Staatschefs, der sich als | |
Bollwerk gegen Instabilität und Islamisten in der Sahelzone sieht und mit | |
europäischen Ländern bei der Terrorbekämpfung und Migrationsabwehr eng | |
zusammenarbeitet. Noch dieses Jahr sollen auf Grundlage der neuen | |
Verfassung die eigentlich schon 2015 fälligen Parlamentswahlen stattfinden. | |
Die Opposition kann entweder boykottieren und sich außerhalb der | |
Institutionen stellen – oder mitmachen und damit im Nachhinein alles | |
mittragen. | |
1 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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