# taz.de -- 1. FC Köln vor dem Bundesliga-Abstieg: Ein bisschen Liebe für die… | |
> Wieder einmal steht der 1. FC Köln vor dem Abstieg. Doch diesmal ist es | |
> anders. Der Klub ist kerngesund und selbst die schwierigsten Fans sind | |
> zahm. | |
Bild: Syptomatisch: ein Spieler des 1. FC Köln am Boden | |
KÖLN taz | Wieder einmal hingen dunkle Wolken über dem Stadtteil | |
Müngersdorf, als der Abstieg des 1. FC Köln in die zweite Liga immer | |
deutlichere Konturen annahm. Sechs Jahre ist es her, dass Zuschauer etliche | |
Rauchbomben gezündet hatten und ein wütender Mob auf den Rasen stürmte, um | |
Rache für den Niedergang zu nehmen. Voller Angst war das Team seinerzeit in | |
die Kabine geflüchtet. Nach dem 2:2 gegen Schalke 04 vom Sonntag haben die | |
Kölner nun nur noch theoretische Chancen, in der Liga zu bleiben, doch | |
diesmal waren es lediglich Gewitterwolken, die den Himmel schwärzten. | |
Und die Gefühle, von denen das Stadion erfüllt war, hatten eine völlig | |
andere Qualität: Die Menschen waren nicht zornig, sondern traurig, nicht | |
Hass und Wut, sondern Zuneigung und Mitgefühl ergossen sich über die | |
Mannschaft. Timo Horn, Leonardo Bittencourt und viele Zuschauer weinten, | |
und die gefürchteten Ultras in der Südkurve honorierten das Team für einen | |
hingebungsvollen Kampf. „Dass ein Fast-Absteiger in die Kurve geht und das | |
Publikum applaudiert, ist schon besonders“, sagte Horn mit brüchiger | |
Stimme. | |
Längst nicht jeder hatte mit einer derart versöhnlichen Reaktion auf | |
diesen vorentscheidenden Rückschlag gerechnet. Denn die Fallhöhe ist viel | |
größer als vor sechs Jahren. Damals stieg ein zerstrittener und schlecht | |
geführter Chaosladen ab, nun kommen die Leute aus einem Zustand maximaler | |
Euphorie. Vor einem Jahr erlebten die Kölner ihre wild gefeierte Rückkehr | |
in den Europapokal nach 25 Jahren, sie himmelten den Erfolgstrainer Peter | |
Stöger und den umsichtigen Manager Jörg Schmadtke an. Mancher träumte | |
ernsthaft davon, dass Köln sich wieder dauerhaft im oberen Drittel der | |
Bundesliga etabliert. All das liegt nun in Trümmern. Trainer Stefan | |
Ruthenbeck war trotzdem „stolz auf diese Mannschaft“. | |
Denn der Tabellenletzte hatte sich bei aller fußballerischen | |
Fehlerhaftigkeit, mit der er den Schalkern schon früh zwei Treffer und eine | |
ganze Reihe weiterer Großchancen ermöglichte, noch einmal aufgebäumt. In | |
der Schlussphase durften die Kölner sogar auf ein 3:2 hoffen, das den | |
Glauben neu belebt und womöglich große Energien für die letzten drei | |
Partien freigesetzt hätte. Aber dieses Geschenk mochte der Fußballgott | |
ihnen nicht machen. „Die Jungs haben Fehler gemacht, aber sie haben Herz“, | |
sagte Ruthenbeck, der im Winter zwar eine fast hoffnungslose Mission | |
übernahm, viel richtig machte, aber zweifellos auch seinen Anteil am | |
bevorstehenden Abstieg hat. Weil es ihm nicht gelang, in entscheidenden | |
Momenten dieser Rückrunde Ruhe und Klarheit auszustrahlen. | |
## Niedergang mit besonderer Tragik | |
Aber die Sache mit dem Herzen ist schon richtig. Vor sechs Jahren hatten | |
viele Leute das Gefühl, eine seelenlose Söldnertruppe gebe sich ziemlich | |
gleichgültig dem Untergang hin. Aus dem jetzigen Team „hängen viele | |
wirklich mit dem Herzen am FC, und die Fans sehen, wie aufopferungsvoll die | |
Jungs kämpfen“, sagte Horn. Der Torhüter würde wie einige Kollegen sehr | |
gerne Teil dieses Klubs bleiben, doch im Sinne einer vernünftigen | |
Karriereplanung muss er ähnlich wie Jonas Hector oder Dominique Heintz | |
eigentlich zu einem ambitionierten Erstligisten wechseln. | |
Diese innige Verbindung zwischen Klub, Stadt und Spielern verleiht diesem | |
Niedergang eine besondere Tragik, sie macht ihn zugleich aber irgendwie | |
erträglich. Denn diesmal geht kein zerfallendes Gebilde mit riesigem | |
Schuldenberg in die zweite Liga, sondern ein Unternehmen mit Perspektive, | |
das mit Markus Anfang und Sportdirektor Armin Veh eine vielversprechende | |
neue sportliche Leitung haben wird. Und ein bemerkenswert leidensfähiges | |
Publikum. | |
23 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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